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»Wieviel Geld?«

»Es bleibt noch im Rahmen«, sagte Ben. »Die effektiven Kosten sind wahrscheinlich niedriger als bei den ApolloMissionen. Das Programm ist modular aufgebaut. Ein paar Basiskomponenten werden für unterschiedliche Missionen unterschiedlich kombiniert. Mit einer Raumfähre geht man kostengünstig in den Orbit, eine nukleare Rakete befördert Lasten zum Mond, und für darüber hinausgehende Einsätze werden >Blechdosen< - Raumstation-Module - unterschiedlich konfiguriert. Ein Mars-Raumschiff würde man aus StationsModulen als Unterkünfte für die Besatzung und nuklearen Triebwerken kombinieren.«

Das reizte York zum Widerspruch. Sie wollte das Unbehagen artikulieren, das sie seit dem Anblick des Testgeländes empfand. »Wozu soll das gut sein? Noch mehr Fußabdrücke und Flaggen, wie bei Apollo?«

»Nein«, sagte Mike schroff.

Es schwang schon Ungeduld in seiner Stimme mit, seit sie das Testgelände verlassen hatten. Sie hatte das Gefühl, daß die Antwort, die sie ihm dort gegeben hatte, nicht seinen Erwartungen entsprochen hatte.

»Hast du denn nicht zugehört, Natalie?« fragte er nun. »Agnew hat eine großartige Vision präsentiert. Wir könnten 1982 schon auf dem Mars sein. Und 1990 werden wir hundert Menschen im Erdorbit haben, achtundvierzig auf dem Mond und achtundvierzig in einer Mars-Basis.«

»Ja, sicher«, sagte sie ironisch. »Ja, ich habe zugehört. Und ich höre auch, daß Agnew ausgebuht wird, wenn er in der Öffentlichkeit davon spricht, zum Mars zu fliegen. Die Menschen wollen das nicht, Mike. Der Krieg strapaziert die Wirtschaft ohnehin schon über Gebühr.«

Ben reagierte bestürzt auf ihre Tiraden.

»Ich glaube sowieso nicht, daß Nixon zustimmt«, sagte Ben. »Man sagt, er liebäugelt mit der Raumfähre und will die anderen Vorschläge der Arbeitsgruppe ad acta legen. Die Raumfähre ist nämlich noch erschwinglich. Andererseits hat Nixon ein Faible für Helden.«

»Kennedy hat ihn nach dem Gespräch, das er im Juli bei der Mondlandung mit Armstrong und Muldoon führte, in die Ecke gedrängt«, sagte Mike. »Zumal er sich auch danach immer wieder für dieses Projekt ausgesprochen hat.«

York knurrte. »Nixon haßt Kennedy. Außerdem ist Kennedy auch nur ein Opportunist. Glaubt ihr wirklich, er hätte wie Johnson Gelder ins Apollo-Projekt gepumpt, wenn er 1963 nicht wegen Invalidität aus dem Weißen Haus hätte ausziehen müssen? Wenn er wirklich für die Dinge hätte zahlen müssen, die er aus dem Rollstuhl in Auftrag gab?«

»Johnson war ein Anhänger der Raumfahrt«, sagte Mike. »Du bist ganz schön zynisch, Natalie.«

»Johnson war nur auf seinen Vorteil bedacht. Weshalb sind die NASA-Zentren wohl im Süden konzentriert?«

»Da kommt man schon ins Grübeln«, sagte Ben. »Was, wenn in Dallas nicht auf Kennedy geschossen worden wäre? Oder wenn er selbst anstatt seiner Frau getötet worden wäre? Wenn er als die treibende Kraft im Hintergrund ausgefallen wäre, hätte man vielleicht das ganze Programm eingestellt.«

»Wie dem auch sei«, sagte York, »ich hoffe nur, daß ihr Fliegerasse diesmal, was auch immer geschieht, Konkurrenz von ein paar Wissenschaftlern bekommt.«

»Hör nicht auf sie, Ben«, sagte Conlig. »Sie will cool wirken. Rate mal, was an der Wand ihres Schlafzimmers im Haus ihrer Mutter hängt.«

»Halt den Mund, Mike.«

»Bilder vom Mars.«

Ben schaute sie interessiert an.

»Teufel, da war ich gerade sechzehn. Für eine Weile habe ich mich vom Rummel um Mariner 4 beeindrucken lassen.«

Mariner 4 war eine Raumsonde der NASA, die den Mars im Juli 1964 erreicht hatte. Mariner hatte nicht über genug Brennstoff verfügt, um in einen Orbit um den Mars zu gehen; die Sonde hatte den Planeten einmal umkreist und Aufnahmen gemacht. Mariner hatte insgesamt einundzwanzig Bilder zur Erde geschickt. Sie deckten vielleicht ein Prozent der Marsoberfläche ab.

Natalie York hatte vor Mariner keinen Gedanken an den Mars, geschweige denn an andere Welten, verschwendet. Sie interessierte sich nicht für Astronomie, Raumfahrt, fremde Welten und dergleichen. Astronomie war etwas für die paar alten Männer, die Zugang zu den großen Teleskopen hatten und sie für ihre obskuren, Jahrzehnte umspannenden Projekte einsetzten. Schon damals, im Jahre 1964, war Geologie - das Studium der Erde - das, was ihre Phantasie beflügelte. Da hatte sie es wenigstens mit greifbaren Dingen zu tun, die man mit Augen und Händen untersuchen konnte.

Mariner änderte alles. Für eine Weile zumindest.

Sie erinnerte sich an einen Schullehrer, der ihr die Grundlagen der Astronomie nahebringen wollte.

Als Mariner im Juli 1964 den Mars erreichte, hatte der Planet in Opposition gestanden. Mars war ein Planet, der wie die Erde die Sonne umkreiste, nur daß er einen größeren Bahndurchmesser als die Erde hatte und sein Jahr doppelt so lang dauerte. Das bedeutete, daß seine Entfernung zur auf der

Innenbahn laufenden Erde ständig schwankte. Doch wenn Erde und Mars diese Positionen einnahmen, stand der Mars der Erde am nächsten. Opposition. Das ist also damit gemeint. Dann steht der Mars mitten am Nachthimmel auf der der Sonne gegenüber liegenden Seite, von der Erde aus gesehen. Der Punkt der dichtesten Annäherung.

Sie erinnerte sich, daß sie, nachdem sie das gelernt hatte, sich plötzlich als ein Passagier der Erde gefühlt hatte - als ob sie ein riesiges Raumschiff wäre, das an diesem großen roten Schiff namens Mars vorbeiflog.

Um ihre Aufgabe zu erfüllen, müssen die Astronomen in der Lage sein, ihre Position relativ zum Rest des Universums zu bestimmen. Sie müssen sich von der Vorstellung lösen, daß die Erde eine Scheibe ist.

Sie hatte sich Kontophotkopien der von Mariner 4 zur Erde gefunkten Bilder besorgt und sie sich übers Bett gehängt.

Das erste Bild zeigte den Planeten aus geringer Höhe, mit gekrümmtem    Horizont    und    unscharfen

Oberflächenmarkierungen. Dennoch war das Bild ungleich schärfer als die dunstige, unwirkliche Scheibe, die man beim Blick durch ein Teleskop sah.

Die Fotos von Mariner zeigten den Mars aus der Perspektive eines Astronauten im Orbit.

Die nächsten Bilder waren Abbildungen der Oberfläche, gleichsam aus der Vogelperspektive. Die Monochrom-Bilder wirkten wie Luftaufnahmen einer irdischen Wüste.

»Mariner«, sagte Ben Priest, »war ein Schock für uns alle. Vor Mariner glaubten wir, schon alles über den Mars zu wissen. Wir glaubten, man könne nur mit einer Atemmaske ausgerüstet auf der Oberfläche herumspazieren. Wir glaubten, daß die dunklen Flecken auf der Oberfläche jahreszeitlichen Schwankungen unterlägen und daß vielleicht eine Art Vegetation existierte.

Doch nun sieht alles ganz anders aus. Wir haben uns in jeder Hinsicht geirrt. Der Mars hat keine Ähnlichkeit mit der Erde.«

Mariners siebtes Bild war die eigentliche Überraschung.

Das siebte Bild zeigte Krater. Damit hatte nun niemand gerechnet.

Von wegen irdische Wüste. Mars hatte mehr Ähnlichkeit mit dem Mond.

»Wir wissen nun«, sagte Priest, »daß die Atmosphäre sehr dünn ist. Sie besteht überwiegend aus Kohlendioxid und Spuren von Wasserdampf. Sauerstoff gibt es überhaupt nicht. Nicht einmal Stickstoff. Mariner hat keine Kanäle gefunden. Obwohl die Sonde ein Gebiet überflogen hat, wo man mit vielen Kanälen gerechnet hatte.

Alle bisherigen Annahmen waren plötzlich Makulatur. Bei einer so dünnen Atmosphäre gibt es kein Leben, höchstens primitive Organismen. Kein Vergleich mit terrestrischem Leben. Allerdings wird diese Frage erst dann abschließend beantwortet werden, wenn Menschen dort gelandet sind. Die NASA-Fritzen sagten, das sei ein Schlag ins Kontor gewesen. Plötzlich war der Mars als Ziel nicht mehr interessant. Wenn wir nicht zum Mars fliegen, wenn die finanziellen und materiellen Ressourcen nicht bereitgestellt werden, dann liegt das in meinen Augen an der Schockwirkung von Mariner 4.«