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Krieg. Also machte er es so, wie er es die Soldaten in den guten Filmen tun gesehen hatte, er kickte Türen auf und feuerte eine Salve in das Zimmer, bevor er eintrat. Niemand schrie. Er dachte sich, daß er keinen getroffen hatte, also feuerte er noch einmal, und als immer noch niemand schrie, da dachte er sich, daß sie fort sein mußten. Er trat über die Schwelle, tastete nach dem Lichtschalter, fand ihn und stellte fest, daß er im leeren Übungsraum des Orchesters war.

Sie waren offenbar durch eine der beiden Türen gegenüber geflohen, und als er das sah, wurde er wütend, wirklich wütend. Er hatte nur einmal in seinem Leben eine Waffe abgefeuert, in Phoenix, als der den Indianer mit dem Revolver seines Vaters erschossen hatte, und das war aus nächster Nähe gewesen, so daß er überhaupt nicht verfehlen konnte. Trotzdem hatte er erwartet, er würde gut mit dem Gewehr sein. Herrgott, immerhin hatte er eine Menge Kriegsfilme, Western und Detektivserien im Fernsehen gesehen, und da sah es nicht schwierig aus, überhaupt nicht schwierig, man zielte einfach nur und drückte ab. Aber es war doch nicht so einfach gewesen, und Tommy war erbost, wütend, denn sie sollten im Kino oder in der Glotze nicht so tun, als wäre es ganz einfach, wenn einem die Waffe in den Händen zuckte, als wäre sie ein Lebewesen.

Jetzt wußte er es besser, und er würde gewappnet sein, wenn er schoß, würde die Beine spreizen und sich abstützen, damit seine Schüsse nicht mehr Löcher in die Decke ris -sen oder in den Fußboden gingen. Wenn er sie das nächste Mal sähe, würde er sie abknallen, und es würde ihnen leid tun, daß er sie hatte verfolgen müssen, daß sie sich nicht einfach hingelegt hatten und tot gewesen waren, als er gewollt hatte, daß sie tot waren.

22

Die Tür aus dem Übungsraum führte auf einen Flur mit zehn schalldichten Zimmern, wo Musikstudenten stundenlang üben konnten, ohne jemanden zu stören. Am Ende dieses schmalen Flurs drängte Tessa durch eine weitere Tür und sah mit der Taschenlampe gerade, daß sie sich in einem Raum befanden, der genau so groß wie der Übungsraum der Orchester war. Auch hier stiegen Stufen bis zur Rück-wand empor. Ein von einem Schüler gemaltes Schild an der Wand, auf dem geflügelte Engel sangen, verkündete, daß dies der Übungsraum des besten Chors der Welt war.

Als Chrissie und Sam ihr in das Zimmer folgten, knallte in der Ferne eine Schrotflinte. Es hörte sich an, als wäre es draußen. Doch noch während die Tür zum Flur zuschlug, ertönte ein zweiter Schuß, viel näher als der erste, wahrscheinlich an der Tür zum Übungsraum. Dann ein zweiter Schuß an derselben Stelle.

Aus dem Chorzimmer führten, wie aus dem Übungsraum ebenfalls zwei Türen hinaus, aber die erste, die sie aufrissen, erwies sich als Sackgasse; sie führte ins Büro des Chordirigenten.

Sie rannten zum anderen Ausgang, hinter dem sie einen Flur fanden, der nur von einem rund um die Uhr eingeschalteten roten Warnlicht erhellt wurde - TREPPE -, das sich unmittelbar rechts von ihnen befand. Nicht AUSGANG, nur TREPPE, was bedeutete, dies war eine interne Treppe ohne Zugang nach draußen. »Nehmen Sie sie mit hoch«, drängte Sam Tessa.

»Aber... «

»Hinauf! Sie werden wahrscheinlich sowieso durch jeden Eingang ins Erdgeschoß vordringen.«

»Was haben Sie...«

»Ich werde mich hier verbarrikadieren«, sagte er.

Eine Tür wurde auf getreten, ein Schuß ertönte im Chorzimmer.

»Gehen Sie!« flüsterte Sam.

23

Harry hörte, wie unten im Schlafzimmer die Schranktür aufgemacht wurde.

Auf dem Dachboden war es kalt, aber er schwitzte wie in der Sauna. Vielleicht hätte er den zweiten Pullover gar nicht gebraucht.

>Geht weg<, dachte er. >Geht weg.<

Dann dachte er: > Verdammt, nein, kommt schon, kommt schon und holt es euch. Glaubt ihr, ich will ewig leben?<

24

Sam ging im Flur, der ans Chorzimmer angrenzte, auf ein Knie hinunter, eine stabile Haltung, um sein verletztes rechtes Handgelenk auszugleichen. Er hielt die Schwingtür zehn Zentimeter auf und hatte beide Arme durch die Luke gesteckt, in der rechten Hand hielt er den 38er, mit der linken umklammerte er das rechte Handgelenk.

Er konnte den Mann auf der anderen Seite des Zimmers sehen, da sich seine Silhouette gegen das Licht aus dem Flur zum Übungsraum hinter ihm abzeichnete. Groß. Konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber etwas an ihm kam ihm bekannt vor.

Der Schütze sah Sam nicht. Er war nur vorsichtig und feuerte einen Schuß ab, bevor er eintrat. Er drückte ab. In dem stillen Zimmer klang das Klicken laut. Er pumpte die Schrotflinte. Klick-klack. Keine Munition mehr.

Das änderte Sams Pläne. Er sprang auf die Beine und durch die Schwingtür, zurück ins Chorzimmer, weil er nicht mehr warten konnte, bis der Mann das Licht einschaltete oder weiter über die Schwelle trat, denn jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ihn aus dem Weg zu schaffen, bevor er neu laden konnte. Sam feuerte im Laufen und verschoß die vier verbleibenden Patronen in dem 38er, und er gab sich beste Mühe, aus jedem Schuß einen Treffer zu machen. Beim zweiten oder dritten Schuß schrie der Mann unter der Tür, Herrgott, er quietschte wie ein Junge, mit hoher und quengelnder Stimme, während er sich n den Flur des Übungsraums warf, wo er nicht mehr zu sehen war.

Sam blieb in Bewegung, kramte mit der linken Hand in der Tasche und ergriff Ersatzpatronen, während er mit der rechten Hand die Trommel des Revolvers aufklappte und die verbrauchten Messinghüllen herausschüttelte. Als er die geschlossene Tür zu dem schmalen Flur erreichte, der das Chorzimmer mit dem Übungsraum verband, die Tür, durch die der große Mann verschwunden war, preßte er den Rük-ken an die Wand, stopfte frische Patronen in die Smith & Wesson und klappte den Zylinder zu.

Er trat die Tür auf und sah in den Flur, wo die Deckenbeleuchtung eingeschaltet war.

Er war verlassen.

Kein Blut auf dem Boden.

Verdammt. Seine rechte Hand war fast gefühllos. Er konnte spüren, wie das Gelenk unter dem Verband anschwoll, der wieder mit frischem Blut vollgesogen war. Wenn seine Treffsicherheit sich weiter so drastisch verschlechterte, würde er vor den Dreckskerl hintreten und ihn bitten müssen, die Mündung in den Mund zu nehmen, damit er traf.

Die Türen zu den zehn Zimmern, fünf an jeder Seite, waren geschlossen. Die Tür am anderen Ende des Flurs, wo dieser in den Übungssaal des Orchesters mündete, stand offen, dort war auch das Licht eingeschaltet worden. Der große Bursche konnte dort oder in einem der zehn schalldichten Zimmer sein. Aber wo immer er war, er hatte inzwischen wahrscheinlich mindestens ein paar Schuß nachgeladen, daher war der Augenblick, ihn zu verfolgen, verstrichen.

Sam wich zurück und ließ die Tür zwischen Flur und Chorzimmer zufallen. Während er sie losließ und sie zurückschwang, konnte er den großen Mann sehen, der durch die Tür des Übungsraums trat, die etwa vierzig Schritt entfernt war.

Es war Shaddack selbst.

Die Schrotflinte dröhnte.

Die schalldichte Tür, die im entscheidenden Augenblick zufiel, reichte aus, die Schrotkugeln anzufangen.

Sam wirbelte herum und lief durch das Chorzimmer, in den Flur und die Treppe hinauf, wohin er Tessa und Chris -sie geschickt hatte.

Als er die oberste Stufe erreicht hatte, fand er sie dort, sie warteten auf ihn im oberen Flur, im sanften roten Leuchten eines weiteren Schildes TREPPE.

Unten betrat Shaddack das Treppenhaus.

Sam drehte sich herum, trat wieder auf den Treppenabsatz und ging die erste Stufe hinunter. Er beugte sich über das Geländer, sah nach unten, erblickte einen Teil seines Verfolgers und feuerte zwei Schuß ab.

Shaddack quengelte wieder wie ein Junge. Er preßte sich gegen die Wand, weg vom offenen Zentrum der Treppe, wo er nicht gesehen werden konnte.