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Aber es gab keinen besseren Helikopterpiloten als Jim Lobbow. Er konnte bei einem Wetter fliegen, bei dem alle anderen kapitulierten, und er konnte in jedem Gelände und unter jeglichen Umständen landen.

Er startete laut Westroms Befehl mit dem JetRanger und flog zur Sperre der Landstraße hinüber, die er in null Komma nichts erreichte, weil der Tag blau und klar und die Sperre nur eineinviertel Meilen von dem Park entfernt war, wo der Helikopter stand. Auf dem Boden winkten ihn die verbliebenen Soldaten an der Barrikade nach Osten, in die Hügel.

Lobbow folgte ihren Anweisungen und hatte die Spaziergänger nach weniger als einer Minute gefunden; sie kletterten emsig die mit Sträuchern bewachsenen Hügel empor, verdarben ihre Schuhe, zerrissen ihre Kleidung, strebten aber nichtsdestotrotz wie besessen weiter.

Es war eindeutig unheimlich.

Ein seltsames Summen erfüllte seinen Kopf. Er dachte, daß etwas mit den Kopfhörern des Funkgerätes nicht stimmte, daher zog er sie einen Augenblick ab, aber daran lag es nicht. Das Summen hörte nicht auf. Eigentlich war es auch gar kein Summen, kein Geräusch, sondern ein Gefühl.

Und was meine ich damit? fragte er sich.

Er versuchte, es achselzuckend abzutun.

Die Spaziergänger hielten sich Richtung Ost-Südost, und er flog ihnen voraus und suchte nach einem landschaftlichen Kennzeichen, etwas Ungewöhnlichem, das ihr Ziel sein könnte. Er kam fast sofort zu dem verfallenden viktorianischen Haus, dem eingestürzten Stall und den verfallenen Nebengebäuden.

Etwas an diesem Ort zog ihn an.

Er umkreiste ihn einmal, zweimal.

Obwohl es die totale Klitsche war, hatte er plötzlich das Gefühl, daß er dort sehr glücklich sein würde, frei, keine Sorgen mehr, keine Ex-Frauen, die ihn ankeiften, keine Unterhaltszahlungen für das Kind mehr.

Die Spaziergänger kamen über den Hügel im Nordwesten, alle hundert oder mehr, und sie gingen nicht mehr, sondern rannten. Sie stolperten und fielen, standen auf und rannten weiter.

Und Jim wußte, warum sie kamen: Er kreiste noch einmal über dem Haus, und es war der anheimelndste Ort, den er je gesehen hatte, ein Quell der Erlösung. Er wollte diese Erlösung, diese Freiheit mehr, als er jemals etwas in seinem Leben gewollt hatte. Er zog den JetRanger steil hoch, brachte ihn ins Gleichgewicht, flog nach Süden, nach Westen, nach Norden, nach Osten, kam den ganzen Weg wieder zurück, zurück zu dem Haus, dem wunderbaren Haus, er mußte dort sein, mußte dorthin gehen, mußte gehen, und er steuerte den Helikopter durch die vordere Veranda hinein, direkt durch die Tür, die offenstand und halb aus den Angeln gekippt war, bohrte sich direkt ins Herz des Hauses, begrub den Helikopter in seinem Herzen.

Gier.

Die zahlreichen Münder der Kreatur sangen von ihrem Verlangen, und sie wußte, gleich würde ihre Gier gestillt werden. Es pulsierte vor Erregung.

Dann Vibrationen. Heftige Vibrationen. Dann Hitze.

Es wich nicht vor der Hitze zurück, denn es hatte alle Nerven und komplexen biologischen Strukturen aufgegeben, die erforderlich waren, um Schmerzen zu empfinden.

Die Hitze hatte keine Bedeutung für das Ding - davon abgesehen, daß die Hitze keine Nahrung war und daher seine Gier nicht stillte.

Brennend und schwindend versuchte es, das Lied zu singen, das herbeilocken würde, was es brauchte, aber die lodernden Flammen füllten seine Münder und brachten sie bald zum Schweigen.

Joel Ganowicz stand fünfzig Meter von einem verfallenen Haus entfernt, das in Flammen aufgegangen war. Es war eine gewaltige Explosion, Feuer schoß dreißig Meter hoch in den klaren Himmel, schwarzer Rauch quoll empor, die alten Mauern des Hauses stürzten zusammen, als würden sie mit Freuden den Anschein der Nützlichkeit aufgeben. Die Hitze strich über ihn hinweg, er blinzelte und mußte zurückweichen, obwohl er nicht besonders nahe dort war. Er verstand nicht, wie trockenes Holz so lodernd brennen konnte.

Er merkte, daß er sich nicht erinnern konnte, wie das Feuer angefangen hatte. Er war plötzlich da, direkt davor.

Er betrachtete seine Hände. Sie waren aufgeschürft und schmutzig.

Das rechte Knie seiner Cordhose war zerrissen, seine Rockports völlig schmutzig.

Er sah sich um und bemerkte zu seiner Verblüffung Dutzende Menschen im selben Zustand, zerrissen und schmutzig und benommen. Er konnte sich nicht erinnern, wie er hierher gekommen war, und er konnte sich schon gar nicht erinnern, daß er mit einer Gruppe aufgebrochen war.

Aber das Haus brannte eindeutig. Es würde nicht ein Stein davon übrigbleiben, nur ein Keller voll Asche und heißen Kohlen.

Er runzelte die Stirn und strich sich darüber.

Etwas war mit ihm geschehen. Etwas... Er war Reporter, und allmählich bekam seine Neugier wieder die Oberhand. Etwas war geschehen und er wollte herausfinden, was das war. Etwas Beunruhigendes. Sehr beunruhigendes. Aber jetzt war es vorbei.

Er zitterte.

41

Als sie das Haus in Sherman Oaks betraten, hatte Scott die Stereoanlage so sehr aufgedreht, daß die Fenster vibrierten.

Sam ging die Treppe zum zweiten Stock hinauf und bedeutete Tessa und Chrissie, ihm zu folgen. Sie zögerten und waren wahrscheinlich verlegen und kamen sich fehl am Platze vor, aber er war nicht sicher, ob er tun konnte, was getan werden mußte, wenn er alleine dort hinaufging.

Die Tür zu Scotts Zimmer war offen.

Der Junge lag auf dem Bett, er hatte schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd an. Er hatte die Füße auf dem Kopfkissen und den Kopf am Fußende, auf Kissen gestützt, so daß er die Poster an der Wand hinter dem Bett betrachten konnte: Black Metal Rocker, die Leder und Ketten trugen, einige mit blutigen Händen, andere mit blutigen Lippen, als wären sie Vampire, die gerade getrunken hatten, andere hielten Schädel, einer gab einem Totenschädel einen Zungenkuß, ein anderer hielt die hohlen Hände voll glänzender Maden.

Scott hörte Sam nicht eintreten. Da die Musik so laut war, hätte er wahrscheinlich eine Atombombenexplosion im Bad nebenan nicht gehört.

Vor der Stereoanlage zögerte Sam und fragte sich, ob er das Richtige tat. Dann lauschte er den keuchenden Worten des Stücks, die von abgehackten Gitarrenakkorden begleitet wurden. Es war ein Stück, das davon handelte, die eigenen Eltern umzubringen, ihr Blut zu trinken, und dann >the gaspipe escape< zu nehmen. Hübsch. Oh, sehr hübscher Text. Das gab den Ausschlag. Er drückte auf den Knopf und schaltete den CD-Player aus.

Scott richtete sich verblüfft im Bett auf. »He!«

Sam nahm die CD aus dem Player, ließ sie auf den Boden fallen und zertrat sie mit dem Absatz.

»He, großer Gott, was machst du da?«

Vierzig oder fünfzig CDs, meist Black Metal Alben, standen in offenen Regalen über der Stereoanlage. Sam warf sie auf den Boden.

»He, komm schon«, sagte Scott. »Bist du übergeschnappt?«

»Das hätte ich längst tun sollen.«

Als er Tessa und Chrissie bemerkte, die vor der offenen Tür standen, sagte Scott: »Wer, zum Teufel, sind die denn?«

Sam sagte: »Die, zum Teufel, sind meine Freunde.«

Der Junge geriet wirklich in Wut und fauchte: »Was haben die, verdammt noch mal, hier zu suchen, Mann?«

Sam lachte. Er war beinahe in Hochstimmung. Er war nicht sicher, warum. Vielleicht, weil er endlich etwas unternahm, um seine Situation zu ändern, um Verantwortung dafür zu übernehmen. Er sagte: »Die besuchen mich, verdammt noch mal.« Und er lachte wieder.