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Plötzlich hörte die Verwandlung auf. Loman konnte sehen, daß Peyser sich bemühte, wieder völlig menschlich zu werden; er biß die halb menschlichen, aber immer noch wolfsähnlichen Kiefer zusammen und knirschte mit den Zähnen, in seinen seltsamen Augen war ein Ausdruck von Verzweiflung und eiserner Entschlossenheit, aber es nützte nichts. Einen Augenblick zitterte er am Rand der menschlichen Gestalt. Man hatte den Eindruck, wenn er die Verwandlung nur noch einen Schritt weiterbringen würde, nur noch einen winzigen Schritt, dann würde er eine Schwelle überschreiten, nach der die restliche Verwandlung beinahe automatisch stattfinden würde, ohne äußerste Willensanstrengung, so mühelos wie ein abwärts fließender Bach. Aber er konnte nicht über diese Schwelle springen.

Pennyworth gab einen leisen, erstickten Laut von sich, als würde er Peysers Verzweiflung teilen.

Loman sah seinen Deputy an. Auf Pennyworths Gesicht glitzerte ein dünner Schweißfilm.

Loman stellte fest, daß er ebenfalls schwitzte; er spürte, wie eine Schweißperle an seiner linken Schläfe hinabrann. Es war warm in dem Bungalow - ein Ölofen klickte an und aus -, aber nicht so warm, daß man hätte schwitzen sollen.

Es war ein kalter Angstschweiß, aber auch mehr als das. Er spürte auch eine Beklemmung in der Brust, einen Kloß in der Kehle, der das Schlucken erschwerte, und er atmete schnell, als wäre er hundert Treppenstufen emporgelaufen...

Peyser stieß einen dünnen Schmerzensschrei aus und wurde wieder regressiv. Mit dem spröden, berstenden Ge -räusch von Knochen und dem ölig-feuchten Laut von aufgeweichtem und wieder erstarrtem Fleisch kam die wilde Bestie wieder zum Vorschein, nach einem Augenblick war Peyser wieder so, wie sie ihn zuerst gesehen hatten: eine Kreatur der Hölle.

Ja, eine Kreatur der Hölle, aber beneidenswert kräftig und von einer seltsamen, schrecklichen Schönheit erfüllt. Verglichen mit dem Menschenkopf, war die vorwärtsgestreckte Haltung des großen Schädels linkisch, und dem Ding fehlte die anmutige Einwärtskrümmung der menschlichen Wirbelsäule, dennoch besaß es eine ganz ureigene, dunkle Anmut.

Sie standen einen Augenblick schweigend da.

Peyser kauerte mit gesenktem Kopf auf dem Boden.

Schließlich sagte Sholnick von der Tür: »Mein Gott, er ist gefangen.«

Mike Peysers Problem ließ sich möglicherweise auf einen Fehler in der Technologie zurückführen, mittels derer die Verwandlung von einem Alten in einen Neuen Menschen bewerkstelligt wurde, aber Loman vermutete, daß Peyser immer noch über die Fähigkeit verfügte, sich neu zu formen, daß er wieder zu dem Menschen werden konnte, zu dem er so verzweifelt werden wollte, daß ihm aber der Wunsch fehlte, wieder wirklich menschlich zu werden. Er war zum Regressiven geworden, weil er diesen veränderten Zustand erstrebenswert fand; vielleicht hielt er ihn auch für so ungleich erstrebenswerter und befriedigender, daß er gar nicht mehr richtig ins höhere Dasein zurückkehren wollte.

Peyser hob den Kopf und sah Loman und dann Pennyworth an, schließlich Sholnick und zuletzt wieder Loman. Das Entsetzen über seinen Zustand war nicht mehr zu sehen. Zorn und Entsetzen waren aus seinen Augen verschwunden. Er schien sie mit seiner verzerrten Schnauze anzulächeln, und eine neue Wildheit - beunruhigend und faszinierend zugleich - erschien in seinen Augen. Er hob die Hände wieder vors Gesicht und spannte die langen Finger, klickte mit den Krallen aneinander und betrachtete sich selbst mit einer Art Verwunderung.

»...jagen, jagen, verfolgen, jagen, töten, Blut, Blut, brauche, brauche es...«

»Wie zum Teufel sollen wir ihn lebend mitnehmen, wenn er nicht mitkommen will?« Pennyworths Stimme war seltsam belegt und etwas nuschelnd.

Peyser griff sich mit einer Hand an die Genitalien und kratzte sich abwesend. Er sah wieder Loman an, dann in die Nacht hinaus, die ans Fenster drängte.

»Ich fühle...« Sholnick ließ den Satz unvollendet.

Pennyworth fehlten ebenfalls die Worte: »Wenn wir... nun, wir könnten... «

Der Druck in Lomans Brust war größer geworden. Sein Hals war noch mehr zugeschnürt, er schwitzte immer noch.

Peyser stieß einen sanften, wabernden Schrei aus, wie ihn Loman unheimlicher noch nie gehört hatte, ein Ausdruck der Sehnsucht, aber auch eine animalische Herausforderung an die Nacht, eine Verkündigung seiner Kraft und der Zuversicht in seine eigene Stärke und Verschlagenheit. In dem engen Schlafzimmer hätte der Schrei schrill und unangenehm sein sollen, aber statt dessen entfachte er in Loman dasselbe unaussprechliche Sehnen, das er schon beim Haus der Fosters empfunden hatte, als er die drei Regressiven einander in der Ferne und der Nacht etwas zurufen gehört hatte.

Loman biß die Zähne so fest zusammen, daß seine Kiefer schmerzten, und versuchte, dem unheiligen Drang zu widerstehen.

Peyser ließ noch einen Schrei los, dann sagte er: »Laufen, jagen, frei, frei, brauche es, frei, brauche es, kommt mit mir, kommt, kommt, brauche es, brauche...«

Loman spürte, wie er die Schrotflinte losließ. Der Lauf senkte sich. Die Mündung war auf den Boden gerichtet, nicht mehr auf Peyser.

»...laufen, frei, frei, müssen...«

Hinter Loman erklang ein nervenzerfetzender Schrei der Befreiung.

Er sah zur Schlafzimmertür und bekam gerade noch mit, wie Sholnick die Schrotflinte fallen ließ. Gesicht und Hände des Deputy wiesen sachte Veränderungen auf. Er zog die schwarze Uniformjacke aus, warf sie beiseite, riß das Hemd auf. Seine Wangen- und Kieferknochen zerflossen und strömten nach vorne, die Stirn wurde fliehend, während er in den verwandelten Zustand überwechselte.

53

Als Harry Talbot ihnen alles über die Schreckgespenster gesagt hatte, beugte sich Sam auf dem hohen Stuhl zum Okular des Teleskops. Er schwang das Instrument nach links, bis er das unbebaute Grundstück neben dem Bestattungsinstitut im Visier hatte, wo die Geschöpfe zuletzt in Erscheinung getreten waren.

Er war nicht sicher, wonach er suchte. Er glaubte nicht, daß die Schreckgespenster um genau die gleiche Zeit exakt zum selben Ort zurückkehren würden, damit er sie sich in aller Bequemlichkeit betrachten könnte. Und das niedergetrampelte Gras und Buschwerk, wo sie erst vor ein paar Stunden gewesen waren, enthielt keinerlei Hinweise, die ihm verraten hätten, was sie waren oder in welchem Auftrag sie unterwegs waren. Vielleicht versuchte er nur, die fantastische Vorstellung von affen-hunde-reptilienähnlichen Schreckgespenstern in der Wirklichkeit zu verwurzeln, sie im Geiste mit diesem unbebauten Grundstück in Verbin -dung zu bringen, um sie dadurch konkreter zu machen, damit er mit ihnen fertigwerden konnte.

Wie auch immer, Harry hatte außer dieser noch eine andere Geschichte zu berichten. Während sie in dem verdunkelten Zimmer saßen, als würden sie sich um ein ausgebranntes Lagerfeuer herum Gespenstergeschichten erzählen, sagte er ihnen, wie ei mitarigeserien hatte, wie Denver Simpson, Doc Fitz, Reese Dorn und Paul Hawthorne damals Ella Simpson überwältigt, sie nach oben ins Schlafzimmer gebracht und ihr dann eine gewaltige Injektion mit einer goldfarbenen Flüssigkeit gegeben hatten.

Sam bediente das Teleskop nach Harrys Anweisungen, und so gelang es ihm, das Haus der Simpsons zu finden und anzuvisieren, das auf der anderen Seite der Conquistador und gleich nördlich des katholischen Friedhofs lag. Alles war dunkel und reglos.