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17

Chrissie, die auf der Veranda kauerte, sich an die Hauswand lehnte und ab und zu vorsichtig hochkam und die drei Menschen beobachtete, die um den Frühstückstisch saßen, kam allmählich zu der Überzeugung, daß sie ihnen trauen konnte. Sie konnte im dumpfen Prasseln und Rauschen des Regens und bei geschlossenem Fenster nur Bruchstücke ihrer Unterhaltung verstehen. Aber nach einer Weile war ihr klar, daß sie wußten, daß etwas in Moonlight Cove ganz und gar nicht stimmte. Die beiden Fremden schienen sich in Mr. Talbots Haus zu verstecken und waren ebenso auf der Flucht wie sie. Sie arbeiteten offenbar an einem Plan, Hilfe von den Behörden außerhalb von Moonlight Cove zu holen.

Sie entschied sich dagegen, an die Tür zu klopfen. Sie bestand aus solidem Holz, ohne Scheiben in der oberen Hälfte, daher würden sie nicht sehen können, wer klopfte. Sie hatte genug gehört, um zu wissen, daß sie nervös waren, vielleicht nicht so gründlich mit den Nerven am Ende wie sie selbst, aber eindeutig zappelig. Ein unerwartetes Klopfen an der Tür würde ihnen allen einen Herzanfall verschaffen -oder vielleicht würden sie zu den Waffen greifen und die Tür in Stücke pusten - und sie mit ihr.

Statt dessen stand sie auf, so daß sie deutlich zu sehen war, und klopfte an die Fensterscheibe.

Mr. Talbot riß verblüfft den Kopf hoch und deutete mit dem Finger auf sie, aber noch während er das tat, schnellten der andere Mann und die Frau auf die Füße wie Marionetten, an deren Fäden plötzlich gezogen worden war. Moose bellte einmal, zweimal. Die drei Menschen - und der Hund

- starrten Chrissie überrascht an. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, hätte sie ein kettensägenschwingender Wahnsinniger sein können, der eine Ledermaske vor dem verunstalteten Gesicht trug, und nicht ein in Not geratenes elfjähriges Mädchen.

Sie vermutete aber, daß im von Außerirdischen infiltrierten Moonlight Cove im Augenblick sogar ein mitleiderregendes, vom Regen durchnäßtes, erschöpftes kleines Mädchen ein Objekt des Entsetzens für all diejenigen sein konnte, die nicht wußten, daß sie immer noch ein Mensch war. In der Hoffnung, damit ihre Ängste zerstreuen zu können, rief sie laut durch die geschlossene Fensterscheibe:

»Helfen Sie mir, bitte, helfen Sie mir.«

18

Die Maschine schrie. Ihr Schädel platzte unter der Wucht der beiden Schüsse, und sie wurde aus dem Sitz geschleudert, fiel auf den Boden des Zimmers und riß den Stuhl mit sich. Die langgezogenen Finger wurden vom Computer gerissen. Die segmentierte wurmartige Sonde riß in der Mitte zwischen dem Computer und der Stirn, aus der sie gewachsen war, in zwei Hälften. Das Ding lag zappelnd und zuckend auf dem Boden.

Loman mußte denken, daß es eine Maschine war. Er durfte nicht daran denken, daß es sein Sohn war. Das war zu schrecklich.

Das Gesicht war entstellt, die Wucht der Kugeln, die den Schädelknochen durchdrangen, hatten eine verformte, asymetrische, surrealistische Maske daraus gemacht.

Die silbernen Augen waren schwarz geworden. Jetzt sah es so aus, als wären Ölpfützen, nicht Quecksilber, in den Augenhöhlen des Dings.

Zwischen den zerschmetterten Knochenstücken sah Loman nicht nur die graue Gehirnmasse, die er erwartet hatte, sondern etwas, das wie Drahtspulen aussah, glitzernde Scherben, die fast wie Keramik wirkten, seltsame geometrische Formen. Neben Blut strömte blauer Rauch aus den Wunden.

Die Maschine schrie immer noch.

Die elektronischen Schreie kamen nicht mehr von dem Kind-Ding, sondern aus dem Computer auf dem Schreibtisch. Diese Laute waren so bizarr, daß sie in der Maschinenhälfte des Organismus ebenso fehl am Platze wirkten wie in der Menschenhälfte.

Loman wurde klar, daß es keine eindeutig elektronischen Schreie waren. Sie hatten auch einen Unterton und eine Eigenheit, die auf entnervende Weise menschlich waren.

Die Datenströme auf dem Bildschirm hörten auf zu wandern. Ein Wort wurde hundertfach wiederholt und füllte Zeile für Zeile den gesamten Bildschirm aus:

NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN...

Er wußte plötzlich, daß Denny nur halb tot war. Der Teil des Jungen, der im Körper gewohnt hatte, war ausgelöscht, aber ein Bruchstück seines Bewußtseins lebte irgendwie noch in diesem Computer und wurde von Silikon statt von Gehirngewebe am Leben erhalten. Dieser Teil von ihm schrie mit der maschinenkalten Stimme.

Auf dem Bildschirm:

Wo IST DER REST VON MIR wo IST DER REST VON MIR wo IST

DER REST VON MIR NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN

NEIN NEIN...

Loman war zumute, als wäre sein Blut Eis, das von einem Herz gepumpt wurde, welches ebenso gefroren war wie das Fleisch unten in der Tiefkühltruhe. Er hatte noch nie eine Kälte gespürt, die so tief wie diese reichte.

Er wich von dem gestürzten Leichnam zurück, der endlich aufgehört hatte zu zucken, und richtete die Waffe auf den Computer. Er feuerte die Waffe in den Computer leer, zuerst in den Bildschirm. Da Jalousien und Vorhänge zugezogen waren, war es in dem Zimmer fast dunkel. Er schoß die Elektronik in Fetzen. Tausende Funken glommen in der Schwärze und sprühten aus der Datenverarbeitungsanlage. Dann starb die Maschine mit einem letzten Aufbäumen und Knirschen, und es herrschte wieder Dunkelheit.

Die Luft stank nach verschmorter Isolierung. Und Schlimmerem.

Loman ging aus dsm Zimmer und zur Treppe. Dort blieb er einen Moment stehen und lehnte sich ans Geländer. Dann ging er in die Diele hinunter.

Er lud den Revolver nach und steckte ihn ins Halfter.

Er ging in den Regen hinaus.

Er stieg ins Auto ein und ließ den Motor an.

»Shaddack«, sagte er laut.

19

Tessa nahm das Mädchen sofort in ihre Obhut. Sie rührte sie nach oben, ließ Harry und Sam und Moose in der Küche, und zog ihr die nassen Sachen aus.

»Deine Zähne klappern, Liebes.«

»Ich kann froh sein, daß ich noch Zähne zum Klappern habe.«

»Deine Haut ist eindeutig blau.«

»Ich kann froh sein, daß ich noch eine Haut habe«, sagte das Mädchen.

»Mir ist auch aufgefallen, daß du hinkst.«

»Ja. Verstauchter Knöchel.«

»Sicher, daß er nur verstaucht ist?«

»Ja. Nichts Ernstes. Außerdem... «

»Ich weiß«, sagte Tessa. »Du kannst froh sein, daß du noch Knöchel hast.«

»Richtig. Ich könnte mir vorstellen, daß Außerirdische Knöchel besonders schmackhaft finden, so wie manche Leute Eisbein. Huch.«

Sie saß im Gästezimmer auf der Bettkante und hatte eine Wolldecke um den nackten Körper geschlungen, und sie wartete, währen Tessa ein Laken aus dem Schrank holte sowie mehrere Sicherheitsnadeln, die sie in einem Nähkästchen im selben Schrank gesehen hatte.

Tessa sagte: »Harrys Kleidungsstücke sind dir viel zu groß, daher wickeln wir dich vorerst in ein Laken. Bis deine Kleider trocken sind, kannst du nach unten kommen und Harrys und Sam und mir alles erzählen.«

»War ein ziemliches Abenteuer«, sagte das Mädchen.

»Ja, du siehst aus, als hättest du eine Menge durchgemacht.«

»Würde ein tolles Buch werden.«

»Magst du Bücher?«

»O ja, ich liebe Bücher.«

Sie wurde rot, war aber offensichtlich entschlossen, sich weltmännisch zu geben, als sie aufstand, die Decke abstreifte und sich von Tessa in das Laken hüllen ließ. Tessa steckte es als eine Art Toga zusammen.

Während Tessa arbeitete, sagte Chrissie: »Ich glaube, ich werde eines Tages einmal ein Buch über das alles schreiben. Ich werde es Die Geißel der Außerirdischen oder vielleicht Die außerirdische Königin nennen, aber selbstverständlich nur dann, wenn sich herausstellt, daß es tatsächlich irgendwo eine Königin gibt. Vielleicht vermehren sie sich gar nicht wie Insekten oder Tiere. Vielleicht sind sie im Grunde genommen eine Art pflanzlicher Lebensform, dann müßte ich das Buch irgendwie Weltraumsamen oder Pflanzen aus der Unendlichkeit nennen oder vielleicht Mörderische Marspilze. Manchmal ist es gut, wenn man eine Alliteration im Titel verwendet. Alliterationen. Finden Sie dieses Wort nicht auch toll? Es klingt so hübsch. Ich mag Worte. Natürlich könnte man auch immer einen poetischeren Titel wählen, einen packenderen, so wie Außerirdische Wurzeln, Außerirdische Blätter. He, wenn sie Pflanzen sind, haben wir vielleicht Glück, vielleicht werden sie dann einmal von Blattläusen oder Würmern getötet, da sie keine Abwehrstoffe gegen irdische Krankheiten entwickelt haben können, so wie die Marsianer in Krieg der Welten von ein paar irdischen Viren getötet werden.«