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Augen aus geschmolzenem Silber...

Speichel, der aus dem offenen Mund sabberte...

Die segmentierte Sonde, die aus der Stirn des Jungen brach und die vaginale Hitze des Computers suchte...

Diese Bilder, die ihm das Blut gefrieren ließen, und andere zogen in einer Endlosschleife der Erinnerungen durch Lo-mans Kopf.

Er würde Shaddack umbringen, um zu verhindern, daß er selbst gezwungen würde, das zu werden, was Denny geworden war, die Vernichtung von Shaddacks Legende würde lediglich eine angenehme Nebenwirkung sein.

Er steckte die Waffe in den Gurt und stieg aus dem Auto aus. Er eilte durch den Regen zum Haupteingang, betrat den Marmorboden der Lobby durch die Glastür, wandte sich nach rechts, entgegengesetzt von den Fahrstühlen, und näherte sich dem Empfang. Was den Luxus anbetraf, konnte die Firma es mit den teuersten Büros der High-Tech-Firmen im berühmteren, weiter südlich gelegenen Silicon Valley aufnehmen. Fein gemaserte Marmorverkleidungen, Messingverzierungen, erlesene Kristall-Leuchter und moderne Kristall-Lüster legten Zeugnis vom Erfolg von New Wave ab.

Die Frau am Empfang war Dora Hankins. Er kannte sie schon sein ganzes Leben lang. Sie war ein Jahr älter als er. Er war an der High School ein paarmal mit ihrer Schwester ausgegangen.

Sie sah auf, als er näher kam, sagte aber nichts.

»Shaddack?« fragte er.

»Nicht da.«

»Bist du sicher?«

»Ja.«

»Wann kommt er wieder?«

»Das kann dir seine Sekretärin sagen.«

»Ich gehe rauf.«

»Gut.«

Während er in den Fahrstuhl trat und auf den Knopf mit der 3 drückte, dachte Loman an die kurze Unterhaltung, die er und Dora Hankins geführt haben würden, bevor sie verwandelt worden waren. Sie hätten miteinander geplänkelt, sich das Neueste von ihren Familien erzählt und Bemerkungen über das Wetter gemacht. Jetzt nicht mehr. Unterhaltungen gehörten zu den Freuden einer vergangenen Welt. Als Verwandelte konnten sie nichts mehr damit anfangen. Loman konnte sich zwar noch daran erinnern, daß solche Unterhaltungen einmal Bestandteil des zivilisierten Lebens gewesen waren, aber er wußte nicht mehr, warum er sie einmal als wichtig angesehen hatte oder welche Art Freude sie ihm geschenkt hatten.

Shaddacks Bürosuite lag an der nordwestlichen Ecke des dritten Stocks. Der erste Raum nach dem Flur war die Empfangshalle, in der üppige beigefarbene Edward-Fields-Tep-piche lagen und die mit plumpen Roche-Bobois-Sofas und Messingtischen mit zollstarken Glasplatten möbliert war. Einziger Kunstgegenstand war ein Gemälde von Jasper Johns - ein Original, kein Druck.

>Was wird in der kommenden schönen neuen Welt aus den Künstlern?< überlegte Loman.

Aber er kannte die Antwort. Es würde keine mehr geben. Kunst waren Emotionen, die mit Farbe auf Leinwand ausgedrückt wurden, als Worte auf Papier oder Musik in einer Oper. In der neuen Welt würde es keine Kunst geben. Und falls doch, würde es eine Kunst der Angst sein. Die von Schriftstellern am häufigsten benützten Worte würden Synonyme für die Dunkelheit sein. Die Musiker würden in der einen oder anderen Form Totenklagen komponieren. Die von Malern am häufigsten verwendete Farbe würde Schwarz sein.

Vicky Lanardo, Shaddacks Privatsekretärin, saß an ihrem Schreibtisch. Sie sagte: »Er ist nicht da.«

Die Tür zu Shaddacks geräumigem Büro hinter ihr stand offen. Kein Licht war eingeschaltet. Er wurde lediglich vom Licht des verregneten Tages erhellt, das als aschefarbene Streifen durch die Jalousien drang.

»Wann kommt er?«

»Ich weiß nicht.«

»Keine Verabredungen?«

»Keine.«

»Wissen Sie, wo er ist?«

»Nein.«

Loman ging hinaus. Er schlenderte eine Weile durch die verlassenen Flure, Büros, Laboratorien und Testsäle und hoffte, er würde Shaddack entdecken.

Aber er kam nach einer gewissen Zeit zu der Überzeugung, daß sich Shaddack nicht in der Firma aufhielt. Offenbar wollte der große Mann am letzten Tag von Moonlight Coves Verwandlung mobil bleiben.

Wegen mir, dachte Loman. Wegen dem, was ich gestern nacht in Peysers Haus zu ihm gesagt habe. Er hat Angst vor mir, und er bleibt entweder in Bewegung oder hat sich irgendwo versteckt, wo ich ihn nur schwer finden kann.

Loman verließ das Gebäude, ging zum Streifenwagen und machte sich auf die Suche nach seinem Schöpfer.

26

Sam saß im unteren Badezimmer neben der Küche von der Taille aufwärst nackt auf der Kommode, während Tessa dieselben Maßnahmen an ihm durchführte, die sie zuvor bei Chrissie vorgenommen hatte. Aber Sams Verletzungen waren ernster als die des Mädchens.

Die Haut war an einer centgroßen äelle auf der Stirn, direkt über dem rechten Auge, abgeschabt worden, das Fleisch in der Mitte des Kreises war völlig weggefressen, blanker Knochen war in einem Durchmesser von etwa vier Millimetern zu sehen. Es erforderte ein paar Minuten konstanten Drucks, die Blutung dieser Verletzung zu stillen, gefolgt von Jod-Desinfektion, einem Sprühverband und einer fest aufgelegten Mullbinde. Doch ungeachtet dieser Bemühungen wurde der Mull allmählich rot.

Während sich Tessa an ihm zu schaffen machte, erzählte Sam ihr, was geschehen war.

»...und wenn ich ihr nicht genau in den Kopf geschossen hätte, wenn ich eine Sekunde langsamer gewesen wäre, dann hätte sich, glaube ich, diese verdammte Sonde, oder was es auch immer gewesen ist, direkt in meinen Schädel gebohrt und das Gehirn so wie ihres mit diesem Computer verbunden.«

Chrissie, die die Toga wieder gegen Jeans und Bluse ausgetauscht hatte, stand im Badezimmer und war totenblaß, wollte aber alles hören.

Harry hatte den Rollstuhl vor die Tür gefahren.

Moose lag vor Sam, nicht vor Harry. Der Hund schien zu merken, daß der Besucher momentan mehr Trost brauchte als Harry.

Sam war kälter als sein Aufenthalt im kalten Regen erklären konnte. Er zitterte, ab und zu wurde das Zittern so heftig, daß seine Zähne klapperten. •

Je länger Sam redete, desto kälter wurde es auch Tessa zumute, und wenig später hatte sich sein Zittern auf sie übertragen.

Sein Handgelenk war auf beiden Seiten zerschnitten, wo Harley Coltrane ihn mit seiner kräftigen Knochenhand umklammert hatte. Aber es waren keine wichtigen Blutgefäße verletzt; keiner der Schnitte mußte genäht werden, und Tes-sa konnte die Blutungen rasch stillen. Die Blutergüsse, die sich gerade erst abzeichneten und frühestens in ein paar Stunden voll erblüht sein würden, würden schlimmer werden als die Schnittwunden. Er beschwerte sich über Schmerzen im Handgelenk, und seine Hand war schwach, aber sie glaubte nicht, daß Knochen gebrochen oder zerquetscht worden waren.

»...als wäre ihnen irgendwie die Fähigkeit verliehen worden, ihre Körpergestalt zu verändern«, sagte Sam zitternd, »so daß sie sich in alles verwandeln können. Verstand über Materie, genau wie Chrissie gesagt hat, als sie uns von dem Priester erzählte, der sich in die Kreatur aus diesem Film verwandelt hat...«

Das Mädchen nickte.

»Ich meine, sie veränderten sich vor meinen Augen, ließen sich diese Sonden wachsen und versuchten, mich damit zu harpunieren. Und dennoch schienen sie sich bei aller un-glaublichen Kontrolle über ihre Körper, über ihre stoffliche Substanz, offenbar nur in etwas... aus einem Alptraum verwandeln zu wollen.«

Die Verletzung am Unterleib war die geringfügigste der drei. Die Haut war, wie an der Stirn, in einem pfenniggroßen Kreis abgeschürft, aber die Sonde, die ihn dort getroffen hatte, schien mehr dazu gedacht gewesen zu sein, sich in ihn zu brennen anstatt zu fräsen. Das Fleisch war versengt, die Wunde selbst ziemlich verbrannt.