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Der Mann sah Almen an. Almen erwiderte den Blick und verspürte einen seltsamen Frieden. »Das ist schon möglich«, sagte der Fremde. »Man spricht oft von mir.« Er lächelte, dann wandte er sich ab und setzte sich wieder auf dem Pfad in Bewegung.

»Wartet«, sagte Almen und streckte die Hand nach dem Mann aus, bei dem es sich nur um den Wiedergeborenen Drachen handeln konnte. »Wo geht Ihr hin?«

Der Mann sah mit leicht gequälter Miene zurück. »Etwas erledigen, das ich lange Zeit aufgeschoben habe. Ich bezweifle, dass ihr gefallen wird, was ich ihr zu sagen habe.«

Almen senkte die Hand und sah zu, wie der Fremde den Pfad zwischen zwei eingezäunten Obsthainen einschlug; Bäume, deren Äste sich unter der Last blutroter Äpfel bogen. Einen Augenblick lang glaubte er, etwas um den Mann herum sehen zu können. Eine verzerrte Helligkeit in der Luft.

Almen sah dem Mann nach, bis er verschwunden war, dann eilte er zu Alysas Haus. Der vertraute Schmerz in der Hüfte war verschwunden, und er hatte das Gefühl, Meilen laufen zu können. Auf halbem Weg zum Haus begegnete er Adim und zwei Arbeitern. Sie musterten ihn besorgt, als er stehen blieb.

Unfähig zu jedem Wort drehte sich Almen um und zeigte auf die Apfelbäume. Die Äpfel waren rote Flecken, die das Grün wie Sommersprossen überzogen.

»Was ist das?«, fragte Uso und rieb sich das lange Gesicht. Moor kniff die Augen zusammen, dann rannte er auf die Plantage zu.

»Holt alle zusammen«, stieß Almen atemlos hervor. »Jeden aus dem Dorf, aus den Nachbardörfern, jeden, der auf der Shymanstraße unterwegs ist. Jeden. Sie sollen sich hier versammeln und ernten.«

»Was denn ernten?«, wollte Adim stirnrunzelnd wissen.

»Äpfel«, sagte Adim. »Was wächst denn sonst auf Apfelbäumen, verdammt noch mal! Hört zu, wir müssen jeden dieser Äpfel vor Tagesende gepflückt haben. Versteht ihr? Geht! Verbreitet die Nachricht! Die Ernte findet doch statt!«

Natürlich liefen sie los, um es mit eigenen Augen zu sehen. Das konnte man ihnen schwerlich zum Vorwurf machen. Almen ging weiter, und dabei fiel ihm zum ersten Mal auf, dass das Gras in seiner Umgebung grüner und gesünder erschien.

Er schaute nach Osten. Verspürte tief in seinem Inneren einen Lockruf. Etwas, das ihn sanft in die Richtung zog, die der Fremde eingeschlagen hatte.

Zuerst die Äpfel, dachte er. Dann … nun, das würde sich weisen.

2

Führungsfragen

Am Himmel grollte Donner so leise und bedrohlich wie das Knurren einer fernen Bestie. Perrin richtete den Blick nach oben. Vor wenigen Tagen hatte sich die allgegenwärtige Wolkendecke schwarz verfärbt wie vor einem drohenden schrecklichen Sturm. Aber es hatte nur kurze Regenschauer gegeben.

Das nächste Grollen erschütterte die Luft. Keine Blitze. Perrin tätschelte Stehers Hals; das Pferd roch nervös – verschwitzt und gereizt. Und damit war das Tier nicht allein. Der Geruch hing über seiner ganzen gewaltigen Streitmacht aus Soldaten und Flüchtlingen, die über den matschigen Boden trampelte. Diese Streitmacht erzeugte ihren eigenen Donner, Schritte, Hufschlag, sich drehende Wagenräder, Männer und Frauen, die einander Dinge zuriefen.

Sie hatten die Jehannahstraße fast erreicht. Ursprünglich hatte Perrin geplant, sie zu überqueren und dann weiter nach Norden in Richtung Andor zu ziehen. Aber er hatte durch die Krankheit, die das Lager heimgesucht hatte, viel Zeit verloren – beinahe wären beide Asha’man gestorben. Dann hatte sie der Schlamm noch langsamer gemacht. Insgesamt war seit dem Aufbruch aus Maiden mehr als ein Monat vergangen, und sie waren gerade so weit gereist, wie Perrin gehofft hatte, in einer Woche zurückzulegen.

Perrin schob die Hand in die Manteltasche und strich über das kleine Rätselspiel aus Schmiedeeisen. Sie hatten es in Maiden gefunden, und er hatte angefangen, damit herumzuspielen. Bis jetzt hatte er noch nicht ergründet, wie man die einzelnen Teile voneinander trennte. Es war das komplizierteste Geschicklichkeitsspiel, das er je gesehen hatte.

Von Meister Gill oder den anderen Leuten, die er mit Vorräten vorausgeschickt hatte, fehlte jede Spur. Grady hatte es geschafft, ein paar kleine Wegetore zu erschaffen, damit Späher sie finden konnten, aber diese waren erfolglos zurückgekehrt. Langsam machte sich Perrin Sorgen um sie.

»Mein Lord?«, fragte ein Mann. Er stand neben Perrins Pferd. Turne war ein schlaksiger Bursche mit lockigem roten Haar und einem mit Lederriemen abgebundenen Bart. In einer Gürtelschlaufe trug er eine Kriegeraxt, ein bösartiges Ding mit einem Dorn an der Oberseite.

»Wir können euch nicht viel zahlen«, sagte Perrin. »Eure Männer haben keine Pferde?«

»Nein, mein Lord«, sagte Turne und warf einen Blick zu seinem Dutzend Gefährten. »Jarr hatte eins. Wir haben es vor ein paar Wochen aufgegessen.« Turne roch ungewaschen und schmutzig, und über diesen Gerüchen lag eine seltsame Schalheit. Waren die Gefühle des Mannes abgestumpft? »Wenn es Euch recht ist, mein Lord, der Lohn kann warten. Falls Ihr etwas zu essen habt… nun, das wäre für den Moment genug.«

Ich sollte sie fortschicken, dachte Perrin. Wir haben bereits viel zu viele Mäuler zu stopfen. Beim Licht, eigentlich hätte er Menschen loswerden sollen. Aber diese Burschen machten den Eindruck, als könnten sie mit ihren Waffen umgehen, und wenn er sie fortschickte, endeten sie zweifelsohne als Plünderer.

»Geht den Tross entlang«, sagte Perrin. »Findet einen Mann namens Tarn al’Thor – ein stämmiger Bursche, der wie ein Bauer gekleidet ist. Jeder sollte euch in seine Richtung schicken können. Sagt ihm, dass ihr mit Perrin gesprochen habt und dass ich befohlen habe, euch für Verpflegung aufzunehmen.«

Die verdreckten Männer entspannten sich, und ihr schlanker Anführer roch sogar dankbar. Dankbar! Söldner – vielleicht sogar Banditen -, die dankbar waren, für eine warme Mahlzeit in Diensten genommen zu werden. Das war der Zustand der Welt.

»Sagt mir, mein Lord«, sagte Turne, während sich seine Männer in Bewegung setzten und die Flüchtlingsreihen entlanggingen. »Habt Ihr wirklich etwas zu essen?«

»Haben wir«, erwiderte Perrin. »Ich sagte es doch.«

»Und es verdirbt nicht, wenn man es die Nacht unbeaufsichtigt lässt?«

»Natürlich nicht«, erwiderte Perrin streng. »Nicht, wenn man es richtig aufbewahrt.« Ein Teil ihres Korns wies möglicherweise Käfer auf, aber es war genießbar. Der Mann schien das unglaublich zu finden, als hätte Perrin gesagt, dass seinen Wagen bald Flügel wachsen und sie zu den Bergen hinauffliegen würden.

»Geht jetzt«, sagte Perrin. »Und vergesst nicht Euren Männern zu sagen, dass wir unser Lager nach strengen Regeln führen. Keine Schlägereien, kein Diebstahl. Wenn ich auch nur schnuppere, dass ihr Ärger macht, fliegt ihr raus.«

»Ja, mein Lord«, sagte Turne und eilte seinen Männern hinterher. Er roch ehrlich. Tarn würde nicht erfreut sein, auf eine weitere Gruppe Söldner aufpassen zu müssen, aber noch waren die Shaido irgendwo da draußen. Die meisten von ihnen schienen sich nach Osten gewandt zu haben. Aber weil seine Streitmacht so langsam vorangekommen war, sorgte er sich, dass die Aiel ihre Ansicht änderten und für ihn zurückkamen.

Er trieb Steher wieder an, flankiert von zwei Männern aus den Zwei Flüssen. Jetzt, da es Aram nicht mehr gab, hatten sich die Männer aus den Zwei Flüssen unglücklicherweise zu Perrins Leibwächtern erklärt. Das heutige Ärgernis bestand aus Will al’Seen und Reed Soalen. Perrin hatte versucht, die Männer loszuwerden. Aber sie bestanden darauf, und er hatte sich mit größeren Sorgen herumzuschlagen, von denen seine seltsamen Träume nicht der geringste Teil waren. Lange nachhallende Visionen von der Arbeit in der Schmiede und der Unfähigkeit, etwas Vernünftiges zustande zu bringen.

Vergiss sie doch einfach, befahl er sich und ritt zum Anfang der langen Marschreihe, gefolgt von al’Seen und Soalen. Du hast schon genug Albträume, wenn du wach bist. Kümmere dich um die zuerst.