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Es war seltsam, an diesem Ort Schönheit zu finden. Konnte er auch in seiner eigenen Situation Licht finden? Das war vermutlich nicht so einfach, wie er befürchtete.

Er zog stärker an Stämmigs Zügel. Ihm entgingen keineswegs die besorgten Unterhaltungen in seinem Rücken, unterstrichen von gelegentlichen Flüchen. Dieser Ort mit seinem Gestank und den blutsaugenden Insekten stellte auch die besten Männer auf die Probe. Die ganze Welt verwandelte sich in einen Ort, der diejenigen, die sich Galad angeschlossen hatten, nervös machte. Eine Welt, in der dunkle Wolken ständig den Himmel verbargen, in der seltsame Verzerrungen des Musters guten Männern den Tod brachten und in der Valda – vor Galad der Kommandierende Lordhauptmann – sich als Mörder und Vergewaltiger entpuppt hatte.

Galad schüttelte den Kopf. Die Letzte Schlacht würde bald da sein.

Klirrende Kettenglieder verkündeten, dass jemand aus der Reihe nach vorn trat. Galad schaute über die Schulter, als Dain Bornhaid eintraf, salutierte und neben ihm weiterging. »Damodred«, sagte Dain leise, während ihre Stiefel im Schlamm versanken, »vielleicht sollten wir umkehren.«

»Der Rückweg führt bloß in die Vergangenheit«, erwiderte Galad und musterte den Weg vor ihnen. »Ich habe viel darüber nachgedacht, Kind Bornhaid. Dieser Himmel, das verkümmernde Land, so wie die Toten umherwandeln … Es ist keine Zeit mehr, um Verbündete zu finden und gegen die Seanchaner zu kämpfen. Wir müssen zur Letzten Schlacht marschieren.«

»Aber dieser Sumpf«, sagte Bornhaid und schaute zur Seite, wo sich eine große Schlange durch das Unterholz schlängelte. »Unseren Karten zufolge müssten wir ihn schon lange hinter uns gelassen haben.«

»Dann befinden wir uns sicherlich an seiner Grenze.«

»Vielleicht«, sagte Dain. Schweiß floss von seiner Stirn über die Seite seines schmalen Gesichts, das zuckte. Glücklicherweise hatte er vor ein paar Tagen den letzten Vorrat seines Branntweins getrunken. »Falls die Karte nicht irrt.«

Galad antwortete nicht. Einst verlässliche Karten erwiesen sich in diesen Tagen als falsch. Offene Felder verwandelten sich in zerklüftete Hügel, Dörfer verschwanden, Weidegründe waren an einem Tag noch anbaufähig, um unvermutet von Schlingpflanzen und Pilzen überwuchert zu werden. Durchaus vorstellbar, dass der Sumpf größer geworden war.

»Die Männer sind erschöpft«, sagte Bornhaid. »Es sind gute Männer – das wisst Ihr genau. Aber sie fangen an zu murren.« Er zuckte zusammen, als würde er eine Zurechtweisung erwarten.

Vielleicht hätte Galad einst auch so reagiert. Die Kinder ertrugen ihre Strapazen mit Stolz. Aber da gab es Erinnerungen an Lektionen, die Morgase ihm beigebracht hatte – Lektionen, die er in seiner Jugend nicht begriffen hatte – und die nun an ihm nagten. Führe, indem du ein Beispiel gibst. Verlange Stärke, aber zeige sie zuerst selbst.

Galad nickte. Sie näherten sich einer trockenen Lichtung.

»Holt die Männer zusammen. Ich spreche zu denen, die vorn sind. Lasst meine Worte notieren und sie dann an die hinten weitergeben.«

Bornhaid sah überrascht aus, gehorchte aber. Galad trat zur Seite und erklomm einen kleinen Hügel. Er legte die Hand auf den Schwertgriff und musterte seine Männer, während sich die vorderen Kompanien versammelten. Zusammengesunken standen sie da, die Beine schlammverschmiert. Hände schlugen nach Mücken oder kratzten an Kragen.

»Wir sind die Kinder des Lichts«, verkündete Galad, nachdem sie sich versammelt hatten. »Das sind die dunkelsten Tage der Menschheit. Tage, in denen die Hoffnung schwach ist, Tage, in denen der Tod herrscht. Aber in den dunkelsten Nächten ist das Licht am wunderbarsten. Am Tag kann ein strahlend helles Leuchtfeuer schwach erscheinen. Aber wenn alle anderen Lichter versagen, wird es führen!

Wir sind dieses Leuchtfeuer. Dieser Sumpf ist eine Heimsuchung. Aber wir sind die Kinder des Lichts, und unsere Heimsuchungen sind unsere Stärke. Wir werden von jenen gejagt, die uns lieben sollten, und andere Wege führen zu unseren Gräbern. Und so werden wir vorwärtsgehen. Für die, die wir beschützen müssen, für die Letzte Schlacht, für das Licht!

Wo liegt der Sieg dieses Sumpfes? Ich weigere mich, seinen Biss zu spüren, denn ich bin stolz. Stolz, in diesen Tagen zu leben, stolz, ein Teil dessen zu sein, was auf uns zukommt. Sämtliche Leben, die uns in diesem Zeitalter vorangingen, warteten auf unseren Tag, den Tag, an dem die Menschheit geprüft wird. Sollen andere ihr Schicksal bejammern. Wir werden das nicht, denn wir stellen uns dieser Prüfung erhobenen Hauptes. Und sie wird beweisen, dass wir stark sind!«

Keine lange Rede, er wollte nicht ihre Zeit im Sumpf verlängern. Aber sie schien ihren Zweck zu erfüllen. Die Männer hielten sich aufrechter, und sie nickten. Vorher ausgewählte Kinder schrieben die Worte nieder und gingen dann los, um sie jenen vorzulesen, die sie nicht hatten hören können.

Als sich die Truppe wieder in Bewegung setzte, waren die Schritte nicht länger schleppend und die Haltung nicht länger zusammengesunken. Galad blieb auf seinem Hügel, nahm ein paar Berichte entgegen und stellte sich den Blicken seiner Männer, als sie ihn passierten.

Als die letzten der Siebentausend vorbei waren, entdeckte er eine kleine Gruppe am Fuß des Hügels. Kind Jaret Byar stand dabei und schaute zu ihm hoch, ein fanatisches Funkeln in den tiefliegenden Augen. Er war hager und hatte ein schmales Gesicht.

»Kind Byar«, sagte Galad und kam von dem Hügel herunter.

»Das war eine gute Rede, mein Kommandierender Lordhauptmann«, sagte Byar andächtig. »Die Letzte Schlacht. Ja, die Zeit dafür ist gekommen.«

»Sie ist unsere Last«, sagte Galad. »Und unsere Pflicht.«

»Wir reiten nach Norden«, sagte Byar. »Männer werden sich uns anschließen, und unsere Zahl wird wachsen. Eine gewaltige Streitmacht der Kinder, Zehntausende Männer. Hunderttausende! Wie eine Flutwelle werden wir über das Land brausen. Vielleicht werden wir genug Männer haben, um die Weiße Burg und die Hexen zu vernichten, statt uns mit ihnen verbünden zu müssen.«

Galad schüttelte den Kopf. »Wir werden die Aes Sedai brauchen, Kind Byar. Der Schatten verfügt über Schattenlords, Myrddraal, Verlorene.«’

»Ja, das wird wohl so sein.« Byar erschien zögerlich. Nun, die Idee hatte ihm noch nie gefallen, aber er hatte ihr zugestimmt.

»Unser Weg ist beschwerlich, Kind Byar, aber die Kinder des Lichts werden die Letzte Schlacht anführen.«

Valdas Untaten hatten den ganzen Orden befleckt. Und darüber hinaus gelangte Galad immer stärker zu der Überzeugung, dass Asunawa eine wichtige Rolle bei der Misshandlung und dem Tod seiner Stiefmutter gespielt hatte. Das bedeutete, dass der Hochinquisitor korrupt war.

Das Richtige zu tun war das Wichtigste im Leben. Dafür war jedes Opfer angebracht. Im Augenblick war Flucht der richtige Weg. Galad konnte sich Asunawa nicht stellen; der Hochinquisitor wurde von den Seanchanern unterstützt. Außerdem war die Letzte Schlacht viel wichtiger.

Galad beschleunigte seinen Schritt und stapfte durch den Schlamm auf die vorderste Reihe der Kinder zu. Sie reisten mit leichtem Gepäck, nur mit wenigen Lastpferden. Und seine Männer trugen ihre Rüstung am Leib, und ihre Pferde waren mit Vorräten beladen.

Vorn fand Galad Trom, der mit ein paar Männern in Leder und braunen Umhängen und nicht in weißen Wappenröcken und Stahlkappen sprach. Ihre Späher. Trom nickte ihm respektvoll zu; der Lordhauptmann war einer von Galads vertrauenswürdigsten Männern. »Die Späher sagen, dass da ein kleines Problem auf uns wartet, mein Lord«, sagte Trom.

»Was für ein Problem?«

»Es wäre besser, wenn ich es Euch zeige«, sagte Kind Barlett, der Anführer der Kundschafter.

Galad nickte. Voraus schien sich der Sumpfwald zu lichten. Dafür musste man dem Licht danken – bedeutete das, dass sie ihn so gut wie durchquert hatten?

Nein. Als Galad eintraf, entdeckte er mehrere Kundschafter, die einen toten Wald betrachteten. Die meisten Bäume im Sumpf wiesen Blätter auf, auch wenn sie kränklich erschienen, aber die Bäume vor ihnen erinnerten an Skelette und Asche, als wären sie verbrannt. Alles war mit widerwärtigen weißen Flechten oder Moos überwuchert. Die Baumstämme sahen verkümmert aus.