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Er teilte seine Beobachtung den anderen mit, die gespannt wartend an der Reling standen.

»Demnach«, meinte die Assistentin Maurin,»muss es sich wohl um ein Oggelmumpf bistrozinalis handeln.«

»Möglich«, erwiderte die Assistentin Sara,»aber es kann auch ebenso gut eine Schluckula tapetozifera sein.«

Professor Eisenstein richtete sich auf, rückte seine Brille zurecht und rief hinauf:»Nach meiner Ansicht haben wir es hier mit einer Abart des gewöhnlichen Strumpfus quietschinensus zu tun. Aber das können wir erst entscheiden, wenn wir die Sache von unten erforscht haben.«

Daraufhin sprangen drei Matrosinnen, die außerdem weltberühmte Sporttaucherinnen waren und sich in der Zwischenzeit bereits Taucheranzüge angezogen hatten, ins Wasser und verschwanden in der blauen Tiefe.

Eine Weile lang erschienen nur Luftblasen an der Meeresoberfläche, aber dann tauchte plötzlich eines der Mädchen, Sandra mit Namen, auf und rief keuchend:»Es handelt sich um eine Riesenqualle! Die beiden anderen hängen in ihren Fangarmen fest und können sich nicht mehr befreien. Wir müssen ihnen zu Hilfe kommen, ehe es zu spät ist!«

Damit verschwand sie wieder.

Sofort stürzten sich hundert Froschmänner unter der Führung ihres erfahrenen Hauptmannes Franco, genannt der»Delphin«, in die Fluten. Ein ungeheurer Kampf entbrannte unter Wasser, dessen Oberfläche sich mit Schaum bedeckte. Aber es gelang selbst diesen Männern nicht, die beiden Mädchen aus der schrecklichen Umklammerung zu befreien. Zu gewaltig war die Kraft dieses riesenhaften Quallentieres!»Irgendetwas«, sagte der Professor mit gerunzelter Stirn zu seinen Assistentinnen,»irgendetwas scheint in diesem Meer eine Art Riesenwachstum zu verursachen. Das ist hochinteressant!«Inzwischen hatten Kapitän Gordon und sein erster Steuermann Don Melú sich beraten und waren zu einer Entscheidung gekommen.»Zurück!«, rief Don Melú.»Alle Mann wieder an Bord! Wir werden das Untier in zwei Stücke schneiden, anders können wir die beiden Mädchen nicht befreien.«

Der»Delphin«und seine Froschmänner kletterten an Bord zurück. Die»Argo«fuhr nun zunächst ein wenig rückwärts und dann mit voller Kraft voraus, auf die Riesenqualle zu. Der Bug des stählernen Schiffes war scharf wie ein Rasiermesser. Lautlos und beinahe ohne fühlbare Erschütterung teilte er die Riesenqualle in zwei Hälften. Das war zwar nicht ganz ungefährlich für die beiden in den Fangarmen festgehaltenen Mädchen, aber der Erste Steuermann Don Melú hatte deren Lage haargenau berechnet und fuhr mitten zwischen ihnen hindurch. Sofort hingen die Fangarme beider Quallenhälften schlaff und kraftlos herunter, und die Gefangenen konnten sich herauswinden.

Freudig wurden sie auf dem Schiff empfangen. Professor Eisenstein trat auf die beiden Mädchen zu und sprach:»Es war meine Schuld. Ich hätte euch nicht hinunterschicken dürfen. Verzeiht mir, dass ich euch in Gefahr gebracht habe!«

»Nichts zu verzeihen, Professor«, antwortete das eine Mädchen und lachte fröhlich,»dazu sind wir schließlich mitgefahren.«

Und das andere Mädchen setzte hinzu:»Die Gefahr ist unser Beruf.«

Zu einem längeren Wortwechsel blieb jedoch keine Zeit mehr. Über den Rettungsarbeiten hatten Kapitän und Besatzung gänzlich vergessen das Meer zu beobachten. Und so wurden sie erst jetzt, in letzter Minute, gewahr, dass inzwischen der»Wandernde Wirbelsturm«am Horizont aufgetaucht war und sich mit rasender Geschwindigkeit auf die»Argo«zubewegte.

Eine erste gewaltige Sturzwelle packte das stählerne Schiff, riss es in die Höhe, warf es auf die Seite und stürzte es in ein Wellental von gut fünfzig Metern Tiefe hinab. Schon bei diesem ersten Anprall wären weniger erfahrene und tapfere Seeleute als die der»Argo«zweifellos zur einen Hälfte über Bord gespült worden und zur anderen in Ohnmacht gefallen. Kapitän Gordon jedoch stand breitbeinig auf der Kommandobrücke, als sei nichts geschehen, und seine Mannschaft hatte ebenso ungerührt standgehalten. Nur die schöne Eingeborene Momosan, an solche wilden Seefahrten nicht gewöhnt, war in ein Rettungsboot geklettert.

In wenigen Sekunden war der ganze Himmel pechschwarz. Heulend und brüllend warf sich der Wirbelsturm auf das Schiff, schleuderte es turmhoch hinauf und abgrundtief hinunter. Und es war, als steigere sich seine Wut von Minute zu Minute, weil er der stählernen»Argo«nichts anhaben konnte.

Mit ruhiger Stimme gab der Kapitän seine Anweisungen, die dann vom Ersten Steuermann laut ausgerufen wurden. Jedermann stand an seinem Platz. Sogar Professor Eisenstein und seine Assistentinnen hatten ihre Instrumente nicht im Stich gelassen. Sie berechneten, wo der innerste Kern des Wirbelsturmes sein musste, denn dorthin sollte die Fahrt ja gehen. Kapitän Gordon bewunderte im Stillen die Kaltblütigkeit dieser Wissenschaftler, die ja nicht wie er und seine Leute mit dem Meer auf Du und Du standen.

Ein erster Blitzstrahl zuckte hernieder und traf das stählerne Schiff, welches daraufhin natürlich ganz und gar elektrisch geladen war. Wo man hinfasste, sprangen einem die Funken entgegen. Aber darauf war jeder an Bord der»Argo«in monatelangen harten Übungen trainiert worden. Es machte keinem mehr etwas aus.

Nur, dass die dünneren Teile des Schiffes, Stahltrossen und Eisenstangen zu glühen begannen, wie der Draht in einer elektrischen Birne, das erschwerte der Besatzung doch etwas die Arbeit, obgleich alle Asbesthandschuhe anzogen. Aber zum Glück wurde diese Glut schnell wieder gelöscht, denn nun stürzte der Regen hernieder, wie ihn noch keiner der Teilnehmer - Don Melú ausgenommen - je erlebt hatte, ein Regen, der so dicht war, dass er bald die ganze Luft zum Atmen verdrängte. Die Besatzung musste Tauchermasken und Atemgeräte anlegen.

Blitz auf Blitz und Donnerschlag auf Donnerschlag! Heulender Sturm! Haushohe Wogen und weißer Schaum!

Meter für Meter kämpfte sich die»Argo«, alle Maschinen auf Volldampf, gegen die Urgewalt dieses Taifuns vorwärts. Die Maschinisten und Heizer in der Tiefe der Kesselräume leisteten Übermenschliches. Sie hatten sich mit dicken Tauen festgebunden, um nicht von dem grausamen Schlingern und Stampfen des Schiffes in den offenen Feuerrachen der Dampfkessel geschleudert zu werden.

Und dann endlich war der innerste Kern des Wirbelsturms erreicht. Aber welch ein Anblick bot sich ihnen da!

Auf der Meeresoberfläche, die hier spiegelglatt war, weil alle Wellen einfach von der Gewalt des Sturmes flachgefegt wurden, tanzte ein riesenhaftes Wesen. Es stand auf einem Bein, wurde nach oben immer dicker und sah tatsächlich so aus wie ein Brummkreisel von der Größe eines Berges. Es drehte sich mit solcher Schnelligkeit um sich selbst, dass Einzelheiten nicht auszumachen waren.

»Ein Schum-Schum gummilastikum!«, rief der Professor begeistert und hielt seine Brille fest, die ihm der stürzende Regen immer wieder von der Nase spülte.

»Können Sie uns das vielleicht näher erklären?«, brummte Don Melü.»Wir sind einfache Seeleute und…«