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»Sie hätte auch verletzt werden können, hätte sie ihre Nase woan­ders rein gesteckt. Was, wenn sie um Hank Brevards Haus herumge­schlichen ist?«

»Ichkenne Mary Minor Haristeen.«

Beredtes Schweigen. Dann seufzte Larry. »Liebe Mim, du bist eine der intelligentesten Frauen, denen ich je begegnet bin.«

Sie lächelte übers ganze Gesicht. »Danke.«

»Ob deine Theorie stimmt oder nicht, kann ich nicht so genau sa­gen. Harry hat mir nichts erzählt, als ich das Postamt mit meiner Anwesenheit beehrte.« Er sprach die Wahrheit.

»Aber du gehst seit, hm, fast fünfzig Jahren im Krankenhaus ein und aus. Du mußt etwas wissen.«

»Ich kann nicht sagen, daß mir bis zu der Tat etwas aufgefallen ist, wie soll ich es ausdrücken, eine Ungereimtheit. Die üblichen Perso­nalkonflikte, Schwestern, die über Ärzte murren, Ärzte, die sich aus Statusgründen oder wegen Vergünstigungen oder hübschen Schwestern gegenseitig Steine in den Weg legen.« Er hob die Hand. »Oh ja, so was gibt's reichlich.«

»Also wirklich.« Mims linke Augenbraue hob sich.

»Aber Mim, so ist es in jedem Krankenhaus. Es ist eine Welt für sich, mit eigenen Gesetzen. Die Menschen arbeiten in einer äußerst gespannten Atmosphäre. Da fallen sie schon mal übereinander her.«

»Ja.«

»Aber die Spannung hat zugenommen, und zwar schon vor Hank Brevards Ermordung. Sam Mahanes hat es, sagen wir, an Zurückhal­tung fehlen lassen.«

»Oh.«

»So etwas mögen die Leute nicht, schon gar nicht bei ihrem Chef oder Direktor.«

»Um wen geht's?«

»Tussie Logan.«

»Aha.«

»Sie gehen sich geradezu theatralisch aus dem Weg. Aber Sam ar­beitet nicht immer spät abends.« Larry hob die linke Hand, eine Ge­ste des Zweifels und der Beschwichtigung.»Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.<«

»Bin ich damit gemeint?«

»Nein, meine Liebe. Wir haben uns würdevoll mit unseren gegen­seitigen Fehlern abgefunden.«

»Es lag an mir, nicht an dir.«

»Ich hätte härter kämpfen sollen. Das habe ich dir schon gesagt. Ich hätte an die Tür hämmern und es mit deinem Vater klären sollen. Aber ich hab es nicht getan. Und irgendwie, Schatz, hat sich alles zum Guten gewendet. Du hast geheiratet und zwei liebe Kinder be­kommen.«

»Einen Sohn, der sich kaum zu Hause blicken läßt«, sagte sie nase­rümpfend.

»An wem liegt das?«, schalt er sie freundlich.

»Ich habe mich gebessert.«

»Und dein Sohn und seine Frau werden eines schönen Tages von New York hierher ziehen. Der Süden holt alle seine Kinder heim. Aber was immer die Götter für uns bereithalten - es ist richtig. Es ist richtig, daß du Jim geheiratet hast, daß ich Annabella geheiratet ha­be, Gott hab sie selig. Und daß wir mit den Jahren Freunde geworden sind. Wer kann sagen, daß unser Bund nicht sogarwegen unserer Vergangenheit um so stärker ist? Mann und Frau zu sein hätte unsere Verbindung womöglich geschwächt.«

»Glaubst du das wirklich?« Darauf wäre sie nie gekommen.

»Ja.«

»Ich muß darüber nachdenken. Weißt du was, ich genieße unsere kleinen Plaudereien. Ich habe dir immer etwas zu sagen gehabt.«

»Ich genieße sie auch.«

Ein Auto fuhr vor, parkte, der Wagenschlag knallte, die Hintertür ging auf.

Jim gab Gretchen einen Klaps auf den Allerwertesten. »Deck einen Teller für mich, Puppe.«

»Sexuelle Belästigung.«

»Wünschst du dir wohl«, neckte er sie.

»Ha. Man kann nie wissen.«

Er marschierte ins Eßzimmer. »Früh fertig geworden. Eine Premie­re in der Geschichte von Albemarle County.«

»Hurra.« Mim lächelte.

Jim klopfte Larry auf den Rücken, setzte sich hin. »Sieht sagenhaft aus.«

»Warte, bis du den Reis probierst. Gretchen hat kleine Stückchen Orangenschale reingetan.« Mim sah auf, als Gretchen ins Zimmer trat. »Einfach köstlich.«

»Klar doch, hab ich ja auch gemacht.« Gretchen servierte Jim Reis, Gemüse, machte ihm dann Salat an.

Die kleine Versammlung plauderte drauflos, sehr zu Larrys Er­leichterung. Wäre er noch länger mit Mim allein gewesen, dann wäre sie auf ihre Fragen nach dem Krankenhaus zurückgekommen.

Mim mußte alles wissen. Das war ihre Natur, so wie es Harrys Na­tur war, Rätsel zu lösen.

Und Larry wußte mehr, als er erzählte. Er könnte Mim nie belügen. Er war froh, daß er es nicht versuchen mußte.

23

Jeder Tag der Woche war wärmer als der vorige, und am Samstag stieg die Mittagstemperatur auf fünfzehn Grad, der März stand vor der Tür und brachte den üblichen steifen Wind, die ersten Krokusse und Rotkehlchen sowie die Hoffnung auf den bevorstehenden Früh­ling. Jedermann wußte, daß die Natur oft trickreich sein und noch Anfang April auf den Bergen und im Tal einen Schneesturm entladen konnte; gleichwohl, die Tage wurden länger, das diffuse Licht wurde heller, und die Leute dachten an Abnehmen, Gärtnern und Fröhlich­keit.

Die Jagdsaison endete Mitte März, was in Harry und ihren Freun­den widerstreitende Gefühle weckte. Sie liebten die Jagd, aber sie sagten dem Winter mit Freuden ade.

An diesem Samstag brach die Jagdgesellschaft von Harrys Farm aus auf. Bei dem schönen Wetter fanden sich mehr als vierzig Perso­nen ein, sehr ungewöhnlich für eine Jagd im Februar.

Als sie losritten, sahen Mrs. Murphy, Pewter und die erzürnte Tu­cker ihnen vom Stall aus nach.

Tucker schmollte.»Ich sehe nicht ein, warum ich nicht mit darf. Ich kann genauso schnell rennen wie so'n oller Jagdhund.«

»Du bist nicht zum Jagdhund ausgebildet.« Mrs. Murphy sprach seelenruhig diese Binsenwahrheit aus, die sie einmal im Jahr zu äu­ßern gezwungen war, wenn die Jagdgesellschaft sich auf Harrys Farm ein Stelldichein gab.

»Ha!«, bellte der kleine Hund.»Rumgehn, Nase am Boden. Biß­chen Witterung aufnehmen und mit dem Schwanz wedeln. Dann 'n bißchen schnellerlaufen und schließlich das Maul aufreißen und >hab 'ne Spur< kläffen. Kann doch nicht so schwer sein, oder?«

»Schwanz«, erwiderte Pewter lakonisch.

»Was soll das denn heißen?« Der Hund bellte um so lauter, je wei­ter sich die Meute entfernte, die sich nicht die Bohne um Tuckers Gebell scherte.

»Du hast keinen Schwanz, Tucker. Also kannst du nichts, aber auch gar nichts signalisieren.« Die Tigerkatze weidete sich an Tuckers Verfassung fast so sehr wie Pewter, die eine winzige boshafte Ader hatte.

»Das ist nicht euer Ernst, oder?« Sie war außer sich, ihre großen Hundeaugen blickten flehend.

»Aber klar doch.« Die zwei Katzen grinsten einträchtig.

»Ich könnte ihnen nachlaufen, könnte sie einholen und zeigen, was in mir steckt.«

»Und du kriegst dann vom Pikör eins mit der Peitsche aufs Hinter­teil.« Pewter lachte, als sie die mutigen Vorreiter erwähnte, die dafür verantwortlich waren, daß die Jagdhunde parierten.

»Ich nicht. Ein Jagdhund kriegt eins übergezogen«, erwiderte Tu­cker blasiert.»Ich finde, Mom müßte für die Hunde zuständig sein. Sie würde das gut machen. Sie hat Jagdhundgespür, aber nur, - weil ich ihr alles beigebracht habe, was sie weiß - über Hunde.«

»Hältst dir wohl viel auf deine Schlauheit zugute, wie?«, erwiderte Pewter sarkastisch.

Tucker ließ kurz die Ohren zurückschnellen, dann wieder nach vorn.»Du hast keine Ahnung von der Jagd außer auf Mäuse, und auf dem Gebiet bist du nicht gerade 'ne Leuchte. Und denk an den Blau­häher, der im Sturzflug über dich kommt, sich direkt vor dich hin­setzt, Pewter, und du kriegst ihn nicht zufassen.«