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Mrs. Thornton war als Französin zwar ein wenig versnobt, aber sie hatte Humor. Jefferson hingegen bildete sich seltsamerweise etwas auf seinen Pragmatismus und seine Effizienz ein.

Kimballs Suche zahlte sich aus. Er fand einen Hinweis auf Medley. Mrs. Thornton erwähnte ein mintgrünes Sommerkleid, das Martha Jefferson - Patsy - gehörte. Das Kleid, schrieb Mrs. Thornton, sei von Patsysdienstbarem Geist< Medley Orion genäht worden. Sie erwähnte auch, daß Medleys noch nicht voll erblühte Tochter unge­wöhnlich schön war, wie ihre Mutter, nur noch hellhäutiger. Ferner vermerkte sie, daß Medley und Martha Jefferson sich sehr gut ver­standen, »ein Wunder, wenn man bedenkt«, aber Mrs. Thornton hatte es für unangemessen gehalten, diesen bedeutungsschweren Satz zu Ende zu führen.

Mrs. Thornton ließ sich sodann eingehend über ihre Einstellung zur Sklaverei aus - sie war dagegen - und über ihre Einstellung zur Rassenmischung, die sie ebensowenig guthieß. Ihrer Meinung nach leistete die Sklaverei der Faulheit Vorschub. Ihre Begründung dieser Behauptung enthielt, so gewunden sie war, ein Körnchen Logik: Warum sollte man arbeiten, wenn man die Früchte seiner Mühen nicht behalten durfte? Ein Dach über dem Kopf, ein voller Bauch und Kleider am Leib waren keine ausreichende Motivation für Fleiß, vor allem wenn man sah, daß die eigene Arbeit der anderen Seite den Nutzen brachte.

Vor Aufregung fuhr Kimball auf seinem Nachhauseweg auf der Route 29 so schnell, daß er einen Strafzettel bekam; trotzdem schaff­te er die Strecke von Washington nach Charlottesville, für die man gewöhnlich zwei Stunden brauchte, bloß fünfzehn Minuten schnel­ler. Er konnte es nicht erwarten, Heike von seiner Entdeckung zu berichten. Er mußte sich noch überlegen, was er Oliver erzählen würde, der mit jedem Tag nervöser wurde.

29

Kimball Haynes, Harry, Mrs. Hogendobber, Mim Sanburne und Lu­cinda Coles zwängten sich in eine Nische im Metropolitan, einem Restaurant in der Innenstadt von Charlottesville. Das Metropolitan zeichnete sich durch ein angenehm schlichtes Interieur und phanta­stisches Essen aus. Lulu war zufällig durch das Einkaufszentrum geschlendert, als Kimball sie erblickte und zum Mittagessen mit den anderen einlud.

Beim Salat erläuterte er, was er über Medley Orion und Martha, Jeffersons Erstgeborene, herausgefunden hatte.

»Kimball, wie ich sehe, sind Sie der geborene Detektiv, aber wohin soll das führen?« fragte Mim. Sie wollte der Sache auf den Grund gehen.

»Wenn ich das wüßte.« Kimball schnitt in einen dünnen Mais­pfannkuchen.

»Ihr seid vielleicht alle zu jung, um eine gewisse rassistische Re­densart gehört zu haben.« Mim blickte zur Decke, denn sie hatte gelernt, derlei Redensarten zu verachten.»>Da ist irgendwo ein Nig­ger im Holzstoß. < Stammt ursprünglich von der Underground- Railroad-Bewegung her, die Sklaven zur Flucht verhalf. Aber ihr versteht, was es bedeutet.«

Lulu Coles zappelte auf ihrem Sitz. »Nein, ich nicht.«

»Jemand verbirgt etwas«, erklärte Mim knapp.

»Natürlich verbirgt jemand etwas. Sie haben es zweihundert Jahre verborgen, und jetzt steckt Martha Jefferson Randolph mit drin.« Lulu zügelte ihre Wut. Sie wußte, daß Mim Samson wegen seines Ausbruchs bei der Trauerfeier um Immobilienaufträge gebracht hat­te. So wütend Lucinda auf ihren Mann war, sie war klug genug, nicht zu wünschen, daß ihr Nettoeinkommen sank. Sie war grundsätzlich wütend, Punkt. Wenn sie in den Spiegel blickte, sah sie, daß ihre Mundwinkel sich nach unten zogen, genau wie bei ihrer Mutter, ei­ner verbitterten Frau. Sie hatte sich geschworen, es nie so weit kom­men zu lassen. Jetzt wurde sie zu ihrem Entsetzen wie ihre Mutter.

Harry kippte ihre Cola hinunter. »Mim meint, daßheute jemand etwas verbirgt.«

»Warum?« Susan fuchtelte mit den Händen in der Luft. Der Ge­danke war einfach absurd. »Es gibt also einen Mörder im Stamm­baum. In unseren Stammbäumen ist doch unterdessen alles vertreten. Wirklich, wen kümmert das schon?«

»Herr, errette meine Seele von den Lügenmäulern, von den fal­schen Zungen.< Psalm 120,2.« Mrs. Hogendobber hatte wie immer eine passende Bibelstelle parat.

»Verzeihen Sie, Mrs. H. aber es gibt noch ein treffenderes Zitat.« Kimball schloß die Augen und grub in seiner Erinnerung. »Ah, ja, ich hab's.>Ein Freund täuscht den andern und reden kein wahres Wort; sie fleißigen sich darauf, wie einer den andern betrüge, und ist ihnen leid, daß sie es nicht ärger machen können.<«

»Jeremia 9,5. Ja, das ist treffender«, stimmte Mrs. Hogendobber zu. »Ich meine zwar, es dürfte niemanden aus der Fassung bringen, wenn die Katze nach so vielen Jahren aus dem Sack gelassen wird, aber wenn es in die Zeitung und ins Fernsehen kommt, naja - ich kann's verstehen.«

Susan feixte. »Ja, dein Ummmrgroßvater wurde ermordet. Wie findest du das?«

»Oder dein Urur - wie viele Urs?« Harry wandte sich an Susan, die zwei Finger hochhielt. »Dein Ururgroßvater war ein Mörder. Soll man den Nachkommen des Opfers dafür eine Entschädigung zahlen? Offensichtlich ist unserer Gesellschaft der Begriff Privatsphäre ab­handen gekommen. Man kann doch niemandem zum Vorwurf ma­chen, daß er vor neugierigen Augen soviel wie nur möglich verber­gen will.«

»Genug davon. Kimball, Sie können gerne die Coles-Papiere ein­sehen. Vielleicht finden Sie dort den Mörder.« Lulu lächelte.

Kimball strahlte. »Das ist sehr großzügig von Ihnen. Die Coles- Papiere werden für mich von unschätzbarem Wert sein, auch wenn sie den Mörder nicht preisgeben.«

Mim rutschte auf der harten Bank hin und her. »Es wundert mich, daß Samson seine Schätze nicht der Alderman-Bibliothek gestiftet hat. Oder einer anderen Bibliothek, von der er meint, daß die Manu­skripte und Tagebücher dort gut aufgehoben sind. Mir persönlich ist natürlich die Alderman-Bibliothek die liebste.«

Sie hatte den Ölzweig hingestreckt. Lulu griff danach. »Ich werde versuchen, ihn zu überreden, Mim. Samson fürchtet, daß sein Familienarchiv beschriftet, in Kartons gepackt und nie wieder das Tages­licht sehen wird. Wenn es in ferner Zukunft jemand findet, wird es verrottet sein. Er verwahrt das ganze Material in seiner klimatisierten Bibliothek. Die Coles sind führend, was die Konservierung von Do­kumenten betrifft«, sie holte Luft, »aber vielleicht ist jetzt die richti­ge Zeit, anderen einen Einblick zu gewähren.«

»Ja.« Mim strahlte, als ihr Hauptgericht, pochierter Lachs in Dill­sauce, aufgetragen wurde. »Was hast du bestellt, Luanda? Ich hab's schon wieder vergessen.«

»Bries.«

»Ich auch.« Harry lief das Wasser im Mund zusammen, als ihr der verlockende Duft des Gerichts in die Nase stieg.

»Ein klasse Mittagessen.« Kimball nickte den Damen zu. »Schöne Frauen, köstliche Gerichte und Hilfe bei meinen Untersuchungen. Was will man mehr?«

»Ein Jagdpferd von 1,65m Stockmaß, das über ein meterhohes Hindernis setzt.« Harry ließ sich die mächtige Soße auf der Zunge zergehen.

»Ach, Harry, du mit deinen Pferden. Du hast Gin Fizz und Toma­hawk.« Susan stieß sie mit dem Ellbogen an.

»Die kommen allmählich in die Jahre«, klärte Mim Susan auf. Mim, die sich kaum eine Fuchsjagd entgehen ließ, verstand Harrys Wunsch. Sie verstand aber auch, daß Harrys Mittel spärlich waren, und nahm sich vor, vielleicht mal jemanden so unter Druck zu set­zen, daß er Harry ein gutes Pferd zu einem niedrigen Preis verkaufte.