Выбрать главу

»Erstaunlich.«

»Allerdings«, stimmte der Sheriff zu.

»Ich danke Ihnen«, sagte Mim höflich und legte auf.

»Nun?« fragte Cooper.

»Sie hat kein Riechsalz gebraucht.« Rick spielte auf die Damen der viktorianischen Zeit an, die beim Vernehmen unerfreulicher Neuig­keiten regelmäßig in Ohnmacht fielen. »Fahren wir schleunigst zu Kimball Haynes. Ich möchte ihn sprechen, ohne daß Oliver Zeve dabei ist. Oliver wird ihn kaltstellen, wenn er kann.«

»Boß, der Direktor von Monticello wird den Lauf der Gerechtigkeit nicht behindern. Ich weiß, daß Oliver da oben auf dem Drahtseil tanzt, aber er ist kein Verbrecher.«

»Nein, das nehme ich auch nicht an, aber er ist in dieser Angele­genheit so überempfindlich. Er wird Kimball Steine in den Weg le­gen, dabei denke ich, daß Kimball der einzige ist, der uns zu dem Mörder führen kann.«

»Ich glaube, es war Medley Orion.«

»Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, Sie sollen keine voreiligen Schlüsse ziehen?«

»Zigmillionenmal.« Sie verdrehte die großen blauen Augen. »Und ich tu's trotzdem.«

»Und zwar die meiste Zeit.« Er trat nach ihr, als sie an ihm vorbei­ging, um ihre Zigarette auszudrücken. »Zufällig bin ich Ihrer Mei­nung. Es war Medley oder ein Freund, ihr Vater, jemand, der ihr nahestand. Wenn wir nur das Motiv hätten - Kimball kennt die da­malige Zeit in- und auswendig, und er hat ein Gespür für die Men­schen.«

»Den hat's gepackt.«

»Häh?«

»Harry hat mir erzählt, Kimball brütet Tag und Nacht über diesem Fall.«

»Harry - demnächst läßt sie noch die Katze und den Hund darauf los.«

31

Die frische, schwere Nachtluft; trug Tuckers Nase Geschichten zu. Rehe folgten den warmen Luftströmungen, Waschbären strichen um Monticello herum, ein Opossum ruhte auf einem Ast des Schnee­glöckchenbaums in der Nähe der Terrasse, die Mrs. Murphy ebenso wie Kimball als Promenade empfand. Fledermäuse flogen im Tul­penbaum, in der Rotbuche und in den Dachtraufen des Ziegelhauses ein und aus.

»Ich bin froh, daß es in Monticello Fledermäuse gibt.« Mrs. Mur­phy sah den kleinen Tieren zu, die im rechten Winkel davonschießen konnten, wenn ihnen danach war.

»Warum?« Tucker setzte sich.

»Weil diese Stätte durch sie nicht ganz so hehr und erhaben ist. Zu Thomas Jeffersons Lebzeiten hat's hier bestimmt nicht so piekfein ausgesehen. Die Bäume können nicht so groß gewesen sein. Der Abfall mußte irgendwohin geschafft werden - verstehst du? -, und es muß ziemlich laut zugegangen sein. Jetzt herrscht ehrfürchtige Stille, wenn man mal von dem Füßeschlurfen der Besucher absieht.«

»Muß lustig gewesen sein, die vielen Enkelkinder, die Sklaven, die sich was zuriefen, das Klingklang in der Schmiede, das Wiehern der Pferde. Ich seh 's genau vor mir, und ich kann mir vorstellen, daß ein intelligenter CorgiMr. Jefferson auf seinen Ritten begleitet hat.«

»Denkste. Wenn er Hunde mitgenommen hätte, dann große, Dal­matiner oder Jagdhunde.«

»Dalmatiner?« Tucker ließ einen Moment die Ohren hängen, als sie an ihre gefleckten Rivalen dachte.»Er hatte bestimmt keine Dal­matiner. Ich glaube, er hatte Corgis. Wir sind gute Hiitehunde, und wir hätten uns nützlich machen können.«

»Dann wärt ihr aber draußen bei den Kühen gewesen.«

»Bei den Pferden.«

»Kühen.«

»Ach, was weißt du denn schon? Fehlt bloß noch, daß du behaup­test, eine Katze hat Jefferson die Hand geführt, als er die Unabhän­gigkeitserklärung schrieb.«

Mrs. Murphys Schnurrhaare zuckten.»Eine Katze hätte den Satz, daß alle Menschen gleich sind, niemals durchgehen lassen. Nicht nur, daß die Menschen nicht alle gleich sind, auch Katzen sind nicht alle gleich. Manche Katzen sind gleicher als andere, wenn du ver­stehst, was ich meine.«

Tucker kicherte.»Er hat die Erklärung in Philadelphia geschrie­ben. Vielleicht hat das seinen Verstand beeinträchtigt.«

»Philadelphia war damals eine schöne Stadt. Zum Teil ist sie das heute noch, aber sie ist einfach zu groß geworden. Alle unsere Städte werden zu groß. Aber egal, jedenfalls ist es absurd, so einen Satz zu Pergament zu bringen. Die Menschen sind nicht gleich. Und wir wissen genau, daß Frauen nicht gleich sind. Sie wurden damals nicht mal erwähnt.«

»Vielleicht meinte er vor dem Gesetz gleich.«

»Das soll ja wohl ein Witz sein. Hast du schon mal einen Reichen ins Gefängnis wandern sehen? Nein, das nehme ich zurück. Ab und zu wird mal ein Mafiaboß eingelocht.«

»Mrs. Murphy, wie hätte Thomas Jefferson von der Mafia träumen können? Als er die Unabhängigkeitserklärung schrieb, haben in den dreizehn Kolonien nur eine Million Menschen gelebt, und zwar überwiegend Engländer, Iren, Schotten und Deutsche. Und natürlich Afrikaner der unterschiedlichsten Stämme.«

»Die Franzosen nicht zu vergessen.«

»Mann, waren die blöd. Haben die sich doch glatt die Chance ver­masselt, sich die ganze Neue Welt unter den Nagel zu reißen.«

»Tucker, ich wußte gar nicht, daß du Franzosen nicht magst.«

»Die mögen keine Corgis. Die englische Queen mag Corgis, des­wegen finde ich die Engländer am nettesten.«

»Jefferson fand sie nicht nett.« Die seidigen Augenbrauen der Kat­ze zuckten auf und ab.

»Das war nicht fair, George III. war debil. Die ganze Weltge­schichte wäre vielleicht anders verlaufen, wenn er richtig getickt hätte.«

»Ja, aber das könnte man von jedem beliebigen Moment in der Ge­schichte sagen. Was wäre geschehen, wenn Julius Caesar am 15. März auf seine Frau Calpurnia gehört hätte, als sie ihn bat, nicht zum Forum zu gehen? Hüte dich vor den Iden des März. Was wäre geschehen, wenn der Anschlag von Katharina der Großen auf das Leben ihres schwachsinnigen Ehemannes danebengegangen und sie statt dessen getötet worden wäre? Momente. Wendepunkte. Jeden Tag hat irgendwo irgendwer einen Wendepunkt.

Ich würde die Gründung der Gesellschaft zur Verhinderung von Tierquälerei für die wichtigste Wende halten.«

Tucker stand auf und holte Luft.»Und ich die Gründung der Westminster-Hundeschau. Sag mal, riechst du das?«

Mrs. Murphy hob anmutig den Kopf.»Stinktier.«

»Laß uns lieber wieder reingehen. Wenn ich es sehe, jag ich es, und du weißt, was dann passiert. Stinktiergestank in Monticello!«