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»Ich bin auf der Suche nach einem Job, den ich nebenbei machen kann. Dann kann ich weiterarbeiten, wenn ich in Pension gehe. Diese Beamtenjobs sind streng geregelt. Ich werde mich pensionieren las­sen müssen.«

Miranda lachte. »Sie sind noch nicht einmal fünfonddreißig.«

»Aber es geht so schnell.«

»Das ist wahr. Das ist wahr.«

»Außerdem brauche ich Geld. Letzte Woche mußte ich den Verga­ser meines Traktors auswechseln. Versuchen Sie mal, einen Vergaser für einen 1958er John Deere zu finden. Mein Traktor ist inzwischen aus einem Sammelsurium aus allen Zeiten zusammengesetzt. Und ich weiß nicht, wie lange der Transporter noch durchhält, er ist ein 1978er. Ich brauche Allradantrieb - das Haus muß innen gestrichen werden. Wo soll ich das Geld hernehmen?«

»Sie hatten es leichter, als Sie verheiratet waren. Es ist unrealistisch zu vermuten, daß man auf das Gehalt eines Mannes verzichten kann. Scheidung und Armut scheinen für die meisten Frauen ein und das­selbe zu sein.«

»Ich konnte mich ganz gut selbst ernähren, bevor ich verheiratet war.«

»Damals waren Sie jünger. Sie hatten kein Haus zu unterhalten. Mit den Jahren wird ein gewisser Komfort immer wichtiger. Wenn ich meine Kaffeemaschine, meine Heizdecke und meinen Toaster nicht hätte, wäre ich ein halber Mensch«, scherzte sie. »Und die Or­gel, die mir George zu meinem fünfzigsten Geburtstag gekauft hat? Ohne sie könnte ich nicht leben.«

»Ich hätte gern einen Toyota Land Cruiser. Aber den kann ich mir nicht leisten.«

»Hat Mim so einen?«

»Sie hat doch alles. Ja, sie hat den Land Cruiser und Jim den Range Rover. Little Marilyn hat auch einen Range Rover. Wenn man vom Teufel spricht.«

Mim hielt vor dem Postamt und blieb zunächst im Wagen sitzen. Sie wußte nicht recht, ob der Regen wohl aufhören würde. Da er nicht nachließ, stürmte sie in Windeseile ins Postamt. »Huuh«, stöhnte sie, als sie die Tür hinter sich zumachte. Weder Harry noch Mrs. Hogendobber sagten etwas über die schlafende Mrs. Murphy. Mim öffnete ihr Postfach. »Ein Katzenschwanz. Ich habe mir schon immer einen Katzenschwanz gewünscht. Und einen Katzenhintern. Mrs. Murphy, was machst du da?« fragte sie, während sie die Katze sachte in den Schwanz kniff.

»Laß mich in Ruhe. Ich zieh dich auch nicht am Schwanz«, rief Mrs. Murphy empört.

Harry und Miranda lachten. Harry ging zu der Katze hinüber, deren Augen jetzt halb offen waren. »Komm, Schätzchen, raus da.«

»Ich hab's gerade so gemütlich.«

Harry spürte einen heftigen Widerstand, deshalb schob sie ihre Hände unter Mrs. Murphys Vorderbeine und zog sie sanft hervor, wobei die Tigerkatze sie wüst beschimpfte. »Ich weiß, daß du's da drin gemütlich hast, aber Mrs. Sanburne muß ihre Post holen. Du kannst später wieder rein.«

Tucker hob den Kopf, um das Theater zu beobachten, erfaßte die Situation und legte den Kopf wieder auf die Erde.

»Du bist ja wirklich eine riesige Hilfe«, hielt die Katze dem Hund vor.

Tucker schloß die Augen. Wenn sie Mrs. Murphy ignorierte, würde die Katze sich am Ende in ihr Schicksal fügen.

»Hat sie meine Post auch gelesen?« fragte Mim.

»Hier ist sie.« Miranda reichte Mim ihre Post. Der Diamant ihres Verlobungsrings, in einer lanzettförmigen Fassung, fing das Licht ein und warf einen winzigen Regenbogen an die Wand.

»Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen. Ach, und das habe ich mir schon immer gewünscht, einen Katalog vom Victoria's-Secret- Wäscheversand.« Sie übergab ihn stillschweigend dem Papierkorb und bemerkte, daß Harry und Miranda sie beobachteten. »Ich liebe meinen Kaschmirmorgenrock. Aber dieses sexy Zeug ist mehr was für Leute in Ihrem Alter, Harry.«

»Ich schlafe nackt.«

»Ein ehrliches Bekenntnis.« Mim lehnte sich an den Schalter. »Wie ich höre, habt ihr beide Kimball Haynes geholfen. Schätze, er hat euch von dem Pathologiebericht erzählt, oder wie man das nennt.«

»Ja«, sagte Miranda.

»Wir müssen nur noch einen zweiunddreißigjährigen Weißen fin­den, der möglicherweise leicht mit dem linken Bein gehinkt hat - im Jahre 1803.«

»Oder mehr über Medley Orion herausfinden.« »Es ist ein einziges Puzzlespiel.« Mim verschränkte die Arme. »Ich habe heute morgen mit Lulu gesprochen. Kimball war gestern den ganzen Tag bei ihnen, und Samson ist wütend auf sie.«

»Warum?« fragte Harry unschuldig.

»Ach, sie sagt, er war verärgert. Und sie hat zugegeben, daß sie vielleicht hätte warten sollen, bis Samson zu Hause war. Ich weiß nicht. Die zwei.« Sie schüttelte den Kopf.

Wie aufs Stichwort kam Samson mit Kunden aus Los Angeles ins Postamt gestapft. »Hallo, alle miteinander. Ein Glück, daß ich dich hier treffe, Mim. Ich möchte dich mit Jeremy und Tiffany Diamond bekannt machen. Das ist Marilyn Sanburne.«

Mim streckte die Hand aus. »Sehr erfreut.«

»Ganz meinerseits.« Jeremy's Lächeln ließ gut gearbeitete Kronen sehen. Seine Frau hatte ihr zweites Gesichtslifting hinter sich, und ihr Lächeln paßte nicht mehr so ganz zu ihren Lippen.

»Die Diamonds wollen sich Midale ansehen.«

»Ah«, gurrte Mim. »Eines der originellsten Häuser in Mittelvirgi­nia. Das erste mit einer freitragenden Treppe, glaube ich.«

Samson machte die Diamonds mit Harry und Miranda bekannt.

»Ist das nicht malerisch?« fragte Tiffany mit affektierter Stimme. »Und sogar Tiere haben Sie hier. Wie niedlich.«

»Sie sortieren die Post.« Harry reagierte zögerlicher auf diese Leute als Mim. Sie wunderte sich nur über den Überlegenheitsdünkel der Großstadtmenschen. Wer in einer Kleinstadt lebte, dachten die wohl, mußte entweder anspruchslos oder einfältig sein - oder beides.

»Wie niedlich.«

Jeremy wischte ein paar Regentropfen von seinem grünblau einge­färbten Schweinslederblazer. »Samson hat uns von seiner Vorfahrin erzählt, Thomas Jeffersons Mutter.«

War ja klar, dachte Harry bei sich. »Samson und Mrs. Sanburne - Mrs. Sanburne ist übrigens die Vorsitzende - haben Gelder für die Restaurierungsarbeiten in Monticello gesammelt.«

»Ah, und sagen Sie, was ist mit der Leiche in den Sklavenquartie­ren? Jetzt weiß ich, warum Sie mir bekannt vorkommen.« Er sah Mim an. »Sie waren im Fernsehen in der Morgenshow mit Kyle Kottner. Glauben Sie wirklich, daß das Opfer ein Verfolger war?«

»Wer es auch immer war, der Mann war irgendwie gefährlich«, erwiderte sie.

»Wäre es nicht eine Ironie des Schicksals, Samson, wenn es sich um einen Ihrer Verwandten handeln würde?« fragte Tiffany und versetzte Samsons Ego damit einen Stich. Ihre unglückliche Beses­senheit, jung und niedlich auszusehen, und ihre leichte Überheblich­keit hatten ihren Verstand nicht getrübt. Sie hatte genug von Sam­sons Stammbaumprahlerei gehört.

Harry unterdrückte ein Kichern. Mim weidete sich an Samsons Unbehagen, zumal sie ihm sein Benehmen auf Wesleys Trauerfeier noch nicht ganz verziehen hatte.

»Nun ja« - er schluckte -, »wer weiß? Statt von der Vergangenheit zu leben, muß ich womöglich mit ihr leben.«

»Ich lebe lieber in der Gegenwart«, erwiderte Tiffany, obwohl ihr Drang, ihr Gesicht im Zustand von vor zwanzig Jahren zu erhalten, auf das Gegenteil schließen ließ.

Als sie dem Postamt den Rücken gekehrt hatten, lehnte sich Mim an den Schalter. »Ein scharfes Weib.«

»Sie hat Samson durchschaut, das steht fest.«

»Harry« - Mim wandte sich Miranda zu -, »Miranda, habt ihr ir­gendwas rausgefunden?«

»Bloß, daß Medley Orion nach 1826 bei Martha Jefferson Ran­dolph gelebt hat. Sie hat ihr Handwerk weiter ausgeübt. Sie hatte eine Tochter, aber ihren Namen wissen wir nicht.«