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»Wann möchten Sie anfangen?«

»Wie wär's mit heute, nach der Arbeit? Oh, und Mim, ich muß Mrs. Murphy und Tucker mitbringen, sonst müßte ich sie vorher nach Hause schaffen. Churchill wird doch nichts dagegen haben, oder?«

Churchill war Mims prächtiger englischer Setter, der schon viele Preise gewonnen hatte. »Nein.«

»Pewter muß auch mit«, erinnerte Miranda Harry an ihren Gast.

»Ellie Wood hat sich noch nicht von dem Vorfall mit dem Schwei­nebraten erholt. Dabei fällt mir ein, ich glaube, sie ist eine entfernte Verwandte von einem der Eppes von Poplar Forest. Francis, Pollys Sohn.«

Polly war der Spitzname von Maria, Thomas Jeffersons jüngster Tochter, die am 14. April 1804 starb, was ihren Vater in tiefe Trauer stürzte. Glücklicherweise lebte ihr Sohn Francis, geboren 1801, bis 1881, aber mit Jeffersons anderen Enkelkindern hatte er die Folgen von der posthumen finanziellen Katastrophe des Präsidenten zu tra­gen.

»Wir werden jeden Stein umdrehen«, gelobte Mrs. Hogendobber.

40

Während Harry, Mrs. Hogendobber und Deputy Cooper sich an die­sem Abend in Mims atemberaubender Kirschholzbibliothek an die Arbeit machten, arbeitete Fair im Stall. Papierkram war ihm zuwider. Er beschäftigte sich gewissenhaft damit, wenn er mußte, aber er wunderte sich noch heute, wie er seinen hervorragenden Abschluß am Albemarle-Veterinär-College geschafft hatte. Vielleicht war das Lesen ihm damals leichter gefallen, aber heute war es ihm regelrecht verhaßt.

Er raspelte die Zähne von Mims sechs Vollblutpferden und feilte die scharfen Ecken. Weil der Oberkiefer von Pferden etwas breiter ist als der Unterkiefer, nutzen sich die Zähne ungleichmäßig ab, weswegen ständige Pflege und Kontrolle erforderlich sind. Wenn die Zähne zu scharf und kantig werden, stören sie das Tier, wenn es ein Gebiß im Maul hat, was zuweilen das Reiten erschwert, und weil es sein Futter dann nicht mehr so gut kauen kann, kommt es oft zu Ver­dauungs- oder Ernährungsstörungen.

Mims Futtermeister hielt die Pferde, während Mim plaudernd auf einem Klappstuhl saß. »Sie haben mich bekehrt, Fair. Ich weiß nicht, wie ich ohne Strongid C gelebt habe. Die Pferde fressen weniger und erhalten mehr Nährstoffe aus ihrem Futter.« Strongid C war ein neu­es Wurmmittel in Pillenform, das der täglichen Futterration beigege­ben wurde. Das ersparte dem Besitzer die monatliche Behandlung mit Wurmpaste, die für beide Seiten unangenehm war.

»Schön. Es hat eine Weile gedauert, einige meiner Kunden zu über­zeugen, aber ich erziele gute Ergebnisse.«

»Pferdeliebhaber sträuben sich immer gegen Veränderungen. Ich weiß nicht, warum, aber so sind wir eben.« Sie zog eine hübsche Lederpeitsche aus einem Schirmständer. »Wie geht's den Whee­lers?«

»Sie heimsen auf Jagdpferd- und Reitpferdschauen die Preise ein, wie immer. Sie sollten mal nach Cismont Manor gehen, Mim, und sich den Nachwuchs ansehen. Gut, wirklich gut.« Er war mit ihrem hellen Braunen fertig. »Ich finde, Sie haben eins der besten Jagd­pferde weit und breit.«

Sie strahlte. »Finde ich auch. Ich halte nichts von falscher Beschei­denheit. Warren beherrscht den Markt für Vollblutrennpferde.«

»Markt?« Fair schüttelte den Kopf. Die Depression, lachhafterwei­se Rezession genannt, sorgte in Verbindung mit der veränderten Steuergesetzgebung dafür, daß der Handel mit Vollblütern immer schwieriger wurde. Da die meisten Kongreßabgeordneten keine Grundbesitzer mehr waren, hatten sie keine Ahnung, was sie den Züchtern und Farmern mit ihren blödsinnigenReformen angetan hatten.

Mim drehte den Peitschengriff zwischen ihren Händen. »Ich sage Jim immer wieder, er soll für den Kongreß kandidieren. Dann gäbe es wenigstens eine vernünftige Stimme in dem Irrenhaus. Er will nicht. Will nichts davon hören. Er sagt, eher beißt er sich in den Hin­tern. Fair, haben Sie auf Ihren Touren ein Jagdpferd zu einem ver­nünftigen Preis gesehen?«

»Mim, was für Sie vernünftig ist, muß für mich noch lange nicht vernünftig sein.«

»Das ist wohl wahr«, sagte sie verständnisvoll. »Ich will direkt zur Sache kommen. Gin Fizz und Tomahawk werden langsam alt, und Sie wissen, bei Harry herrscht gerade Ebbe in der Kasse.«

Er seufzte. »Ich weiß. Sie wollte absolut keinen Unterhalt anneh­men. Mein Anwalt hat gesagt, es wäre verrückt, darauf zu bestehen. Ich behandele ihre Tiere umsonst, und es ist ein Kampf, sie dazu zu kriegen, daß sie wenigstens das annimmt.«

»Die Hepworths wie die Minors waren schon immer eigen, wenn's ums Geld ging. Ich weiß nicht, wer schlimmer war, Harrys Mutter oder ihr Vater.«

»Mim, ich bin - gerührt, daß Sie an Harry denken.«

»Gerührt oder erstaunt?«

Er lächelte. »Beides. Sie haben sich verändert.«

»Zum Besseren?«

Er hielt abwehrend die Hände in die Höhe. »Das ist eine vielschich­tige Frage. Sie wirken glücklicher und bemühen sich freundlicher zu sein. Wie hört sich das an?«

»Ich war es leid, eine Zimtzicke zu sein. Aber das Komische oder auch nicht so Komische an Crozet ist, sobald die Leute eine Vorstel­lung von einem haben, wollen sie sich nicht mehr davon lösen. Nicht, daß ich die Leute nicht vor den Kopf stoße, aber dank eines kleinen Schreckens in meinem Leben habe ich erkannt, daß das Le­ben wirklich kurz ist. Daß ich so überheblich war, hat mir wohl das Gefühl gegeben, überlegen zu sein, aber ich war nicht glücklich, ich habe meinen Mann nicht glücklich gemacht, und die Wahrheit ist, hinter der Zuvorkommendheit meiner Tochter verbirgt sich Verach­tung für mich. Ich war keine gute Mutter.«

»Aber eine gute Reiterin.«

»Danke. Finden Sie, daß ein Stall uns zu ehrlichen Menschen macht?«

»Ein Stall ist was Realistisches. Die Gesellschaft ist nicht reali­stisch.« Er betrachtete Mim; ihre tadellose Frisur, die langen Finger­nägel, die erlesene Kleidung, die selbst im Stall perfekt war. Das Tier namens Mensch kann sich zu jeder Zeit seines Lebens entwickeln, wenn es nur will. Äußerlich war Mim wie immer, aber innerlich war sie im Begriff, sich zu wandeln. »Hören Sie, Evelyn Kerr hat eine kräftige Percheronkreuzung von 1,67m Stockmaß. Die Stute ist jung, erst sechs Jahre alt, aber Harry kann sie trainieren. Guter Knochen­bau, Mim. Und gute Hufe. Allerdings hat sie einen etwas großen Kopf, wie ein Zugpferd, aber keine Römernase und keine Koten an den Fesseln. Ruhige Gangarten.«

»Warum will Evelyn das Pferd verkaufen?«

»Sie hat Handyman. Als sie sich zur Ruhe setzte, dachte sie, sie würde mehr Zeit haben, und deshalb hat sie dieses junge Pferd ge­kauft. Aber Evelyn ist wie Larry Johnson. Sie arbeitet im Ruhestand mehr als vorher.«

»Sprechen Sie mit ihr, ja? Würden Sie für mich die Fühler aus­strecken? Ich möchte die Stute gern kaufen, wenn sie geeignet ist, und dann kann Harry sie nach und nach bei mir abbezahlen.«

»Ach - lassen Sie mich die Stute kaufen. Ich wollte, ich wäre selbst auf die Idee gekommen.«

»Wir können uns die Kosten teilen. Braucht ja niemand zu wissen, oder?« Mim schwenkte die Beine unter ihren Stuhl.

41

Die Nacht war unverhältnismäßig kalt. Reverend Jones hatte in sei­nem Arbeitszimmer, seinem Lieblingsraum, Feuer gemacht. Den dunkelgrünen Ledersesseln sah man an, daß sie schon viele Jahre in Gebrauch waren; Decken waren über die Armlehnen geworfen, da­mit man die abgeschabten Stellen nicht sah. Gewöhnlich wickelte sich Herb Jones eine dieser Decken um die Beine, wenn er las, wobei ihm Lucy Fur Gesellschaft leistete, die junge Maine-Coon-Katze, die er angeschafft hatte, um Elevation, seine erste Katze, aufzumuntern.