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Heute leisteten Ansley und Warren Randolph sowie Mim Sanburne ihm Gesellschaft. Sie waren mit den Vorbereitungen für Kimball Haynes' Gedenkfeier fast fertig.

»Miranda kümmert sich um die Musik.« Mim hakte den Punkt auf ihrer Liste ab. »Little Marilyn hat das Essen bestellt. Du die Blu­men.«

»Ja.« Ansley nickte.

»Und ich lasse das Programm drucken.« Warren kratzte sich am Kinn. »Oder wie soll man das nennen? Ein Programm ist es eigent­lich nicht.«

»In memoriam«, schlug Ansley vor. »Aber egal, wie man's nennt, du hast es großartig gemacht. Ich hatte keine Ahnung, daß du soviel über Kimball wußtest.«

»So viel wußte ich gar nicht. Ich hab Oliver Zeve nach Kimballs Lebenslauf gefragt.«

Ohne von ihrer Liste aufzusehen, hakte Mim die nächsten Punkte ab. »Parkplätze.«

»Dafür sorgt Monticello, oder sollte ich sagen: Oliver?«

»So, das war's dann.« Mim legte ihren Bleistift hin. Sie hätte sich den teuersten Bleistift leisten können, aber sie zog Holzstifte vor, Eagle Mirado Nr. 1. Sie trug immer ein Dutzend davon bei sich, in dem Pappetui, in dem sie verkauft wurden, und dazu einen Anspit­zer.

Die kleine Gruppe blickte ins Feuer.

Herb riß sich von der hypnotischen Kraft der Flammen los. »Kann ich jemandem noch was zu trinken holen? Kaffee?«

»Nein danke«, antworteten alle.

»Herb, Sie kennen doch die Geheimnisse der Menschen. Sie und Larry Johnson.« Ansley faltete die Hände. »Haben Sie irgendeine Idee, eine Ahnung, und wenn sie noch so abwegig ist?«

Herb hob den Blick zur Decke, dann schaute er wieder in die Grup­pe. »Nein. Ich bin die Fakten, also die, die wir kennen, im Geiste so oft durchgegangen, bis mir schwindlig wurde. Ich bin auf nichts ge­stoßen. Aber selbst wenn Kimball oder der Sheriff das Geheimnis der Leiche in Monticello aufgedeckt hätte - ich weiß nicht, ob das etwas mit Kimballs Ermordung zu tun hat. Es wäre naheliegend, da einen Zusammenhang zu suchen, aber ich kann kein Verbindungs­glied finden.«

Mim stand auf. »Ich muß jetzt gehen. Wir haben in kürzester Zeit eine Menge auf die Beine gestellt. Ich danke Ihnen allen.« Sie zöger­te. »Ich bedaure die Umstände, so gern ich mit Ihnen zusammenar­beite.«

Warren und Ansley gingen etwa zehn Minuten später. Auf der Fahrt durch die Dunkelheit hielten die kurvigen Straßen Warren wach.

»Schatz.« Ansley achtete auf Rehe am Straßenrand - das Scheinwerferlicht würde sie blenden. »Hast du jemandem erzählt, daß Kimball die Randolph-Papiere gelesen hat?«

»Nein, du?«

»Natürlich nicht - es würde den Verdacht auf dich lenken.«

»Auf mich, wieso?«

»Weil Frauen selten morden.« Sie blinzelte in die pechschwarze Nacht. »Fahr langsamer.«

»Glaubst du, ich habe Kimball umgebracht?«

»Hm, ich weiß, daß du Mim den Brief mit den ausgeschnittenen Buchstaben geschickt hast.«

Er nahm vor einer tückischen Kurve den Fuß vom Gas. »Wie kommst du darauf, Ansley?«

»Ich hab denNew Yorker in der Bibliothek im Papierkorb gesehen. Ich hatte ihn noch nicht gelesen, deshalb habe ich ihn herausgefischt, und da habe ich entdeckt, was du mit deiner Schere angerichtet hast.«

Den Rest des Heimwegs, es waren nur noch drei Kilometer, blickte er finster vor sich hin. Als sie in der Garage waren, stellte er den Motor ab, dann packte er Ansley am Handgelenk. »Du bist nicht so schlau, wie du denkst. Misch dich da nicht ein.«

»Ich will wissen, ob ich mit einem Mörder zusammenlebe.« Sie triezte ihn: »Und wenn ich dir mal im Weg bin?«

Er hob die Stimme. »Verdammt noch mal, ich habe Mim Sanburne einen Streich gespielt. Zugegeben, es war nicht besonders geistreich, aber es hat Spaß gemacht; denk doch nur mal daran, wie sie mich und alle anderen seit jeher nach ihrer Pfeife tanzen läßt. Halt du bloß deinen Mund.«

»Ist doch klar.« Sie preßte die Lippen zusammen, so daß sie noch schmaler wurden, als sie sowieso schon waren.

Ohne ihr Handgelenk loszulassen, fragte er: »Hast du die Papiere gelesen? Das blaue Tagebuch?«

»Ja.«

Jetzt ließ er ihr Handgelenk los. »Ansley, jede alteingesessene Fa­milie in Virginia hat ihr Quantum an Pferdedieben, Schwachsinnigen und schlichtweg miesen Kerlen. Wo ist der Unterschied, ob sie 1776 schlecht oder verrückt waren oder heute? Man wäscht seine schmut­zige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit.«

»Da hast du recht.« Sie öffnete die Wagentür, um auszusteigen, und er tat dasselbe.

»Ansley?«

»Ja?« Sie drehte sich auf dem Weg zur Tür um.

»Hast du wirklich auch nur eine Minute gedacht, daß ich Kimball Haynes getötet habe?«

»Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll.« Verdrossen erreichte sie die Tür, öffnete sie und ließ sie zuknallen, ohne sich umzusehen. Dabei zerquetschte sie Warren fast die Nase.

42

Harry, Mrs. Hogendobber und Deputy Cooper waren vom vielen Lesen ganz erschöpft. Mim war über die Wayles/Coolidge-Linie mit Thomas Jefferson verwandt. Ellen Wayles Randolph, seine Enkel­tochter, hatte am 27. Mai 1825 Joseph Coolidge junior geheiratet. Sie hatten sechs Kinder, und Mims Mutter war mit einer Cousine dieser Nachkommenschaft verwandt.

Es war eine Verbindung mit Thomas Jefferson, wenn auch eine ent­fernte. Ellen unterhielt eine lebhafte Korrespondenz mit der Familie ihres Mannes. Ellen, das Energiebündel unter Marias - alias Pollys - Kindern, hatte von ihrem Großvater die Sprachgewandtheit geerbt, während ihr älterer Bruder, genannt Jeff, von seinem Urgroßvater Peter Jefferson die mächtige Statur und die unglaubliche Stärke hatte.

In einem der Briefe war nebenbei erwähnt, daß Ellens Bruder, Ja­mes Madison Randolph, sich unsterblich in eine große Schönheit verliebt hatte und anscheinend zu einer überstürzten Heirat ent­schlossen war.

Harry las den Brief wieder und wieder; sie schloß die überschäu­mende Verfasserin sogleich in ihr Herz. »Miranda, daß James Madi­son Randolph verheiratet war, ist mir neu.«

»Ich bin mir nicht sicher. Er ist aber jung gestorben. War erst acht­undzwanzig, glaube ich.«

»Die Familien waren damals ja wirklich riesig«, jammerte Deputy Cooper, der das ganze Unterfangen allmählich über den Kopf wuchs. »Thomas Jeffersons Eltern hatten zehn Kinder. Sieben haben das Erwachsenenalter erreicht.«

Miranda schob ihre Halbbrille hoch. Als sie ihr wieder auf die Nase rutschte, nahm sie sie ab und legte sie auf das Tagebuch, das sie vor sich hatte. »Jane, seine Lieblingsschwester, ist mit fünfundzwanzig gestorben. Die debile Elizabeth starb ebenfalls, ohne geheiratet zu haben. Der Rest von Thomas' Geschwistern ist in Virginia geblieben und hat Jefferson eine ganze Reihe Nichten und Neffen beschert. Und er hing an ihnen. Er hat Peter und Sam Carr, die Kinder seiner Schwester Martha, aufgezogen. Dabney Carr, der Mann von Martha, war sein bester Freund, wie Sie wissen.«

»Noch eine Martha?« stöhnte Cynthia. »Seine Frau, seine Schwe­ster und seine Tochter hießen alle Martha?«

»Dabney ist jung gestorben, er war noch keine Dreißig, und Tho­mas sorgte für die Erziehung der Jungen«, fuhr Miranda fort, ganz in ihrem Element. »Ich bin überzeugt, es war Peter, der mit Sally He­mings vier Kinder gezeugt hat. Es gab einen Aufruhr, als Jefferson eine von Sallys Töchtern freiließ, Harriet, eine umwerfende Schön­heit. Das war 1822. Man kann verstehen, warum die Familie Jeffer­son so eng zusammengehalten hat.«

Deputy Cooper rieb sich die Schläfen. »Stammbäume treiben mich zum Wahnsinn.«

»Des Rätsels Lösung liegt irgendwo zwischen Jeffersons Schwe­stern und seinem Bruder Randolph oder bei einem seiner Enkelkin­der«, erklärte Harry. »Glauben Sie, daß Randolph schwachsinnig war? Vielleicht nicht so schlimm wie Elizabeth.«