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Mrs. Murphy steckte den Kopf aus der Öffnung.»Eine Art Ver­steck, Tucker. Bücher vielleicht oder Schmuckschatullen. Wir können es nicht aufkriegen.«

»Glaubst du, die Menschen werden es finden?«

»Vielleicht ja, vielleicht nein.« Paddys hübsche Züge erschienen jetzt neben Mrs. Murphy.

»Wenn die Arbeiter den Kamin neu verfugen, steht es fünfzig zu fünfzig, ob sie hier reingucken oder bloß Steine reinstecken und mit Mörtel verkleistern«, überlegte Mrs. Murphy laut.»Der Fund ist zu gut, um wieder verlorenzugehen.«

»Vielleicht ist es ein Schatz.« Tucker grinste.»Der verlorene Schatz von Claudius Crozet!«

»Der ist im Tunnel, in einem von den Tunnels«, sagte Paddy, der wußte, daß der Ingenieur Crozet vier Tunnels durch die Blue Ridge Mountains getrieben hatte, eine der Großtaten der Ingenieurkunst des 19. Jahrhunderts - oder aller Jahrhunderte. Er hatte sein Meisterwerk ohne Hilfe von Dynamit vollbracht, das damals noch nicht erfunden war.

»Was glaubst du, wie lange das schon hier drin ist?« fragte Paddy.

Mrs. Murphy drehte sich um und beklopfte die Ölhaut.»Hm, wenn jemand das, sagen wir, in den letzten zehn oder zwanzig Jahren ver­steckt hätte, hätte er vermutlich Plastik genommen. Ölhaut ist teuer und schwer zu bekommen. Mom wollte mal so einen australischen Regenmantel zum Reiten haben, aber das Ding sollte über 225 Dol­lar kosten, glaube ich.«

»Zu schade, daß die Menschen kein Fell haben. Denk nur, was sie dann an Geld sparen würden«, sagte Paddy.

»Ja, und sie müßten sich keine Gedanken mehr darüber machen, welche Farben man trägt, denn Fell ersetzt alle Farben. Seht mich an«, bemerkte Tucker.»Oder Mrs. Murphy. Könnt ihr euch gestreif­te Menschen vorstellen?«

»Sie würden erheblich besser aussehen!« schnurrte Paddy.

Mrs. Murphy, deren Gedanken schon weiterrasten, während die Felldiskussion noch in vollem Gange war, sagte:»Wir müssen Larry hierher kriegen.«

»Keine Chance.« Paddy setzte geringe Hoffnungen auf menschli­che Intelligenz.

»Du bleibst hier und steckst den Kopf aus dem Loch. Tucker und ich holen ihn. Wenn wir ihn nicht herlotsen können, kommen wir allein wieder, aber du rührst dich nicht von der Stelle, okay?«

»Befehlen konntest du schon immer gut.« Er lächelte diabolisch.

Mrs. Murphy landete in der Feuerstelle und flitzte zur Tür hinaus, Tucker dicht hinterher. Sie überquerten den Rasen und blieben unter dem Küchenfenster stehen, wo ein Licht schimmerte. Larry machte sich gerade seine Tasse Morgenkaffee.

»Du bellst, ich spring auf das Fenstersims.«

»Das Fenstersims ist viel zu schmal«, sagte Tucker.

»Ich kann mich wenigstens davon abstoßen.« Und dies tat Mrs. Murphy, während Tucker kläffte wie verrückt. Der Anblick des ge­streiften Tieres, das vier Pfoten an eine Fensterscheibe stemmte und sich dann abstieß, machte Larry ruckartig hellwach. Der zweite Stoß von Mrs. Murphy brachte ihn vollends auf Touren. Er öffnete die Hintertür, und als er die zwei Racker sah, dachte er, sie wollten ihm Gesellschaft leisten.

»Mrs. Murphy, Tucker, kommt rein.«

»Komm du raus«, bellte Tucker.

»Ich lauf rein und gleich wieder raus.« Mrs. Murphy sauste an Lar­ry vorbei, wobei sie flüchtig seine Beine streifte, machte eine Kehrt­wendung und flitzte zwischen seinen Beinen hindurch wieder hinaus.

»Was habt ihr zwei bloß?« So perplex er war, der alte Herr fand das Schauspiel äußerst amüsant.

Noch einmal sauste Mrs. Murphy hinein und gleich wieder hinaus, während Tucker nach vorn rannte, bellte und ein paar Schritte fort­lief.»Komm mit, Doc. Wir brauchen dich!«

Larry, ein intelligenter Mann, soweit sich das von einem Menschen sagen ließ, folgerte aus dem Verhalten der zwei Tiere, die er kannte und schätzte, daß sie äußerst erregt waren. Er schnappte sich seine alte Jacke, klatschte sich seinen Filzdeckel auf den Kopf und folgte ihnen. Er fürchtete, daß ein anderes Tier oder gar ein Mensch verletzt war. Er hatte davon gehört, daß Tiere Menschen zu einem verletzten geliebten Wesen geführt hatten, und plötzlich durchfuhr ihn eine Angst. Wenn nun Harry auf dem Weg zur Arbeit etwas zugestoßen war?

Er folgte ihnen in den Anbau. Als er durch die Tür getreten war, blieb er stehen, während Mrs. Murphy und Tucker zum Kamin sau­sten.

»Heul, Paddy. Dann denkt er, du bist eingeklemmt oder so was!«

Paddy sang, so laut er konnte:»Wälz mich, wälze mich im Saal, leg mich flach und mach's noch mal.«

Tucker kicherte. Mrs. Murphy sprang zu Paddy hinauf, verzichtete jedoch darauf, in den Gesang einzustimmen. Larry ging zum Kamin und erblickte Paddy, der den Kopf zurückgeworfen hatte und träller­te, was das Zeug hielt.

»Bist du eingeklemmt?« Larry sah sich nach einer Leiter um. Er fand keine, erspähte aber einen großen Farbeimer. Als er ihn am Henkel in die Höhe hob, merkte er, wie schwer er war. Er schleppte ihn zum Kamin unter die Öffnung, wo die Katzen jetzt erbärmlich miauten, und stellte sich vorsichtig darauf. Er konnte gerade eben hineinsehen.

Er griff nach Paddy, der zurückfuhr. »Aber, aber, Paddy, ich tu dir doch nichts.«

»Das weiß ich, du Trottel. Du sollst gucken.«

»Seine Augen sehen nicht gut im Dunkeln, außerdem ist er alt. Bei alten Leuten sind sie besonders schlecht«, klärte Mrs. Murphy ihren Exmann auf.»Kratz an der Ölhaut.«

Paddy kratzte wie toll. Seine Krallen machten kleine Knallgeräu­sche, als er an dem robusten Tuch zerrte.

»Blinzel, Larry, und dann guck richtig hin«, empfahl Mrs. Murphy.

Als hätte er verstanden, beschattete Larry die Augen und spähte hinein. »Was in drei Teufels Namen.?«

»Lang rein«, forderte Mrs. Murphy ihn auf, gleichzeitig bewegte sie sich rückwärts auf den Schatz zu.

Larry stützte sich mit der linken Hand, die unterdessen rußver­schmiert war, am Kamin ab und griff mit der rechten hinein. Mrs. Murphy leckte ihm zur Ermunterung die Finger. Er ertastete die Öl­haut. Paddy sprang vor und kam an die Öffnung. Mrs. Murphy ver­suchte, das Paket zu schubsen, aber es war zu schwer. Larry zog und zerrte, und es gelang ihm, die schwere Last zentimeterweise vorzu­ziehen, bis sie in der Öffnung klemmte. Er vergaß die Katzen für einen Augenblick und versuchte, das in Ölhaut eingeschlagene Paket herauszuziehen, aber es paßte nicht durch. Er beklopfte die Steine rund um das Loch, und sie gaben etwas nach. Vorsichtig nahm er einen heraus, dann einen zweiten und dritten. Diese Steine waren absichtlich so locker gelassen worden. Die zwei Katzen steckten die Köpfe aus der neuen Öffnung. Larry zwängte das Paket durch und fiel fast vom Eimer, weil das Zeug so schwer war. Er schwankte und sprang rückwärts hinunter.

»Nicht schlecht für einen alten Mann«, bemerkte Tucker.

»Mal sehen, was er da hat.« Mrs. Murphy hüpfte herunter, Paddy hinterher.

Larry kniete sich hin und machte sich an dem Knoten auf der Rückseite des Paketes zu schaffen. Die drei Tiere saßen schweigend daneben und sahen mit großem Interesse zu.

Endlich öffnete Larry triumphierend die Ölhautumhüllung. Drei voluminöse ledergebundene Bände kamen zum Vorschein. Mit zit­ternder Hand schlug Larry den ersten Band auf.

Als Larry die energische Handschrift sah, in schwarzer Tinte, war ihm, als hätte ihn ein Medizinball mit voller Wucht auf die Brust getroffen. Er erkannte die Schrift, und im selben Moment wurde der Mann, den er bewundert und mit dem er gearbeitet hatte, wieder lebendig. Larry erinnerte sich an den Geruch von Jims Pfeifentabak, daran, wie er immer die Daumen unter seine Hosenträger gesteckt und sie auf und ab geschoben hatte, und seine glühende Überzeu­gung, daß er der reichste Arzt auf der ganzen Welt sein würde, wenn er ein Mittel gegen Glatzen finden könnte. Larry flüsterte laut: »Die geheimen Tagebücher eines Landarztes, Band I, 1912, von Dr. med. James Craig, Crozet, Virginia.«