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Wir wissen nicht, warum, aber Sichelzellenanämie tritt vor allem bei Schwarzen auf. Selten finden sich die Anlagen bei Menschen griechischer, arabischer oder indischer Abstammung. Das Ganze ist vertrackt.

Kennen Sie diese ganzen Witze, daß Neger entweder träge sind oder Hakenwürmer haben? - Nun, heute ist uns klar, daß es in vielen Fällen die Sichelzellenanämie war.« Ich wußte nicht, was ich sagen sollte; von Kind an hatte ich beo­bachtet, daß sich die weiße Rasse darin gefällt, harsch über die schwarze Rasse zu urteilen. Daher sah ich mir die Blutprobe noch einmal an.

»Ist der Schwarze, dem Sie dieses Blut entnommen haben, ge­storben?«

»Der Mann, dem dieses Blut entnommen wurde, lebt, aber er lei­det an Krebs. Er hat die Anlagen, aber nicht die Krankheit.« Dr. Fenton hielt inne. »Diese Blutprobe stammt von Colonel Ran­dolph.«

Verblüfft platzte ich heraus: »Und was ist mit Wesley?« »Für ihn besteht keine Gefahr, aber er hat die Anlagen.« Als ich nach Hause fuhr, wußte ich, daß ich Colonel Randolph und Wes­ley die Wahrheit sagen mußte. Der angenehme Teil der Nachricht war, daß für den Colonel keine unmittelbare Gefahr bestand. Der unangenehme Teil der Nachricht ist klar. Was Larry wohl dazu sagen wird? Ich möchte ihn mit zu Dr. Fenton nehmen, damit er es selbst sieht.

Larry schob das Buch fort.

Jim Craig war am 6. März 1948 ermordet worden. Es war nie dazu gekommen, daß er Larry etwas sagte.

Mit wackeligen Beinen und vom vielen Lesen trüben Augen erhob sich Larry Johnson von seinem Schreibtisch. Er setzte seinen Hut auf und zog sich seinen Sherlock-Holmes-Mantel über, wie er ihn nann­te. So war er nicht mehr durch die Straßen von Crozet marschiert, seit er versucht hatte, durch Spaziergänge seinen Herzschmerz zu lindern, nachdem Mim Urquhart ihn im Jahre 1950 wegen Jim San­burne verschmäht hatte.

Als die Sonne aufging, war Larry klargeworden, daß seine erste Pflicht Warren Randolph galt. Er rief an. Ansley nahm ab, dann holte sie Warren an den Apparat. Alle Randolphs waren Frühaufsteher. Larry erbot sich herüberzukommen, um mit Warren zu sprechen, doch Warren sagte, er würde Larry am späteren Vormittag aufsu­chen. Nein, das bereite keineswegs Unannehmlichkeiten.

Was dagegen Unannehmlichkeiten bereitete, war, daß am Samstag morgen um 7 Uhr 44 auf Larry Johnson geschossen wurde.

58

Harry, Miranda, Mim, Fair, Susan, Ned, Mrs. Murphy und Tucker sahen mit wachsendem Kummer zu, wie ihr lieber Freund mit einem Laken bedeckt auf einer Trage fortgerollt wurde. Deputy Cooper erzählte, daß Larrys Hausmädchen Charmalene ihn gefunden habe, als sie um neun Uhr zur Arbeit kam. Er lag in der Eingangshalle. Er mußte die Tür geöffnet haben, um den Mörder einzulassen, und dann ein paar Schritte zur Küche gegangen sein, als er in den Rücken ge­schossen wurde. Vermutlich hatte er gar nichts gespürt, aber das war für seine Freunde ein schwacher Trost. Das Mädchen sagte, der Kaf­fee, den er gekocht hatte, sei frisch gewesen. Er habe mehr gemacht als gewöhnlich, vielleicht hatte er jemanden erwartet. Vermutlich hatte er mit dem Kommen seines Mörders gerechnet, der anschlie­ßend seine Praxis durchwühlt hatte. Sheriff Shaw kletterte hinten in den Krankenwagen, und sie sausten los.

Die Nase am Boden, nahm Tucker mühelos die Witterung auf, aber der Mörder hatte Schuhe mit Kreppsohlen getragen, die einen so ausgeprägten Gummigeruch hinterlassen hatten, daß der Hund keine eindeutige Menschenspur aufnehmen konnte. Leider waren die Sani­täter auch noch über die Fußabdrücke getrampelt, denn der Mörder, nicht dumm, war auf dem Gehsteig auf Zehenspitzen gegangen und nur in der Zufahrt einmal fest mit einem Fuß aufgetreten, vermutlich, als er aus dem Auto stieg.

»Was hast du gefunden, Tucker?« fragte Mrs. Murphy besorgt.

»Nicht genug. Nicht genug.«

»Eine Spur Cologne?«

»Nein, bloß diesen verdammten Kreppsohlengeruch. Und was Nas­ses - Sand.«

Die Tigerkatze senkte selbst die Nase, um sich zu überzeugen.

»Gibt es noch jemanden, bei dem gerade gebaut wird? Bei Bauarbei­ten ist immer Sand dabei.«

»Sand liegt auch in vielen Zufahrten.«

»Tucker, wir müssen dicht bei Mom bleiben. Sie hat genug Nach­forschungen angestellt, um ebenfalls in die Bredouille zu geraten. Wer immer der Mörder ist, er wird langsam nervös. Menschen brin­gen sich nicht am hellichten Tag um, außer aus Leidenschaft oder im Krieg. Dies war ein kaltblütiger Mord.«

»Und ein überstürzter«, fügte Tucker hinzu, die sich immer noch anstrengte, den Gummigeruch zu identifizieren. Sie beschloß an Ort und Stelle, Kreppsohlenschuhe zu hassen.

Fair Haristeen las auf einem weißen, blau linierten Blatt Papier, das Cynthia Cooper mit einer Pinzette hochhielt, Larrys Notizen.

»Können Sie etwas damit anfangen, Fair? Sie sind doch Arzt.«

»Ja, es ist eine Art medizinisches Kürzel für Sichelzellenanämie.«

»Tritt die nicht nur bei Afroamerikanern auf?«

»Überwiegend sind Schwarze befallen, aber ich glaube, nicht aus­schließlich. Es vererbt sich von Generation zu Generation.«

Cooper fragte: »Wie viele Generationen kann das zurückreichen?«

Fair zuckte die Achseln. »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Coop. Bedenken Sie, ich bin bloß Tierarzt.«

»Danke, Fair.«

»Läuft in Crozet ein Irrer frei herum?«

»Kommt drauf an, was Sie unter einem Irren verstehen, aber es läßt sich mit Sicherheit sagen, daß der Mörder zuschlagen wird, sobald er merkt, daß jemand der Wahrheit auf der Spur ist.«

59

Diana Robb schob die Vorhänge des Krankenwagens beiseite, und Rick Shaw zog das Laken von Larry Johnson weg.

Die Kugel hatte die rechte Herzhälfte des guten Doktors knapp ver­fehlt. Sie war glatt durch seinen Körper gegangen. Die Gewalt des Aufpralls und der Schock hatten ihn vorübergehend bewußtlos ge­macht. Als Charmalene ihn entdeckt hatte, war er gerade wieder zu sich gekommen.

In dem Augenblick, als Rick Shaw erkannte, daß Larry überleben würde, beugte er sich über den älteren Mann, der, typisch Arzt, An­weisungen zu seiner eigenen Behandlung erteilte. »Ich brauche Ihre Hilfe.«

»Ja«, stimmte Larry mit zusammengebissenen Zähnen zu.

»Wer hat auf Sie geschossen?«

»Das ist es ja eben. Ich hatte die Haustür offengelassen. Ich erwar­tete Warren Randolph für den späteren Vormittag. Ich ging aus dem Wohnzimmer in die Eingangshalle. Wer immer auf mich geschossen hat - vielleicht Warren -, muß auf Zehenspitzen hereingeschlichen sein; gesehen habe ich ihn nicht.« Larry brauchte lange, um diese fünf Sätze hervorzubringen, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn.

»Helfen Sie mir, Larry.« Der Arzt nickte, während Rick eindring­lich flüsterte: »Sie müssen sich für vierundzwanzig Stunden tot stel­len.«

»Ich war's ja auch fast.«

Rick verpflichtete Charmalene sowie die Sanitäter zu Stillschwei­gen. Als er wieder nach hinten in den Wagen kletterte, hatte er nur den einen Gedanken - Warren Randolph ködern und ihn in die Falle locken.

60

Wieder in seinem Büro, schlug Rick Shaw mit den Fäusten gegen die Wand. Die Mitarbeiter in den anderen Diensträumen zuckten zu­sammen. Niemand rührte sich. Es kam selten vor, daß der Mann, dem sie untergeben waren und den sie schätzen gelernt hatten, so viel Gefühl zeigte.

Deputy Cooper, die bei ihm im Büro war, sagte nichts, aber sie riß ein neues Päckchen Zigaretten auf und signalisierte einem vorbei­schleichenden jungen Streifenpolizisten mit einer Trinkgeste, daß sie eine kalte Coca-Cola wollte.