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»Ich hab nicht aufgepaßt! Ich hätte es wissen müssen. Wie viele Jahre bin ich schon Hüter des Gesetzes? Wie viele?«

»Zweiundzwanzig, Sheriff.«

»Verdammt, man sollte meinen, ich hätte in zweiundzwanzig Jah­ren was gelernt. Ich hab mich zu schnellen Schlußfolgerungen hin­reißen lassen. Daß die Kugel in die .38er paßte, mit der Kimball ge­tötet wurde, war für mich ein eindeutiges Indiz. Sicher, Samson hat seine Unschuld beteuert. Mein Gott, neunzig Prozent der schlimm­sten Verbrecher in Amerika winseln und beteuern, daß sie unschul­dig sind. Ich habe nicht auf meinen Instinkt gehört.«

»Seien Sie nicht so streng mit sich. Das mit Samson sah nach ei­nem klaren Fall aus. Ich war sicher, er würde schon gestehen, wenn er erst eingesehen hätte, daß er uns nicht reinlegen kann. Bei man­chen dauert es eben länger, bis der Groschen fällt.«

»Ach, Coop.« Rick ließ sich schwer auf seinen Stuhl fallen. »Ich fühle mich für den Schuß auf Larry Johnson verantwortlich.«

Der Streifenpolizist hielt die kalte Cola an die Glasscheibe. Cynthia stand auf, öffnete die Tür, nahm die Cola und dankte dem jungen Beamten. Sie zwinkerte ihm noch zu, dann reichte sie Rick, der von seinem Ausbruch ganz ausgedörrt war, die Dose.

»Sie konnten es nicht wissen.«

Der Sheriff senkte die Stimme. »Als Larry mich wegen Braxton Fleming anrief, hätte ich wissen müssen, daß die Kuh noch lange nicht vom Eis ist. Kimball Haynes wurde nicht wegen Samsons Ver­untreuung getötet, das weiß ich jetzt.« »He, bei dem Zustand, in dem Samson Coles war, als wir ihn fest­nahmen, hätte ich geglaubt, er könnte jeden getötet haben.«

»O ja, er war außer sich.« Rick stürzte noch einen Schluck Cola hinunter; die Kohlensäure zischte ihm die Kehle hinab. »Er hatte eine Menge zu verlieren, ganz abgesehen davon, daß seine Affäre mit Ansley herumposaunt werden würde.«

»Dafür hat Lucinda Coles auf der Gedenkfeier für Kimball Haynes gesorgt.«

»Kann ich ihr nicht verübeln. Stellen Sie sich vor, wie ihr zumute gewesen sein muß - auf einer Veranstaltung mit der Geliebten ihres Mannes.«

Sie sahen sich an.

»Wir haben vierundzwanzig Stunden. Wenn dann keine Todesan­zeige in der Zeitung erscheint, sieht das sehr merkwürdig aus.«

»Und wir müssen die Reporter abwimmeln, ohne richtig zu lügen.« Er rieb sich das Kinn. Larry Johnsons Frau war vor einigen Jahren gestorben, und sein einziger Sohn war in Vietnam gefallen. »Coop, wer würde die Todesanzeige aufgeben?«

»Mrs. Hogendobber wahrscheinlich, zusammen mit Harry.«

»Gehen Sie zu ihnen und sichern Sie sich ihre Mitarbeit. Sorgen Sie dafür, daß sie noch ein bißchen warten.«

»O Mann! Die werden wissen wollen, warum.«

»Bloß nicht - kein Gedanke dran.« Er drehte die Dose zwischen den Händen. »Ich gehe ins Krankenhaus. Ich bin sicher, daß wir uns auf Dr. Ylvisaker und die Schwestern verlassen können. Ich werde rund um die Uhr eine Wache aufstellen, für alle Fälle.« Er stand auf. »Ich muß den Rest der Geschichte haben.«

»Ich denke, Larry hat seinen Angreifer nicht gesehen.«

»Hat er auch nicht. Bevor er das Bewußtsein verlor, hat er mir ge­sagt, es hinge mit seinem Partner zusammen. Dr. Jim Craig.«

Cooper atmete tief ein. »Dr. Craig wurde an einem eisigen Märzmorgen erschossen auf dem Friedhof aufgefunden. Ich erinnere mich, daß ich das in den Akten über ungelöste Verbrechen gelesen habe, als ich neu bei der Polizei war. Wie paßt das wohl alles zu­sammen?«

»Wir sind noch nicht ganz am Ziel, aber verdammt nahe dran.«

61

Sonntag morgen um halb sieben nieselte es leicht, kein strömender, aber ein steter Regen, der sich durchaus zu einem richtigen Wolken­bruch auswachsen könnte.

Gewöhnlich begrüßte Harry den Tag mit federnden Schritten, aber heute morgen schleppte sie sich zum Stall. Der Mord an Larry lastete schwer auf ihrem Herzen.

Sie mischte einen warmen Kleiebrei zusammen, das Sonntagsmahl für die Pferde, der zudem, wie sie glaubte, Koliken vorbeugte. Sie nahm pro Pferd eine Kelle Frischfutter, eine halbe Kelle Kleie und vermischte alles mit heißem Wasser und einer großen Handvoll Me­lasse. Sie verrührte den Brei und gab als extra Leckerbissen zwei geviertelte Äpfel hinzu. Das und so viel Timotheusheu wie Gin und Timothy fressen konnten, stimmte die Pferde gewöhnlich froh und Harry auch. Aber heute nicht.

Als sie mit den Pferden fertig war, stieg sie die Leiter zum Heubo­den hinauf und stellte Simon, dem Opossum, eine Tüte Marshmal­lows hin. Beim Hinunterklettern fiel ihr ein, daß sie auch gleich das Zaum- und Sattelzeug einfetten könnte, nachdem sie in den letzten Wochen, als alles drunter und drüber ging, die Stallarbeit vernachläs­sigt hatte. Sie hängte einen Zügel über einen Sattelhaken, ließ einen kleinen Eimer voll heißes Wasser laufen, nahm ein Naturschwämm­chen und ihre Murphy's Ölseife und fing an zu putzen.

Tucker und Mrs. Murphy, die Harrys Kummer spürten, saßen still neben ihr. Tucker legte sich schließlich hin, den Kopf zwischen den Pfoten.

Plötzlich fuhr ihr Kopf hoch.»Das ist der Geruch.«

»Was?« Mrs. Murphys Augen wurden groß wie Untertassen.

»Ja. Das waren keine Kreppsohlen, das war dieses Zeug hier, ich schwöre es.«

»Eagle 's Rest.« Die langen weißen Schnurrhaare der Katze zuckten vor und zurück, und sie legte die Ohren an.»Aber wieso?«

»Warren muß bei den Veruntreuungen die Hand im Spiel haben«, sagte Tucker.

»Oder es gibt eine Verbindung zwischen ihm und dem Mord in Monticello.« Mrs. Murphy blinzelte.»Aber welche?«

»Was machen wir jetzt?«

»Ich weiß nicht.« Die Stimme der Tigerkatze zitterte, vor Angst um Harry, nicht um sich selbst.

62

»Kein strebsamer Mensch ist jemals in Hysterie geraten«, las Harry laut vor. Das hatte Thomas Jefferson an seine Tochter Patsy ge­schrieben, als sie zur Zeit Ludwigs XIV. und Marie Antoinettes in Frankreich die Schule Abbaye Royale de Panthemont besuchte.

»Das ist durchaus vernünftig, aber nicht gerade das, was ein junges Mädchen gern hören möchte.« Mrs. Hogendobber die heute fahrig und wegen des Verlustes ihres alten Freundes gedrückter Stimmung war, hatte bei strahlendem Sonnenschein zum wiederholten Male die Stangen für ihre Gartenwicken umgesetzt. Der Regen vom frühen Morgen war einem klaren Himmel gewichen.

Mrs. Murphy, Pewter, die Market wieder einmal entwischt war, und Tucker sahen zu, wie die korpulente Frau zuerst die eine, dann die andere Seite ihres Gartens abschritt. Sie unternahm diesen Marsch jedes Frühjahr, und die Kehrtwendungen vollzog sie mit der Präzision eines exerzierenden Kadetten der Militärakademie von Virginia.

»Der Garten wird genau wie letztes und vorletztes Jahr. Die Wik­ken kommen an die Gassenseite.« Pewter leckte sich die Pfoten und putzte ihr hübsches Gesicht.

»Laß ihr doch die Freude, sich darüber Gedanken zu machen«, sagte Mrs. Murphy zu der grauen Katze.

»Wir wissen, wer der Mörder ist.« Tucker lief auf der anderen Seite des Gartens und folgte Mrs. Hogendobber auf Schritt und Tritt.

»Wieso habt ihr das nicht gleich gesagt, als ihr gekommen seid? Ihr seid gemein«, schmollte Pewter.

Mrs. Murphy weidete sich einen Moment an Pewters Unmut. Schließlich bildete Pewter sich immer wer weiß was ein, wenn sie etwas zuerst wußte.»Ich dachte, du bist nicht an Menschenangele­genheiten interessiert, sofern sie nicht mit Futtern zu tun haben.«