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Mrs. Pollifax sah ihn erstaunt an. »Uns schützen? Ruhig sitzenbleiben? Aber Sie brauchen mich doch bestimmt unten am Lagerfeuer. Sikota erwartet doch, mich dort zu finden. Er wird die Köpfe zählen.«

Farrell schüttelte den Kopf. »Viel zu gefährlich für Sie, Herzogin.«

»Gefährlich!« Sie war entrüstet. »Farrell, es handelt sich um einen Mord, den wir verhindern wollen. Natürlich gehe ich hinunter.«

Farrell seufzte. »Sehen Sie, Herzogin«, sagte er geduldig, »Sie sind erschöpft und brauchen Ruhe. Wir sind nur sieben Mann, und drei davon sind auf der Suche nach Sikota. In der nächsten Stunde kann da unten alles passieren.«

»Sehr richtig«, pflichtete Cyrus bei. »Setzen Sie sich wieder, Emily.«

»Ich weigere mich«, antwortete sie ihm, griff Farrell am Arm und zeigte auf das andere Lagerfeuer. »Sehen Sie sie an - vier Schaufensterpuppen in einem Schaufenster. Keine regt sich oder spricht. Sikota ist kein Löwe, er ist ein Mann, der denken kann. Er wird sich fragen, warum sich niemand bewegt, aber wenn Cyrus und ich dort bei ihnen sitzen, können wir reden und so tun, als ob wir essen, und der Himmel weiß, wie gern ich das wirklich täte.«

Farrell wandte sich an Cyrus. »Also Cyrus?«

»Beides vollkommen richtige Ansichten«, sagte Cyrus weise. »Gefährlicher Platz dort unten. Kreuzfeuer und so weiter, wenn er Ihren Männern entschlüpft.« Seufzend erhob er sich. »Muß aber zugeben, daß Emily auch recht hat«, fügte er hinzu, »und wenn das alles helfen sollte - Sie haben nicht zufällig eine Pistole?«

»Nehmen Sie sie mit meinem Segen«, sagte Farrell. Er öffnete den Pistolenhalfter an seinem Gürtel und übergab ihm die Waffe. »Nehmen Sie auch das hier«, sagte er, griff in seine Tasche und reichte ihm eine Tafel Schokolade.

»Essen!« ächzte Mrs. Pollifax.

»Essen«, sagte Cyrus. »Gehen Sie jetzt und senden Sie Ihre Nachricht, Farrell. Wir gehen nach unten.«

»Ja«, sagte auch Mrs. Pollifax. »Ist es einfache oder mit Mandeln?«

Ihre Anwesenheit am Lagerfeuer entbehrte nicht einer gewissen Komik. Mrs. Pollifax saß zwischen Amy Lovecraft und Cyrus. Amy gab gurgelnde Protestlaute von sich. Jenseits des Lagerfeuers starrte Simon sie mit blutunterlaufenen, empört aufgerissenen Augen an. Glücklicherweise, stellte Mrs. Pollifax fest, war bei der schwachen Beleuchtung selbst aus dieser Nähe sein Knebel unsichtbar. Aus fünfhundert Meter Entfernung hatte das Feuer groß und hell ausgesehen. Nun aber kam es ihr erstaunlich klein vor. Die Dunkelheit ringsum erschien ihr bedrohlich. Sie fühlte sich schrecklich schutzlos.

»Ich dachte, wir wären hier, um für Leben zu sorgen«, erinnert Cyrus sie. »Was ist los? Haben Sie Ihre Meinung geändert, meine Liebe?«

»Bitte, behaupten Sie nicht, Sie hätten's mir ja gesagt«, meinte Mrs. Pollifax kleinlaut.

»Emily«, sagte er mit einem Seufzer, »ich bin heute fünfunddreißig Kilometer durch den Busch gelaufen, ich habe Ihnen geholfen, diese miesen Kreaturen zu überlisten; ich bin von Guerillas gefangengenommen worden, und jetzt sitze ich hier als Zielscheibe für jeden Schützen, der vorbeikommt, und Sie haben wirklich die Stirn zu glauben, ich würde auf meiner Meinung bestehen.«

»Sie sind ein wirklicher Engel, Cyrus«, sagte sie lächelnd.

»Danke. Essen Sie Ihre Schokolade.«

Die Minuten schlichen endlos dahin. Sie und Cyrus reichten einander Zweige und Steine und mimten Konversation in Gegenwart einer schweigenden Amy, eines schweigenden Simon, Reuben und Mainza. Eigentlich benahmen sie sich wie Idioten, meinte Mrs. Pollifax, worauf Cyrus erwiderte, er habe Pantomimen immer gern gehabt, und er rede immer gern mit Menschen, die nicht antworten könnten.

Etwa zwanzig Minuten später merkte Mrs. Pollifax, daß Amy neben ihr plötzlich erstarrte, Entsetzen in den weit aufgerissenen Augen. Mrs. Pollifax folgte ihrem Blick, und sie sah, daß sich etwas bewegte - ein Schatten, heller als das Dunkel der Bäume. »Cyrus, da drüben«, sagte sie mit verhaltener Stimme. Der Schrecken verschlug ihr die Sprache, denn wenn das Sikota war, bedeutete es, daß Farrell, Jonesi und die andern ihn verfehlt hatten. Der Schatten hielt inne, kam dann aus einer anderen Richtung wieder auf sie zu... wie ein Löwe - ihre Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet -, der sich an die angebundene Ziege heranschlich.

Jetzt war Sikota am Rande des Lagerfeuers zu sehen, ein kleiner Mann von grotesker Leibesfülle in einem hellen Straßenanzug. Er trug ein langes Gewehr. Als er näher kam, sah sie, daß sein schmallippiger Mund in den Fettpolstern des schmutzigbleichen Gesichtes beinah verschwand.

Er blieb stehen, seine Hand strich über den Abzug der Waffe. Er spürt, daß etwas nicht in Ordnung ist, dachte sie und fühlte, wie ihr Herz rascher schlug. Und dann tat er etwas, was niemand vorausgesehen hatte. Er rief in scharfem, gebieterischem Ton: »Simon!« Und dann noch einmal ärgerlich: »Simon?«

Aber der gefesselte und geknebelte Simon konnte weder antworten noch sich umwenden, und einen Augenblick lang herrschte unbehagliche Stille, nur in der Ferne heulte eine Hyäne. Dann trat plötzlich Jonesi aus dem Busch zur Rechten und schrie: »Werfen Sie das Gewehr weg!«

Von der entgegengesetzten Seite her rief Farrelclass="underline" »Werfen Sie es weg, Sikota, Sie sind umstellt!«

Der Mann wandte sich erst Jonesi, dann Farrell zu. Er tat dies mit einer unglaublichen Behendigkeit. Dann riß er sein Gewehr hoch, zielte und feuerte.

»Runter!« schrie Farrell seinen Leuten zu.

Das tat Mrs. Pollifax nur zu gern. Sie rollte zur Seite. Zwei weitere Schüsse folgten dem ersten, aber als sie den Kopf wieder hob, sah sie, daß nicht Sikota geschossen hatte. Er lag zusammengesunken am Boden wie ein Riesenbündel schmutziger Wäsche.

»Sind Sie in Ordnung, Herzogin?« rief Farrell, und sie hörte Schritte, die sich näherten.

Sie schaute Cyrus an. Und er sagte mit unsicherer Stimme: »Nun ja.«

»Ja«, sagte auch sie, und dann rief sie Farrell zu: »Er hat nicht getroffen«, stand auf und klopfte sich den Staub von den Kleidern.

Aber Cyrus schüttelte den Kopf. »Er hat getroffen«, sagte er.

Einen Augenblick lang verstand sie nicht, dann aber folgte sie seinem ausgestreckten Finger. »O nein! Farrell, Jonesi!« ächzte sie.

Jonesi erreichte das Lagerfeuer vor Farrell. Vorsichtig stieg er über Simons Füße und kniete neben Amy nieder, die aussah, als wäre sie des Sitzens müde geworden und hätte sich zum Schlafen niedergelegt. Aber als Jonesi sie aufrichtete, bemerkte er mitten in ihrer Stirn ein Loch, ihre Augen waren blicklos.

»Verflucht!« explodierte Farrell, der als nächster herankam, und dann fluchte er noch eine Weile leise vor sich hin.

»Unglaublicher Schuß«, sagte Cyrus, der etwas elend aussah.

»Er hatte ein Zielfernrohr«, sagte Farrell. »Er hat uns irgendwie umgangen, wissen Sie. Verflucht - jetzt sind sie beide tot.«

»Er dachte, sie würde reden, Mulika.«

»Dann kannte er unsere Amy schlecht«, schnaubte Cyrus verächtlich.

»Mag sein«, sagte Mrs. Pollifax, und mit Tränen in den Augen wandte sie sich ab. »Sikota ist ein Weißer, Farrel, ich habe ihn gesehen.«

»Wir wollen uns diesen Sikota einmal genauer ansehen«, sagte Farrell schroff, und sie folgten ihm zu dem zusammengesunkenen Körper. Einer von Farrells Männern hatte ihn umgedreht und starrte ihm ins Gesicht. »Du kennst ihn, Patu?« fragte Farrell.

Patu nickte. »Ich kenne ihn. Es ist der Portugiese, der den Antiquitätenladen an der Cairostraße hat. Wer hätte gedacht, daß dieser Mann ein Spion war? Er kam in einem Lastwagen, Mulika. Jeshua ist jetzt dort. Er sagt, der Wagen habe einen doppelten Boden. Es ist so viel Platz, daß man Leute darin verbergen kann.«

»Das hatte er also vor... Nicht gerade Betty Thwaites Typ«, sagte Farrell und starrte auf den Mann hinunter. »Aber die Politik schafft seltsame Freundschaften.« Mit grimmiger Miene richtete er sich wieder auf. »Keine Zeit für Nachrufe. Ich bin mit meinem Funkspruch durchgekommen. Sie schicken einen Hubschrauber für Sie beide. Ich erfuhr auch, daß Präsident Kaunda am Sonntagnachmittag in Lusaka eine neue Schule einweihen wird, am Tage nach dem Ende der Safari. Es wird bis August sein einziger öffentlicher Auftritt sein, und die Zeitungen sind voll davon.