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»Wenn also Ihr Aristoteles wirklich existiert, dann kann ich mir nicht vorstellen, daß er später nach Lusaka zurückkehren wird, wenn er schon einmal hier ist. Sonntag wäre somit sein großer Tag.«

»Sonntag?« Mrs. Pollifax war entsetzt. »So bald?«

»Bleiben uns etwas mehr als zwei Tage.« Farrell schaute auf Amys Leiche und sagte seufzend: »Deck sie mit einem von unseren Schlafsäcken zu, Patu. Auch wenn ich's ungern zugebe, auf ihre Weise war sie eine echte Kämpferin. Zumindest keine bezahlte Mörderin wie Sikota und der ganze Rest dieser gräßlichen Gesellschaft.«

»Hat Leutnant Bwanausi jetzt die Liste?« fragte Cyrus.

Farrell nickte. »Er hat die Liste, kreist im Augenblick wahrscheinlich über Kafwala und wartet darauf, von mir zu hören. Chanda war ihnen eine enorme Hilfe, aber unglücklicherweise haben sie erst heute morgen mit Chanda Kontakt bekommen, und da war seine Information überholt, weil sie in dieser Richtung unterwegs waren. Übrigens, Herzogin«, fügte er hinzu, und ein feines Lächeln erhellte sein finsteres Gesicht: »Dundu berichtet, daß für Sie ein Lösegeld von fünfzigtausend Kwacha gefordert worden ist... «

»Na, das ist ja geradezu beleidigend«, sagte Cyrus. »Wären dreißigtausend amerikanische Dollar, nicht wahr?«

»Machen Sie sich nichts draus, ich lebe«, sagte Mrs. Pollifax und riß ihren Blick von Amys zusammengesunkener Gestalt los. Sie blickte zum Himmel hinauf, zum Friedhofsgelände hinüber und dann wieder zu dem Mann zu ihren Füßen. Bedrückt sagte sie: »Der Hubschrauber wird uns also holen, aber was dann, Farrell?«

»Sie gehen nach Lusaka zurück und warten ab«, sagte er. »Ruhen Sie sich morgen und am Samstag aus. Machen Sie einen Stadtbummel. Eines verspreche ich Ihnen«, sagte er mit harter Stimme, »einen Mord wird es nicht geben, Herzogin, und KK wird am Sonntagnachmittag ungefährdet seine Schule eröffnen. Und noch etwas verspreche ich Ihnen. Am Sonntag esse ich mit Ihnen und Cyrus in Ihrem Hotel zu Mittag, und dann verrate ich Ihnen, wer Aristoteles ist.«

»Einfach so?« fragte Cyrus.

»Einfach so«, versprach Farrell. Dann wandte er sich an Patu: »Gebt mir jetzt den Funkapparat, Patu. Wir haben eine arbeitsreiche Nacht vor uns.«

14

Es war Sonntagmorgen. Mrs. Pollifax und Lisa standen vor dem Hoteleingang und sahen zu, wie Dr. Henry seinen alten Landrover vollpackte. Bis unters Verdeck stapelten sich Medikamente und Stoffrollen in leuchtenden Farben, und Cyrus schnallte eben den letzten Koffer auf den Dachgepäckträger. Die Stadtbesichtigung, die Farrell ihnen verordnet hatte, war nicht Wirklichkeit geworden. Den Freitag hatten sie zum großen Teil auf dem Polizeipräsidium verbracht, um Aussagen zu machen. Sie hatten der Times of Sambia ein Interview gegeben, das natürlich streng zensiert wurde, und waren dann für den Bericht unzählige Male fotografiert worden. Gestern hatte sie mit Cyrus einen kurzen Gang durch die Stadt gemacht, um Mitbringsel einzukaufen, aber es war einfach unmöglich gewesen, alles zu vergessen, was geschehen war und geschehen würde. Die von Leutnant Bwanausi begleitete Safarigesellschaft, die am Samstag zurückgekehrt war, hatte ihnen den Ernst der Lage ins Gedächtnis zurückgerufen, und Cyrus hatte Lisa erst am späten Nachmittag sehen dürfen. Auch hatte Mrs. Pollifax nicht ruhig schlafen können. Bis in ihre Träume hinein verfolgte sie die Angst, Aristoteles würde abermals zuschlagen, und irgendwie würde die Polizei die Ermordung nicht verhindern können.

In diesem Augenblick wandte Lisa sich Mrs. Pollifax zu und lächelte sie strahlend an. »Alles ist so unfaßbar, nicht wahr? Glauben Sie mir, irgend etwas in mir hat es gewußt, sobald ich in Sambia ankam.«

»Ich finde es wunderbar, und es ist genau das Richtige für Sie«, sagte sie herzlich.

»Und sich vorzustellen, daß es uns beide in der gleichen Weise getroffen hat«, sagt Lisa mit Staunen in der Stimme. »Und uns so erschreckte, daß wir Abstand wahrten und der Sache nicht trauten. Wie es mir ergangen ist, weiß ich. Ich saß an jenem ersten Abend am Lagerfeuer und unterhielt mich mit John Steeves und dachte, wir beide würden einen sehr angenehmen Safariflirt erleben, und dann schaute ich auf und sah Tom, und ich dachte, ja. Einfach so.«

Während sie Lisa zuhörte, konnte Mrs. Pollifax beinahe - wenn auch nicht ganz - vergessen, daß sie nur noch wenige Minuten vom Wiedersehen mit Farrell trennten. Sie lächelte Chanda zu, der mit ihrem regenbogenfarbigen Sonnenschirm spielte, nur daß er nicht mehr ihr gehörte - sie hatte ihn dem Jungen beim Frühstück geschenkt. »Es ist ein bupe«, erklärte sie ihm, nachdem sie von Tom das Bembawort für Geschenk gelernt hatte. Jetzt fragte sie Lisa: »Werden Sie hier heiraten oder in Connecticut?«

Lisa lachte. »Gewissenhaft wie Tom ist, besteht er darauf, daß ich zuerst sein Hospital kennenlerne - und das Haus mit dem Blechdach, in dem wir wohnen werden - und daß wir dann erst Pläne machen und ich heimfliege und Dad alles berichte.«

Ihr Vater, der zu ihnen trat, schaute auf die Uhr und sagte zu Mrs. Pollifax: »Fast Zeit, meine Liebe.«

Lisa betrachtete die beiden neugierig. »Sie und Vater haben eine Verabredung zum Essen mit diesem geheimnisvollen Mr. Farrell, nicht wahr? Werden Sie uns eines Tages erzählen, was da draußen im Busch wirklich vor sich gegangen ist?«

»Ich würde es Ihnen jetzt erzählen, aber es ist nicht unsere Geschichte«, sagte Mrs. Pollifax. »Wenigstens noch nicht.« Nicht ehe wir Farrell gesehen haben, dachte sie und schob diesen Gedanken beiseite, als Chanda unter dem prächtigen Sonnenschirm herankam, um Lebewohl zu sagen.

»Leb wohl, Chanda nunandi«, sagte sie zu ihm und schüttelte ihm feierlich die Hand. »Es war wirklich schön, dich kennenzulernen, und ich hoffe - oh, liebe Zeit -« ächzte sie, als sie spürte, daß eine der Schirmspeichen sich in ihrem weißen Strohhut verfangen hatte, den sie an jenem Morgen seit Beginn der Safari zum erstenmal wieder trug. Cyrus mußte lachen, und dann nestelten er und Tom den Schirm vorsichtig los. »Diese rote Feder«, kicherte Lisa, »sie ragt senkrecht in den Himmel. Sie sehen aus wie ein Indianerhäuptling.«

»Ganz reizender Indianerhäuptling«, sagte Cyrus und ergriff ihren Arm. »Keine Zeit, das jetzt zu reparieren. Lebt wohl, Tom, Lisa... Laß von dir hören!«

»Ihr auch!« rief sie ihnen nach.

Als sie durch die Halle auf die Terrasse eilten, merkte Mrs. Pollifax, daß erstaunlich viele Blicke auf sie gerichtet waren. »Cyrus, mein Hut... «

»Ein richtiger Blickfang«, meinte er wahrheitsgemäß. »Schafft einen neuen Stil.« Er geleitete sie an einen Tisch und setzte sich ihr gegenüber. »Aufgeregt?«

»Natürlich bin ich aufgeregt«, erwiderte sie, »die ganze Zeit schon, seit Farrell angerufen und gesagt hat, Aristoteles sei verhaftet, und er werde uns um zwölf alles darüber berichten.« Sie legte ihre Handtasche und ihre Sonnenbrille auf den Tisch.

»Sollte meinen, Sie wären erleichtert, nicht aufgeregt, zufrieden, glücklich.«

»Natürlich, sollte ich sein«, gab sie zu. »Aber ich finde es so schwierig, Menschen nicht zu mögen. Ich weiß, sie sind oft selbstsüchtig oder eingebildet oder egoistisch oder dumm und manchmal unehrlich. Aber wenn man nichts von ihnen erwartet, dann kann man nicht enttäuscht sein. Sehen Sie, ich mochte auf unserer Safari jeden, und deshalb ist Farrells Botschaft für mich so schmerzlich. Sie bedeutet nämlich, daß ich demnächst aus der Fassung gerate.«