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Auf einmal merkte sie, daß das Signal - Nicht Rauchen - Bitte anschnallen - schon eine Weile aufgeleuchtet war, und jetzt unterbrach auch eine Stimme ihre Grübeleien und kündigte die bevorstehende Landung an. Mrs. Pollifax schnallte sich fest und versuchte, ihrer Erregung Herr zu werden. Das war nicht leicht. Denn zwei Nächte im Flugzeug und die Ankunft auf einem neuen Kontinent wirkten wie eine Überdosis Adrenalin, verstärkt durch eine erhebliche Menge Coffein.

Die 707 verlor an Höhe, setzte zur Landung an, berührte den Boden, rollte aus und hielt vor einem hübschen Flughafengebäude. Mrs. Pollifax stieg aus und bemerkte als erstes, daß der Morgen in Afrika kalt sein konnte. Fröstelnd ging sie zur Paßkontrolle, um eine Anzahl langweiliger Formulare auszufüllen. Dann trat sie in die Eingangshalle hinaus und passierte eine Menschenmenge, die hinter einer Absperrung wartete. Ein lächelnder junger Schwarzer in einem karierten Hemd mit einer Windjacke über der Schulter trat auf sie zu.

»Mrs. Pollifax?«

»Ja«, sagte sie erleichtert.

»Ich bin Homer Kulumbala. Willkommen in Lusaka.«

»Danke«, sagte sie und strahlte ihn an.

Sie warteten auf ihren Koffer und dann auf ihren Schirm, der Homer zu erschrecken schien. Nach einem Blick darauf sagte er mahnend: »Der könnte leicht gestohlen werden. Sie müssen gut auf ihn achtgeben, solange wir in der Stadt sind. Er ist sehr schön.«

»Ja, nicht wahr?« sagte sie beglückt.

Ein paar Minuten später fuhren sie in schneller Fahrt in einem VW-Bus mit der Aufschrift des Reisebüros stadteinwärts. Mrs. Pollifax' erster Eindruck war: eine weiträumig angelegte, moderne Stadt in einem Meer von Bougainvilleas. Und als sie vor dem Hotel hielten, erklärte Homer ihr, daß er sie um halb drei ins Safaridorf Chunga fahren werde. Sie bedankte sich und übergab dem Träger ihren Koffer, den Schirm aber trug sie selbst.

In ihrem Hotelzimmer ruhte Mrs. Pollifax sich keineswegs aus. Sie nahm sich lediglich die Zeit, den gestreiften Flanellschlafanzug aus dem Koffer zu nehmen, ehe sie zum Telefonbuch auf dem Bord unter dem Apparat griff. Mit dem Buch auf dem Schoß setzte sie sich auf ihr Bett, stellte nach einem Blick auf den Einband überrascht fest, daß es das ganze Land umfaßte, und blätterte eifrig die Seiten um, bis sie bei Lusaka angelangt war. »A... B... C... D... E... F«, murmelte sie und fuhr mit dem Finger die Kolonne der F's entlang. Farrell, der Name, nach dem sie suchte, glänzte durch Abwesenheit.

Unmöglich, dachte sie mit gerunzelter Stirn und begann entschlossen von vorn, aber ein Farrell war nicht zu finden. Zutiefst enttäuscht, suchte sie unter dem Buchstaben F auch in Städten wie Chingola, Kazungula und Kitwe. Es gab kaum Familiennamen, jedoch eine Menge von Büros und Konsumgenossenschaften. In kleineren Städten mit nicht mehr als einem Dutzend Eintragungen stellte sie fest, daß das Amt nur ein paar Stunden am Tag erreichbar war; aber auch hier kein Farrell. Eine intensive Sucharbeit lag vor ihr, und sie wußte, daß sie in nur sechseinhalb Stunden nach Chunga aufbrechen mußte.

Diesmal begann sie ganz vorn im Telefonbuch, aber nach einer Stunde angestrengten Suchens hatte sie John Sebastian Farrell immer noch nicht gefunden. Und doch hatte Bishop ihr berichtet, er sei hier; denn alle ihm nach Lusaka zugesandten Schecks waren eingelöst worden.

Barclays Bank, schoß es ihr durch den Kopf, sie ergriff den Hörer, wählte die Rezeption und erkundigte sich nach den Öffnungszeiten der Banken. Von acht bis zwölf, informierte sie der Angestellte.

Jetzt war es halb neun. »Und nachmittags?« Nachmittags keine Schalterstunden.

Mrs. Pollifax bedankte sich, ergriff mit einem entsagungsvollen Blick auf ihr Bett ihre Handtasche und verließ voller Hoffnung das Hotel.

Die Cairostraße war eine belebte Hauptstraße mit einem breiten Grünstreifen in der Mitte und modernen Geschäften auf beiden Seiten. Frauen flanierten vorbei in langen, buntfarbigen Röcken, Blusen und Turbanen, dazwischen Frauen in eleganten europäischen Kleidern und Sandaletten. Die meisten Gesichter waren schwarz, und ein Großteil der Stimmen, die sie hörte, sprachen in reizendem britischen Ton. Es war eine heitere, lärmerfüllte Szenerie voll kleiner hupender Wagen, Motorrollern, Landrovern und Fahrrädern.

Mrs. Pollifax bezahlte den Taxifahrer, der vor dem Hotel gestanden hatte, betrat die Bank und ging zum Schalter mit der Aufschrift Auskunft-Post. Der Schalterbeamte mit einem Ausdruck zugeknöpfter bürokratischer Reserviertheit auf dem schwarzen Gesicht wirkte einschüchternd. Sie räus-perte sich, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. »Wird hier die Post abgeholt?«

»Ja, Madam.« Er sah sie ausdruckslos an. »Ihr Name?«

»Ich will keine Post abholen. Ich suche nach einem Herrn, der hier seine Post abholt. Ich habe seine Privatadresse nicht«, erklärte sie, »ich komme aus Amerika und stelle fest, daß er nicht im Telefonbuch steht.«

»Das ist recht interessant«, bemerkte er höflich.

»Sein Name ist John Sebastian Farrell«, fuhr sie fort. »Ich dachte, Sie schickten seine Briefe vielleicht weiter an eine Adresse?«

Sein Blick blieb reserviert, aber nach kurzem Überlegen drehte er sich um und rief: »Jakob!«

Der strahlend lächelnde junge Mann, der daraufhin erschien, gehörte einer anderen Generation an. Seine Krawatte war feuerrot, er sah sehr entschlossen aus. Als Mrs. Pollifax ihre Frage wiederholte, antwortete er prompt: »Keine Nachsendeadresse, seine Post bekommt er nur hier.«

»Persönlich?« fragte sein Vorgesetzter. Er schien genau verstanden zu haben, was Mrs. Pollifax wollte.

»Ich habe ihn nie gesehen«, sagte Jakob. »Ein Junge holt sie ab.«

»Immer?« Mrs. Pollifax' Stimme schwankte.

»Auch ich habe diesen Mann nie gesehen«, sagte der ältere Angestellte. »Es war irgend etwas Geheimnisvolles um ihn, natürlich. Auch ich habe nur einen Jungen nach Mr. Farrells Post fragen hören. Nicht oft, manchmal drei Monate lang nicht. Jedesmal ein anderer Junge.«

»Oh«, sagte Mrs. Pollifax, und der Mut verließ sie. »Oh, liebe Zeit. Sind - vielleicht dürfte ich nicht danach fragen -aber sind jetzt Briefe für ihn da, so daß vielleicht schon bald jemand seine Post abholen kommt? Ich würde dann einen Zettel hinterlassen.«

Ihre Bestürzung rührte beide und sie sahen sie mitfühlend an. Jakob sagte ernsthaft: »Es wäre bestimmt gut, wenn Sie Ihrem Freund einen Brief schrieben, aber Mr. Farrells Post ist erst vor vierzehn Tagen abgeholt worden. Ich habe sie selbst übergeben. Es war wieder ein kleiner Junge mit einem Zettel, der ihn zum Abholen berechtigte.«

»Ich verstehe«, erwiderte Mrs. Pollifax. »Ja, also ich danke Ihnen beiden sehr.«

»Sie müssen ihm schreiben«, sagte der ältere Mann.

»Ja«, meinte sie. »Ja natürlich.«

Sie trat wieder hinaus in die Sonne, überquerte die Straße bis zu der parkähnlichen Grünfläche zwischen den Fahrbahnen und setzte sich auf eine Bank unter einem Baum. Sie war den Tränen nahe, vermutlich das Ergebnis zweier halbdurchwachter Nächte, aber nicht nur deswegen und nicht nur, weil Farrell zu ihrem Auftrag gehörte. Mit ihrem Auftrag hatte ihr Kummer überhaupt nichts zu tun. Sie war Farrell von Herzen zugetan und hatte sich so auf ein Wiedersehen gefreut.

Neben ihr auf der Bank lag eine Zeitung. Sie nahm sie zur Hand und schlug sie auf, um ihrer Tränen Herr zu werden. Es war eine Nummer der Times of Sambia, und in der vagen Hoffnung, Farrells Namen in ihr zu finden, schaute sie auf die Rückseite, entschlossen, die ganze Zeitung durchzulesen. Auf dieser Rückseite fielen ihr verschiedene Anzeigen-Rubriken auf. In einer Rubrik Persönliches las sie: