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Mrs. Pollifax wandte sich an Mr. Hitchens: »Haben Sie ihn heute gefunden?«

Mr. Hitchens hatte die Augen geschlossen, doch er antwortete. »Nein«, sagte er. »Ich habe es mit einem Stadtplan versucht... « »Und?«

»Ich sah... ich erkannte... den Ort, an dem er war... Eine Hütte inmitten von grünen Feldern... Ein Wasserrad nicht weit... Wir fuhren - Alec und ich.... Neue Territorien.« »Weiter«, drängte Robin. »Was war dann?« »... wurde dunkel... Ich erkannte die Hütte... « »Sie haben das Wasserrad und die Hütte gefunden?« forschte Mrs. Pollifax weiter,

Mr. Hitchens öffnete die Augen. »Ja. Wir gingen hin... , suchten... Winzig klein. Lehmfußboden... und dann... und dann... « Sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzhaften Grimasse. »Ein Mann... ein Bauer, der nachsehen will, wer sich in den Feldern rumtreibt - dachten wir. Aber... als ich wieder zu mir kam, war Alec verschwunden.« Er seufzte tief. »Ich lief und lief... war zu benebelt, um Alecs Auto zu nehmen. Ich fand schließlich ein Taxi. Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich an mein Zimmer... Es war dunkel... Jemand war im Raum. Und... Peng!«

Etwas verwirrt fragte Mrs. Pollifax: »Wie war das mit diesem Bauern? Sie schliefen ein oder wurden ohnmächtig?«

»Etwas war - ja... Chloroform wahrscheinlich«, sagte Hitchens. »Aber sie haben Alec! Wenn ich daran denke, daß... daß sie zurückkamen, um auch mich... Ein Alptraum! Ein furchtbarer Alptraum... «

»Noch eine Frage, Mr. Hitchens«, insistierte Mrs. Pollifax. »Als Sie mit Hilfe des Stadtplans versuchten, ein visionäres Bild von Inspektor Wi zu erhalten, hatten Sie da den Eindruck, daß er noch am Leben ist?«

»Ja«, erwiderte Hitchens undeutlich. »Das Ganze war ein Alptraum, ein furchtbarer Alptraum!«

»Das kann ich mir vorstellen«, mischte sich Robin ein. »Aber vergessen Sie das jetzt, mein Freund. Wir werden sie beide wiederfinden.«

Mr. Hitchens blinzelte überrascht. »Wir?« fragte er verständnislos.

Robin nickte. »Gleich morgen früh - wenn Sie sich danach fühlen.«

»Ich möchte... ich muß jetzt schlafen«, murmelte Hitchens, schloß die Augen und schlief ein.

»Sieht so aus, als hättest du für heute nacht einen Gast«, sagte Robin. »Glaubst du, du kommst zurecht?«

»Ich käme wesentlich besser zurecht, wenn du mir endlich verraten würdest, was in Hongkong nicht in Ordnung ist - aus welchem Grund wir hierhergeschickt wurden.«

Robin warf einen kurzen Blick auf Mr. Hitchens und nickte dann. »Gehen wir ins Bad. Es ist besser, vorsichtig zu sein; wer weiß, ob er tatsächlich schläft.« An der Badezimmertür ließ er ihr den Vortritt und bot ihr den Rand der Badewanne an. »Mach's dir bequem«, grinste er.

Sie lachte und ließ sich vorsichtig nieder.

»In Kurzform?« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Es ist schon Mitternacht vorbei, und ich werde mich auf das Wesentliche beschränken. Stell dir eine Weltkarte vor - mit Pfeilen, die in Hongkong zusammenlaufen. Pfeile aus Europa, dem Mittleren Osten und Amerika, die alle nach Hongkong zeigen, auf diese winzige Insel im Chinesischen Meer.«

»Und was bedeuten diese Pfeile?« fragte Mrs. Pollifax.

»Zunächst einmal Gerüchte, Zufälle, übereinstimmende Hinweise von V-Leuten, mögliche Schmuggelrouten von Waffenschiebern. Und dann verschwindet ein Mann wie Inspektor Wi auf mysteriöse Weise.«

»Ausgerechnet Hongkong?« Mrs. Pollifax wiegte ungläubig den Kopf.

»Ich weiß, was du meinst«, nickte Robin. »Schließlich steht Hongkong unter dem Schutz der britischen Armee und Marine. Es ist ein relativ sicherer Ort, wie der Zustrom des internationalen Kapitals und seine führende Stellung als Handelsmetropole des Ostens beweisen. Hinter den Kulissen jedoch existiert eine sehr lukrative kriminelle Aktivität, die sich vor allem auf Drogenhandel spezialisiert hat und - wenn man den Gerüchten Glauben schenken kann - durch Korruption in höchsten Kreisen der Polizei und des Verwaltungsapparats immer fester im Sattel sitzt. Es ist durchaus möglich, daß Inspektor Wi mehr über die Zusammenhänge in Erfahrung gebracht hat, als für ihn gut war, denn sowohl sein Rücktritt bzw. sein Ausscheiden aus dem Sonderdezernat, wie auch sein plötzliches Verschwinden können nur als äußerst mysteriös bezeichnet werden. Das einzige, das wir wirklich sicher wissen, ist die Tatsache, daß hier in Hongkong die Fäden einer ganzen Reihe von kriminellen Unternehmungen, die auf den ersten Blick gar nichts gemein haben, zusammenlaufen; eine Konstellation, die vermuten läßt, daß hier in Hongkong eine ganz große Sache am Laufen ist.«

»Das klingt allerdings alles sehr vage«, warf Mrs. Pollifax ein. »Eine recht unsichere Basis für konkrete Aktionen.«

Robin lachte. »Wenn wir tatsächlich konkrete Beweise in Händen hätten, hätte Interpol hier eine ganze Armee von Agenten zusammengezogen und nicht nur Marko und meine Wenigkeit abkommandiert.«

»Marko?«

Er grinste. »Du wirst doch wohl nicht annehmen, der drittreichste Mann der Welt reise ohne einen persönlichen Sekretär! Du wirst ihn sicherlich noch kennenlernen: Marko Constantine, einer der Topagenten der Interpol, der im Augenblick allerdings vollauf damit beschäftigt ist, unsere Einmann-Nachrichten- und Telefonzentrale in Betrieb zu halten.«

»Noch eine Frage, Robin, zu diesen Pfeilen. Ich kann mir nicht denken, wie...?«

»Diamanten.«

»Diamanten?«

Er nickte. »Die Hauptaufgabe von Interpol ist vor allem die Kontrolle des internationalen Drogenhandels, aber da die großen Rauschgiftringe seit einiger Zeit Diamanten als Zahlungsmittel benutzen, beobachteten wir auch den Transfer von Diamanten. Sie sind relativ leicht durch den Zoll zu schmuggeln, weil sie nicht viel Platz in Anspruch nehmen und deshalb ein ideales Zahlungsmittel sind, wie du dir vorstellen kannst. Vor drei Monaten etwa, im Januar und Februar, hatten wir massiert Mordfälle in Verbindung mit Diamantenraub zu verzeichnen: zwei in New York, drei in Antwerpen und vier in London. Äußerst ungewöhnlich - das Ganze.«

»Wieso ungewöhnlich?«

»Weil der gesamte Diamantenhandel einer ständigen und sehr strikten Kontrolle unterliegt; dafür sorgen De-Beers und die übrigen großen Handelsgesellschaften«, erklärte Robin. »Diamanten sind nämlich gar nicht so rar, und wenn zu viele davon auf den Markt geworfen werden, dann fallen die Preise -und sie verlieren ihren exquisiten Zauber und die Attraktivität, die sie für die Menschen nun mal besitzen. Deshalb war das plötzliche Verschwinden einer relativ großen Menge von Steinen ein Schock für den gesamten Diamantenhandel.

Kennt man die Modalitäten des Diamantengeschäfts etwas besser, ist es nicht weiter verwunderlich, weshalb diese Diebstähle soviel Aufsehen erregt haben«, fuhr er fort. »Hast du zum Beispiel eine Vorstellung davon, auf welchen Wegen Diamanten von den Minen in die Handelszentren gelangen?«

»Nein«, gab Mrs. Pollifax zu. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«

»Dies wird mit einer geradezu provozierenden Nachlässigkeit gehandhabt«, erklärte Robin. »Das ist nie anders gewesen, doch es funktioniert. Die Steine werden einfach mit der Post verschickt, per Schiff oder per Flugzeug, oder sie werden von Kurieren und Agenten transportiert. Von diesen Männern könnte so mancher Geheimagent lernen, wie man ohne Aufsehen zu erregen; um den ganzen Erdball reist und unterwegs immer wieder seine Spuren verwischt. Sie transportieren die Diamanten in hohlen Absätzen oder in Geldgürteln, in Diplomatenkoffern oder in Plastiktüten. Sie lassen sich in den großen Hotels der Metropolen Zimmer reservieren, um dann im letzten Augenblick in irgendwelchen Absteigen oder kleinen Pensionen unterzutauchen. Diese Kuriere sind extrem vorsichtig und sehr clever. Raubüberfälle hat es bisher praktisch nicht gegeben; zumindest bis vor kurzem, als innerhalb von sechs Wochen acht dieser Kuriere ermordet wurden - auf Flughäfen, in ihren Hotelzimmern, auf der Straße oder in ihren Wagen. Als dann alles vorbei war - und die Serie von Raubüberfällen endete so abrupt, wie sie begonnen hatte -, waren Diamanten im Wert von acht Millionen Dollar verschwunden.«