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»Sie haben ihn gesehen?« fragte er verwirrt.

Sie nickte. »Zusammen mit Mr. Hitchens - am nächsten Morgen in der Hütte, in der Sie entführt wurden. Mr. Hitchens und ich kamen mit derselben Maschine nach Hongkong«, erklärte sie, »und wir frühstückten zusammen. Als er in jener Nacht von der Hütte zurückkam, war er übel zugerichtet und suchte in meinem Zimmer Hilfe.«

»Dann sind Sie... ein Freund«, sagte er überrascht. »Nicht daß dies etwas ändern würde, aber... «

»Ich weiß.«

»Er war auch ein Freund«, sagte Alec bitter und nickte mit dem Kopf in Richtung Detwilers. »Er und mein Vater waren sogar sehr gute Freunde, aber Mr. Feng und diese Leute haben ihn fertiggemacht. Sie dürfen ihm nicht vertrauen, hören Sie!«

»Niemand sollte ihm vertrauen - in der Verfassung, in der er sich befindet«, ergänzte sie. »Trotzdem hat er versucht zu retten, was zu retten war... Und ich bin sicher, das war nicht ungefährlich.«

»Sicherlich nicht«, nickte er. »Sie kennen ihn?«

»Wir... eh... haben gemeinsame Freunde«, erwiderte sie. »Dies ist auch der Grund, weshalb ich ihn am Montag besucht habe - gleich nachdem ich in Hongkong angekommen war. Aber Sie...« Mit der Andeutung eines Lächelns wechselte sie das Thema. »Diese Kerle sind mit Ihnen ziemlich übel umgesprungen?«

»Kann man wohl sagen«, bestätigte er mit einem mißglückten Lächeln. »Aber mir geht es schon wieder ganz gut. Sie haben vor, ganz Hongkong zu übernehmen - wußten Sie das? Zuerst mußte ich lachen, als ich das hörte, doch das Lachen ist mir inzwischen vergangen.«

Er nickte mit dem Kopf in Richtung der Aktivitäten jenseits der Holzkisten. »Wissen Sie, was die da drüben zusammenrühren?«

Sie schüttelte verneinend den Kopf.

»Pottasche und Diesel! Beides ist überall problemlos aufzutreiben. Sie machen Bomben daraus. Gestern nacht haben sie an verschiedenen Orten der Stadt Bomben deponiert, in die - soviel ich hören konnte - Langzeitzünder eingebaut sind, die zu verschiedenen Zeiten, irgendwann in den nächsten zwei, drei Tagen hochgehen. Alles was sie in die Stadt schaffen, lassen sie durch diese zwei Fenster dort drüben hinab - zu einem Lieferwagen, den sie während des Tages irgendwo verstecken. Die Fenster sind so gebaut, daß sie mit einem Griff herauszunehmen sind. Ich habe allmählich den Verdacht, daß es Terroristen sind - oder?« Mrs. Pollifax nickte. »Die >Befreiungsfront 8o<.

»Was?!« rief er entsetzt. »Das war also die Spur, auf die mein Vater gestoßen ist! 0 Gott! Kein Wunder, daß...« . Er stockte. »Nun verstehe ich!«

»Und Mr. Feng ist der Kopf des Ganzen - wie es scheint.« '

Alec blinzelte verblüfft. »Dieser alte Mann, der hier herumgeistert? Ein- oder zweimal habe ich zwar gesehen, wie er Geld verteilt hat, aber was kann die >Befreiungsfront 8o< schon von ihm wollen?«

Auf diese Frage wußte auch Mrs. Pollifax keine Antwort, und sie wandte sich wieder Detwiler zu. Mit ihren gefesselten Händen berührte sie ihn am Arm und rüttelte ihn leicht. »Mr. Detwiler«, flüsterte sie. »Hören Sie mich?«

Er hob den Kopf. Sein Blick war glasig, und seine Lippen zitterten.

»Was hat Mr. Feng vor?« fragte sie. Einen Augenblick lang schien es, als würde Detwiler gar nicht wahrnehmen, daß jemand zu ihm sprach, doch dann straffte er sich - offenbar unter Schmerzen - und bewegte mühsam die Lippen: »Er hat jahrelang geschuftet, hat er mir erzählt... Sklaverei... Er ist ein F... ein Fanatiker... ein verbohrter Fanatiker. Ein selbstmörderischer Kamikaze!« Detwiler hob seine gefesselten Hände über den Kopf und deutete eine große Explosion an. »Bumm...!« machte er. »Weil die Regierung in Peking nicht die... die rechtmäßige ist. Sondern Taiwan. Nationalisten!«

Verblüfft starrte sie ihn an. Dann sagte sie: »Wie dumm und grausam.« Sie wandte sich wieder Alec zu. »Haben Sie eine Ahnung, wann genau diese Leute die Macht in Hongkong übernehmen wollen?«

»Morgen früh!« antwortete Alec. »Morgen früh um Sieben -das habe ich genau gehört.«

Wie von einem Schlag getroffen, zuckte Mrs. Pollifax zusammen. »Morgen?!« flüsterte sie fassungslos. »Morgen früh... Sie meinen, am Freitag?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht einmal, was heute für ein Tag ist.«

»Donnerstag«, sagte sie mechanisch.

»Okay, dann am Freitag - oder was immer morgen für ein Tag ist.«

»Aber dann haben wir ja überhaupt keine Zeit mehr!« rief sie.

»Wofür?« fragte Alec überrascht.

»Sie aufzuhalten! Und hier rauszukommen.«

Ungläubig starrte er sie an. »Sie aufhalten? Sind Sie verrückt? Was können wir schon tun! Sehen Sie uns doch an. Und sehen Sie die da drüben an!«

Mrs. Pollifax beherzigte seinen Rat. Sie reckte den Hals und spähte vorsichtig um die Ecke der aufgestapelten Kisten. Sie konnte eine Reihe von Radioröhren - oder etwas in dieser Art -erkennen, die knackende atmosphärische Geräusche von sich gaben. Von den Röhren hing ein Gewirr von Drähten herab und verschwand in einem schwarzen Gehäuse, das Robins Funkgerät im Hotel nicht unähnlich war. Einer der beiden Männer, die mit dem Schweißgerät hantierten, erhob sich und kam zu dem schwarzen Gehäuse herüber, das keine drei Meter von Mrs. Pollifax entfernt stand. Er nahm seine Schutzbrille ab, und Mrs. Pollifax erkannte ihn: es war Eric der Rote. Sie beobachtete, wie er einen Schalter umlegte, sich Kopfhörer überstreifte und angespannt lauschte. Unvermittelt drehte er sich um und starrte Mrs. Pollifax an.

Seine kalten, ausdruckslosen Augen versprachen nichts Gutes.

Mit einer ruckartigen Bewegung nahm er die Kopfhörer ab, knipste den Schalter aus und steuerte direkt auf Mrs. Pollifax zu. Dicht vor ihr blieb er stehen und starrte auf sie herab. Dann schlug er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. »Es war der falsche Buddha«, zischte er in gebrochenem Englisch, »Nicht der, den Sie von Detwiler bekommen haben.«

Mrs. Pollifax fühlte, wie Detwiler sich neben ihr bewegte. Offenbar waren die Worte Eric des Roten bis in sein umnebeltes Gehirn gedrungen. Er hob den Kopf und starrte sie voller Erstaunen an. In seinen Augen glomm Hoffnung auf.

Eric der Rote beugte sich herab, packte Mrs. Pollifax an der Bluse und zerrte sie hoch. »Wir werden ja sehen, was Sie wissen und was Sie mit den Aufzeichnungen, die im Buddha versteckt waren, gemacht haben.«

>Jetzt ist es soweit<, dachte Mrs. Pollifax düster und betete inständig darum, nicht schwach zu werden, während Eric der Rote sie aus dem Zimmer zerrte.

15

Die Zeiger der Uhr standen auf neunzehn Uhr dreißig, als Marko und Robin ihre Schilderung der bisherigen Ereignisse und der wenigen Anhaltspunkte und Informationen, die sie in Händen hatten, beendeten. Sie hatten sich in die Suite zurückgezogen und um das stumme Funkgerät gruppiert. Inmitten der ausgebreiteten Karten und leeren Kaffeetassen war Cyrus in ein düsteres Schweigen versunken. Robin war keineswegs entgangen, daß er im Laufe ihres Berichts kreidebleich geworden war, doch er hatte sich schnell wieder gefangen und zur Ruhe gezwungen. Umsichtig und souverän - als säße er noch immer auf seiner Richterbank - hatte er die geschilderten Fakten abgewogen und geprüft. Robin stellte fest, daß Marko nicht minder beeindruckt war als er selbst: Cyrus bewältigte die Situation glänzend. Erbehielt klaren Kopf und würde sich unter Umständen noch als ein Fels in der Brandung erweisen - und zwar als ein mächtiger Fels, dachte Robin, denn er hatte sehr schnell erkannt, daß an Cyrus' mächtiger Gestalt von einsneunzig kein Gramm Fett war und daß sich hinter seiner scheinbaren Trägheit mit seiner sparsamen Art zu sprechen ein schneller und scharfer Verstand verbarg.