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»Wie Sie sehen, ist unsere Situation alles andere als rosig«, gab Robin zerknirscht zu. »Die Machtübernahme in der Kolonie scheint seit längerer Zeit bis ins kleinste Detail geplant und hat inzwischen eine Eigendynamik entwickelt, die uns in eine ähnliche Situation versetzt wie die Maus, die gelähmt vor Entsetzen und unfähig zu handeln die Schlange anstarrt. Wir können nur feststellen, daß Mrs. Pollifax seit elf Uhr heute morgen spurlos verschwunden ist, und wir nehmen an, daß Mr. Feng in dem Taxi saß, mit dem sie wegruhr. Feng betrat den Laden wieder gegen zwölf Uhr fünfzehn. Und hier haben Sie ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr wir im dunkeln tappen: trotz Überwachung seines Ladens rund um die Uhr haben wir nicht gemerkt, daß er durch unser Netz geschlüpft ist.«

»Nachdem Feng in den Laden zurückgekehrt war«, warf Marko dazwischen, »hat der Funkortungswagen ein einminütiges Hochleistungssignal aus der Gegend der Dragon Alley aufgefangen; doch leider war die Sendezeit zu kurz, um den genauen Standort zu ermitteln. Wir nehmen an, daß der Funkspruch aus Feng-Imports kam. Von Detwiler fehlt nach wie vor jede Spur...«

Cyrus nickte. »Und Sie konnten nicht feststellen, auf welchem Weg dieser Mr. Feng den Laden unbemerkt verlassen hat? Hat er Verdacht geschöpft, er könnte beobachtet werden?«

Robin zögerte. »Wir sind ziemlich sicher, daß er unsere Leute nicht bemerkt hat«, erwiderte er schließlich.

»Zumindest nehmen wir an, er würde sich ganz anders verhalten, wenn er etwas in dieser Richtung vermuten würde. Als er uns das erste Mal entwischte, war es tiefste Nacht, und da es in der Dragon Alley praktisch keine Straßenbeleuchtung gibt, ist es durchaus möglich, daß er einfach Glück hatte. Heute morgen allerdings ist er uns ganz offensichtlich erneut durch die Maschen geschlüpft - und zwar bei hellichtem Tag. Damit können wir unsere beruhigende Theorie von Glück und Zufall in den Kamin schreiben. Marko vermutet, er benutzt ein oder zwei Nachbargebäude, um unbemerkt zu verschwinden -möglicherweise ein für die Terroristen konzipierter Fluchtweg, dessen er sich hin und wieder selbst bedient. Marko hat bereits eine Anfrage durchgegeben, wem das Gebäude neben Feng-Imports gehört. Sie müssen wissen, wir arbeiten inzwischen mit einer sorgsam ausgewählten Gruppe des Hongkonger Sonderdezernats zusammen, aber... «

»Wie viele Leute?« warf Cyrus dazwischen.

»Sieben«, sagte Marko. »Sieben plus Duncan, der Einsatzleiter.«

»...aber in Hongkong einen Hausbesitzer ausfindig zu machen, ist ein schwieriges Unterfangen«, fuhr Robin fort. »Und was unsere zugegebenermaßen recht kleine Gruppe von sieben Männern anbelangt, so dürfen Sie nicht vergessen, daß wir überaus vorsichtig sein müssen, wem wir trauen können. Wir dürfen da absolut kein Risiko eingehen! Aus demselben Grund haben wir auch die Presse nicht informiert. Vielleicht wäre das sogar eine Chance, Hongkong zu retten - und wer wollte das nicht -, aber wir können es uns einfach nicht leisten, die Mitglieder der >Befreiungsfront 8o< entkommen zu lassen. Sie würden sofort untertauchen und sicherlich Mittel und Wege finden, aus Südostasien zu verschwinden; nur um ein halbes Jahr später in einer anderen Ecke der Welt wieder aufzutauchen und das gleiche Spiel von vorne zu beginnen. Als Mitglieder einer internationalen Polizeibehörde... « Er schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, Sie verstehen, welche Verantwortung dies bedeutet. Wir wollen mehr, als Mrs. Pollifax aus den Händen der Terroristen befreien; wir wollen dan Anschlag verhindern und jedes einzelne verdammte Mitglied der Gruppe kriegen und für immer aus dem Verkehr ziehen.«

»Glauben Sie, die haben eine Ahnung, daß Interpol die Hände im Spiel hat?« fragte Cyrus.

»Wenn Mrs. Pollifax mit ihrer Einschätzung der Situation richtig lag, dann waren sie völlig ahnungslos«, antwortete Marko, »bis Detwiler die Geschichte mit dem Buddha und dem Geheimfach ausplauderte. Daraufhin haben sie vermutlich angenommen, daß Mrs. Pollifax in... eh... in irgendeiner Weise mit Detwilers nachrichtendienstlicher Tätigkeit zu tun hat; obwohl Feng dies bereits von Anfang an vermutet haben könnte.«

»Was nun also?« fragte Cyrus mit ruhiger Stimme.

Mit einer Geste der Hilflosigkeit breitete Marko die Arme aus. »Wir wissen es nicht.«

»Mit anderen Worten: Emily soll zusehen, wie sie sich allein aus diesem Schlamassel befreit?«

Mit einemmal erschien es Robin sehr viel angenehmer, Cyrus' Blick zu vermeiden und zu Boden zu sehen.

»Na schön. Ich denke, ich weiß nun, wie die Dinge stehen«, sagte Cyrus mit emotionsloser Stimme. »Jetzt würde ich gerne hören, was Sie vorhaben... Sie haben doch einen Plan?« fragte er vorsichtig und ließ forschend die Augenbrauen nach oben wandern. »Lassen Sie Feng- Imports noch immer beobachten?«

Marko nickte. »Sicherlich. Jetzt, nachdem Feng - wie sagt man so schön - die Katze aus dem Sack gelassen hat, auf jeden Fall. Außerdem hat der Gouverneur auf unsere offizielle Bitte hin eine Durchsuchung aller Häuser durch die Polizei angeordnet. Gesucht werden zwei vermißte englische Touristen, die zuletzt«, er deutete mit dem Finger auf den Stadtplan, »hier in dieser Gegend gesehen wurden. Das ist das Viertel, in dem Mr. Hitchens ungewöhnliche Aktivitäten - oder beunruhigende Schwingungen, wie er es nannte - ausgemacht hat.«

»Dieser lächerliche Vorwand mit den beiden vermißten Touristen ist ein weiterer Beweis unserer Ohnmacht«, warf Robin ein. »Doch wir dürfen einfach nicht das Risiko eingehen, daß Detwiler oder Feng zugetragen wird, daß Interpol in den Fall verwickelt ist.«

»Sobald sie Emilys Buddha untersuchen, werden sie ohnehin wissen, daß etwas im Busch ist - nicht?« Stellte Cyrus klar.

Das betretene Schweigen, das auf diese Bemerkung folgte, bewies, daß Robin und Marko Cyrus' Ansicht voll und ganz teilten.

»Sie müssen verstehen, es handelt sich um meine Frau, die entführt wurde«, fuhr Cyrus fort, »und ich habe den Eindruck, es ist nicht genug, was Sie zu ihrer Befreiung unternehmen. Sie schwanken wie Schilf im Wind, und Ihre Unentschlossenheit läßt Sie auf der Stelle treten. Was jetzt not tut, ist Tatkraft und Entschlossenheit - verdammt noch mal!«

»Sie haben ja nur allzu recht«, gab Robin zu.

Cyrus nickte. »Warum, zum Henker, fordern Sie dann nicht die Armee an - wenn Sie der Polizei nicht vertrauen können?! Schließlich haben die Briten doch Soldaten in Hongkong stationiert, oder? Weshalb fordern Sie nicht einen Zug oder einen Trupp an - wie auch immer die Briten eine Abteilung nennen? Versuchen Sie's! Immerhin ist es sehr unwahrscheinlich, daß auch sie bestochen wurden.«

Robin stieß einen Pfiff aus. »Wenn das machbar wäre!« rief er hoffnungsvoll, um dann sogleich einzuschränken: »Doch das wird Mrs. Pollifax wohl kaum helfen...«

»Was ihr helfen wird, können Sie im Augenblick schwerlich beurteilen - nicht wahr?« schnitt ihm Cyrus das Wort ab. »Im übrigen ist Emily nicht so leicht unterzukriegen. Sie wird alles tun, was in ihren Kräften steht... Dies ist nicht das erste Mal, daß sie in einer bedrohlichen Klemme steckt. Wenn wir ein bißchen Glück haben, finden wir sie. Mit Hilfe dieses Funkortungswagens vielleicht oder wenn die Polizisten zufällig an die richtige Tür klopfen. Doch darauf verlassen können wir uns natürlich nicht. Unsere größte Chance wäre, wenn sie sie als Geisel behielten.«

>Wenn das ihre größte Chance ist<, dachte Robin bedrückt, >dann sieht es wirklich nicht gut für Mrs. Pollifax aus -schließlich ist es ja denkbar, daß sie mehrere Tage oder für eine ganze Woche die Gefangene der Terroristen sein wird - und wer weiß schon, was ihr in dieser Zeit alles zustoßen kann. ..<

»Ich für meine Person habe den Eindruck, daß ich mich entschuldigen muß«, sagte Marko. »In den letzten Stunden saßen Robin und ich wie gelähmt hier mm und haben nicht mehr zustande gebracht, als uns für diese Schlappe gegenseitig zu bedauern... Anscheinend mußte jemand wie Sie kommen, der die Dinge wieder ins richtige Verhältnis rückt und die Initiative ergreift. Robin, du solltest sofort Seine Exzellenz anrufen und ihn um die Soldaten bitten.«