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Trotz seiner Anwesenheit landeten wir sicher. Leider versuchte dann einer aus unserer Gruppe zu filmen, wie er das Flugzeug verließ, und stürzte schwer die Treppe hinunter. Als ich dann den Schaden begutachtete — ein verstauchter Knöchel —, war Arnold wieder da und beugte sich über uns, um jedes Zucken und Heulen des Opfers für die Ewigkeit festzuhalten.

Eine zweite Maschine flog den Rest unserer Gruppe ein, begleitet von Laure und meiner Assistentin Heather. Wir machten uns auf den Weg. Ein paar Stunden lang ging alles gut — der Trail ist hier gleichzeitig die Hauptverkehrsstraße der Gegend und problemlos zu bewältigen. Und die Aussicht ist ehrfurchtgebietend — das Dudh Kosi-Tal sieht aus wie ein bewaldeter Grand Canyon, nur größer. Unsere Gruppe war beeindruckt, und mehrere Kunden filmten den ganzen Tag über.

Dann senkt sich der Trail zum Ufer des Dudh Kosi, und wir erlebten eine Überraschung. Anscheinend hatte der letzte Monsun den Eisdamm eines flußaufwärts liegenden Gletschersees zerstört, und das Wasser war als alles vernichtende Flut hinabgeströmt und hatte die Brücken, Steige, Bäume, einfach alles, mit sich gerissen. So endete unsere schöne Hauptverkehrsstraße abrupt an einer Klippe über dem zerwühlten Flußbett, und die örtlichen Träger, für die der Trail eine tägliche Notwendigkeit war, hatten sich auf den Hosenboden gesetzt und einen neuen Pfad gebahnt. Sie waren dabei ziemlich clever vorgegangen, doch es gab wirklich keine gute Alternative zu der alten Strecke; und so wand sich der neue Trail über verstreute weiße Felsbrocken im Flußbett, führte über unstabile neue Sandbänke und hob und senkte sich über schlammige Hänge, die man auf den dicht bewaldeten Felswänden freigehauen hatte. Es war eine schwierige Strecke, und selbst erfahrene Trekker hatten ihre Probleme damit.

Unsere Gruppe war entsetzt. Davon hatte nichts in den Anzeigen gestanden.

Die Träger liefen barfuß zur nächsten Teestube voraus, und die Kunden blieben im Schlamm stecken. Sie rutschten aus und heulten. Mehr als einmal wurde die Höhenkrankheit erwähnt, obwohl wir in Wirklichkeit nicht viel höher als Denver waren. Heather und ich liefen hin und her und ermutigten die Müden. Ich trug schließlich drei Videokameras. Laure trug neun.

Als wir schließlich die erste neue Brücke erreichten, sahen wir aus wie beim Rückzug von Moskau. Diese Brücken sind ziemlich hübsche Beispiele hinterwäldlerischer Baukunst; da es in dieser Gegend keine Baumstämme gibt, die lang genug sind, um den Fluß zu überbrücken, nehmen sie vier Stämme, schieben sie in den Fluß und verankern sie mit einem großen Stapel runder Steine. Dann schieben sie vier weitere Stämme von der anderen Seite heran, bis ihre Enden auf denen der ersten vier liegen. Es funktioniert, aber die Brücken wirken nicht gerade vertrauenseinflößend.

Unsere Gruppe musterte diese erste Brücke furchtsam. Arnold tauchte hinter uns auf und kaute auf einer nicht angezündeten Zigarre, während er die Szene filmte. »Die Todesbrücke«, sprach er ins Mikro seiner Kamera.

»Arnold, bitte«, sagte ich. »Verpiß dich.«

Er ging zu dem grauen Gletscherwasser des Flusses hinab. »He, George, glaubst du, ich könnte ins Wasser, um die Überquerung besser filmen zu können?«

»NEIN!« Ich stand schnell auf. »Ein Schritt in den Fluß, und du ertrinkst. Sieh dir die Fluten doch mal an!«

»Na schön, schon gut.«

Jetzt starrte der Rest der Gruppe mich entsetzt an, als sei ihr nicht schon auf den ersten Blick klar gewesen, daß ein Sturz in den Dudh Kosi in der Tat ein sehr fataler Fehler sein würde. Ziemlich viele von ihnen krochen schließlich auf Händen und Knien über die Brücke. Arnold hielt sie alle für die Nachwelt fest und filmte seine eigene Überquerung, indem er sich immer wieder im Kreis drehte, wobei ich jedesmal zusammenzuckte. Insgeheim verfluchte ich ihn; ich war mir ziemlich sicher, daß er genau gewußt hatte, wie gefährlich der Fluß war, und nur sichergehen wollte, daß auch alle anderen es erfuhren. Und kurz darauf — bei der nächsten Brücke, um genau zu sein — forderten die ersten Kunden, nach Lukla zurückgebracht zu werden. Nach Katmandu. Nach San Francisco.

Ich seufzte, als ich daran dachte. Und daran, daß das nur der Anfang war. Eben ein typischer Want To Take You Higher Ltd.-Videotrek. Plus Arnold.

3

Früh am nächsten Morgen erlebte ich Arnold wieder in Aktion, als ich sehr verkatert im Herzhäuschen, dem hinter dem Teehaus der Trekker liegenden Klosett, über dem ungesund feuchten Loch im Boden hockte. Ich hatte gerade mein Geschäft dort erledigt, als ich aufschaute und das große Glasauge einer Zoomlinse sah, das mich über die hölzerne Tür hinweg betrachtete.

»Nein, Arnold!« rief ich, während ich versuchte, meine Hand auf die Linse zu legen und gleichzeitig die Hosen hochzuziehen.

»He, ich will doch nur etwas Lokalkolorit reinbringen«, sagte Arnold und trat zurück. »Weißt du, die Leute sollen sehen, wie es wirklich ist, alle Einzelheiten und so weiter, und diese Klosetts sind schon wirklich toll. Exotisch.«

Ich bedachte ihn mit einem finsteren Stirnrunzeln. »Dann hättest du über Jiri anreisen sollen. In den Tieflanddörfern gibt es überhaupt keine Scheißhäuser.«

Seine Augen wurden rund, und er schob eine nicht angezündete Zigarre vom einen Mundwinkel in den anderen. »Und was macht man denn da?«

»Na ja, man geht einfach raus und sieht sich um. Sucht sich ein schönes Fleckchen aus. Da haben sie meistens ein Scheißfeld unten am Fluß. Richtig exotisch.«

Er lachte. »Du meinst, überall Haufen?«

»Ja, sowas in der Art.«

»Klingt ja toll! Vielleicht marschiere ich lieber zurück, anstatt zu fliegen.«

Ich musterte ihn und rümpfte die Nase. »Ein ernsthafter Filmemacher, was, Arnold?«

»Oh, ja. Hast du noch nie von mir gehört? Arnold McConnell? Ich drehe Abenteuerfilme für die PBS. Und manchmal für die Fremdenverkehrsämter der Skigebiete, Videoverleihe und so weiter. Skifahren, Hanggleiten, Kajakfahren, Parachuting, Bergsteigen, Skateboardfahren — das hab’ ich alles schon gemacht. Hast du nie Der Mann, der den Sambesi hinabschwamm gesehen? Nein? Ach, der gilt schon als Klassiker. Einer meiner besten.«

Also hatte er gewußt, wie gefährlich der Dudh Kosi war. Ich sah ihn verächtlich an. Schwer zu glauben, daß er Abenteuerfilme drehte; er sah eher aus wie die Art von Hollywood-Produzent, über die man sich schlechte Witze erzählt. »Also drehst du wirklich einen Film über diesen Trek?«

»Ja, klar. Immer bei der Arbeit, höre nie auf damit. Bin ein Workaholic.«

»Brauchst du keine größere Crew?«

»Na, normalerweise schon, aber das hier ist eine andere Sache, einer meiner ›Persönlichen Tagebuch-Filme‹, wie ich sie nenne. Ich hab’ ein paar an die PBS verkauft. Mache alle Arbeit allein. Das ist eben meine Version des Solokletterns.«

»Schön. Aber schneid’ den Teil raus, wie ich scheiße, ja?«

»Klar, mach’ dir keine Sorgen. Ich muß nur alles aufs Band kriegen, was ich kann, verstehst du, damit ich hinterher möglichst viel Material zur Verfügung habe. Und ich weiß mit allem etwas anzufangen. Deshalb habe ich auch diese Linse. Nur die neueste Ausrüstung für mich. Du wirst nicht glauben, was ich alles für Sachen habe.«

»Ich glaub’s dir.«

Er kaute auf seiner Zigarre. »Nenn’ mich einfach Mr. Abenteuer.«

»Werd’ ich.«