Pepeclass="underline" Red keinen Unsinn … Hast vor keinem was voraus! Keine Ehre haben sie, kein Gewissen …
Pepel in gleichgültigem Tone: Was brauchen sie Ehre und Gewissen? Die ersetzen ihnen die Stiefel nicht, wenn sie im Winter frieren … Ehre und Gewissen brauchen jene, die Macht und Gewalt haben …
Bubnow tritt ein: Hu-uh! Bin ich durchgefroren!
Pepeclass="underline" Sag mal, Bubnow - hast du ein Gewissen?
Bubnow: Wa-as? Ein Gewissen?
Pepel bejahend: Hm …
Bubnow: Was brauch ich ein Gewissen? Ich bin kein reicher Mann …
Pepeclass="underline" Das sag ich auch: Ehre und Gewissen sind nur für die Reichen nötig, ja! Und Kleschtsch ist eben über uns hergezogen: wir hätten kein Gewissen, sagt er …
Bubnow: Wollt er sich eins von uns borgen?
Pepeclass="underline" Hat selber genug von dem Zeug …
Bubnow: Also willst du's verkaufen? Na, hier wird's dir niemand abnehmen. Ja, wenn's zerbrochene Pappschachteln wären, die würd ich kaufen … aber auch nur auf Pump …
Pepel in belehrendem Tone zu Kleschtsch: Bist 'n dummer Kerl, Andrjuschka! Solltest mal hören, wie Satin über's Gewissen denkt … oder der Baron …
Kleschtsch: Ich mag's gar nicht wissen …
Pepeclass="underline" Die haben auch mehr weg als du … wenn sie auch Säufer sind …
Bubnow: Ein kluger Kerl, der säugt, ist das Doppelte wert …
Pepeclass="underline" Satin sagt: Jeder Mensch will, daß sein Nachbar ein Gewissen habe - ihm selbst aber ist's unbequem … Und das stimmt … Natascha tritt ein. Hinter ihr Luka, mit einem Wandstab in der Hand, einem Ranzen auf dem Rücken, einem kleinen Kessel und einer Teekanne am Gürtel.
Luka: Guten Tag, ehrbare Leute!
Pepel streicht sich den Schnurrbart: A-ah, Natascha!
Bubnow zu Luka: Ehrbar waren wir mal, aber seit vorvergangenem Frühjahr …
Natascha: Hier, ein neuer Mietsmann …
Luka zu Bubnow: Hat nichts zu sagen! Ich weiß auch Spitzbuben zu achten - ein Floh, mein ich, ist so gut wie der andre: alle sind schwarz, und alle hopsen … so ist's. Wo soll ich mich hier einquartieren, meine Liebe?
Natascha zeigt auf die Tür zur Küche: Geh da hinein, Großväterchen …
Luka: Danke, meine Tochter. Ist mir recht … Ein warmes Eckchen … das ist für 'nen alten Mann die Hauptsache … da fühlt er sich heimisch …
Pepeclass="underline" Was für 'nen spaßigen Graubart haben Sie uns da hergebracht, Natascha?
Natascha: Spaßiger ist er schon als Sie … Zu Kleschtsch. Andrej, deine Frau ist bei uns in der Küche … hol sie nach 'ner Weile.
Kleschtsch: Schon gut, ich hole sie dann …
Natascha: Sei nur recht gut gegen sie … es dauert ja nicht mehr lange …
Kleschtsch: Ich weiß es …
Natascha: Du weißt es … das ist nicht genug! Mach dir nur klar, was das heißt: sterben … Schrecklich ist's …
Pepeclass="underline" Ich fürchte mich nicht vorm Sterben …
Natascha: Freilich, wer so tapfer ist …
Bubnow läßt einen Pfiff ertönen: Der Zwirn taugt gar nichts …
Pepeclass="underline" Ich fürchte mich wirklich nicht! Auf der Stelle will ich sterben! Nehmen Sie ein Messer und stechen sie mich ins Herz - nicht 'nen Laut geb ich von mir! Mit Freuden sterb ich sogar … von einer reinen Hand …
Natascha während sie abgeht: Machen Sie andern was weis! …
Bubnow gedehnt: Der Zwirn ist wirklich nicht zu gebrauchen …
Natascha von der Tür her, die nach dem Hausflur führt: Vergiß deine Frau nicht, Andrej!
Kleschtsch: Schon gut ….
Pepeclass="underline" Ein prächtiges Mädel …
Bubnow: An dem Mädel ist nichts auszusetzen …
Pepeclass="underline" Warum sie nur … so sonderbar gegen mich ist? Will nichts von mir wissen … Hier muß sie zugrunde gehen …
Bubnow: Dafür wirst du schon sorgen …
Pepeclass="underline" Ich? Wieso ich? Mir tut sie leid …
Bubnow: Wie das Lamm dem Wolfe …
Pepeclass="underline" Schwatz nicht! Sie tut mir wirklich … sehr leid … hat's hier nicht gut … ich seh's doch …
Kleschtsch: Wenn dich Wassilissa mit ihr sieht … dann geht's dir schlecht …
Bubnow: Ja, die Wassilissa! Die läßt sich die Butter nicht vom Brot nehmen … ein Mordsweib …
Pepel streckt sich auf der Pritsche aus: Hol euch beide der Teufel, ihr … Propheten!
Kleschtsch: Wart's ab … wirst ja sehen …
Luka in der Küche, stimmt ein Lied an:
»Mitten in der dunklen Nacht
Ist kein Pfad, kein Weg zu schauen …«
Kleschtsch geht in den Hausflur: Nu fängt der an zu heulen … das fehlte noch …
Pepeclass="underline" Ich langweile mich … Wie kommt das? Man lebt, man lebt, alles geht gut - und mit einemmal ist's, als wär einem der Frost in die Glieder gefahren: man langweilt sich …
Bubnow: Du langweilst dich? Hm …
Pepeclass="underline" Ja …
Luka in der Küche singt: »Ist kein Pfad, kein Weg zu schauen …«
Pepeclass="underline" Heda! Du, Alter!
Luka sieht durch die Tür herein: Meinst du mich?
Pepeclass="underline" Ja, dich mein ich. Laß das Singen!
Luka tritt näher: Hörst du nicht gern singen?
Pepeclass="underline" Wenn gut gesungen wird, hör ich's gern …
Luka: Ich singe also nicht gut?
Pepeclass="underline" 's ist nicht weit her …
Luka: Sieh doch! Und ich dachte, daß ich sehr schön singe. So geht's aber immer: der Mensch denkt bei sich: das hast du gut gemacht! Und den Leuten gefällt's nicht …
Pepel lachend: Das stimmt …
Bubnow: Nanu? Du lachst ja! Und dabei sagst du, du langweilst dich!
Pepeclass="underline" Was willst du? Alter Rabe …
Luka: Wer langweilt sich?
Pepeclass="underline" Ich. Der Baron tritt ein.
Luka: Sie h doch an! Und dort in der Küche sitzt ein Mädchen, liest in einem Buch und weint! Wahrhaftig! Ihre Tränen fließen nur so … Ich frag sie: »Was fehlt dir, meine Liebe - he?« Und sie meint: »Sie tun mir so leid …« - »Wer denn?« frag ich sie … »Na, hier im Buch, die Leute«, sagt sie … Mit sowas verbringt nun ein Mensch seine Zeit, was? Auch aus Langeweile, scheint's …
Der Baron: Das ist ja närrisch …
Pepeclass="underline" Hast du schon Tee getrunken, Baron?
Der Baron: Allerdings … Was weiter?
Pepeclass="underline" Soll ich 'ne Flasche Schnaps zum besten geben?
Der Baron: Versteht sich … Was weiter?
Pepeclass="underline" Kriech auf allen vieren und belle wie 'n Hund!
Der Baron: Dummkopf! Bist du ein Protz, ein Kaufmann? Oder bist du bezecht?
Pepeclass="underline" Na, so bell schon! Es wird mir Spaß machen … Bist 'n Herr … 's gab mal 'ne Zeit, wo du unsereinen nicht für 'nen Menschen ansahst …
Der Baron: Na - und was weiter?
Pepeclass="underline" : Was weiter? Na, und jetzt werd ich dich wie 'nen Hund bellen lassen. Wirst doch bellen, was?
Der Baron: Meinetwegen … Dummkopf! Wie dir das nur Spaß machen kann … Wo ich doch selbst weiß, daß ich womöglich noch tiefer gesunken bin als du … Hättest es mal früher versuchen sollen, mich auf allen vieren kriechen zu lassen … damals, als ich noch nicht deinesgleichen war …
Bubnow: Hast recht!
Luka: Auch ich meine: So ist's richtig …
Bubnow: Was gewesen ist, ist gewesen. Übriggeblieben ist nicht viel davon … hier kennen wir keine Herren … der Putz ist weg, nur der nackte Mensch ist geblieben …
Luka: Alle sind gleich, heißt das … Du warst also mal ein Baron, mein Lieber?
Der Baron: Was ist denn das für 'n Kerl? Wer bist du, alter Kauz?