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Der Baron Juranic also ließ es sich auf diesem Fest recht wohl ergehen, er trank und tanzte mit großer Ausdauer und in guter Laune, wobei es freilich mit seinem Tanzen nicht weit her war. Ob nun die Musikanten zu einer Gigue, zu einer Courante oder zu einer Sarabande aufspielten, — ihm machte das keinen Unterschied, er vollführte bei jedem dieser Tänze die gleichen Sprünge und bezeigte dabei weit mehr Eifer als Geschicklichkeit. Kurzum, — dieser tapfere Offizier tanzte so zierlich wie ein dressierter Bär. Wenn die Musik für eine Weile schwieg, dann stieß er mit jedem, der ihm in den Weg kam, auf die Gesundheit des Täuflings an, auch machte er den Damen seine Komplimente, einer jeden versicherte er, er habe ihre Schönheit von Leuten rühmen hören, die etwas von der Sache verstünden. Seine besondere Aufmerksamkeit aber widmete er der jüngsten der drei Töchter des Herrn von Berka, die an diesem Abend zum erstenmal in einer größeren Öffentlichkeit erschienen war. Diesem sehr schönen, aber etwas schüchternen jungen Fräulein berichtete er von seinen Waffentaten, von geglückten Anschlägen, Uberfällen und von anderen Streichen, die er den Türken gespielt hatte, wobei er nie vergaß, zu bemerken, es sei von dieser Sache viel Lärm in der Welt gemacht worden, sie habe aber nicht viel zu bedeuten. Auch ließ er das junge Fräulein wissen, daß er sich in seiner Heimat, wo der Scheffel Korn sieben Weißlinge gelte und die Tonne Bier einen halben Gulden, einen reichen Mann nennen könne, und die Frau, der es dereinst beschieden sei, mit ihm auf seinem Gut zu hausen, die werde im Vollen sitzen mit Federn, Wolle, Honig, Butter, Korn, Vieh und Bier, kurz, mit allem, dessen sie zu einem vergnüglichen Leben bedürfe. Sie müsse nur vom Himmel mit einer guten Figur begnadet sein, setzte er mit einem Blick auf die des Fräuleins hinzu, denn eine solche gelte ihm noch weit mehr als adelige Herkunft und gute Sitten.

Nun war aber unter den Gästen ein junger Graf Collalto, venezianischer Herkunft, ein rechter ä la Mode-Herr, der vermeinte, gewisse Rechte auf die jüngste der drei BerkaFräulein zu haben, und ihm mißfiel sowohl die Person wie auch das Auftreten des kroatischen Edelmanns. Und wie nun dieser wiederum eine Sarabande mit dem Fräulein auf seine Art gehüpft und gesprungen hatte, trat der Graf mit einer Verbeugung auf ihn zu und bat ihn in respektvollem Ton, ihm doch geneigtest zu verraten, bei welchem berühmten Ballettmeister er es in der hohen Schule des Tanzes zu solcher Perfection gebracht habe.

Der Baron Juranic war ein Mann, der einen Spaß, auch wenn er auf seine Kosten ging, mit guter Miene hinzunehmen wußte. Er lachte und sagte, er wisse wohl, daß er in der Tanzkunst nur wenig erfahren sei, er müsse dessenthalben auch alleraufrichtigst um Entschuldigung bitten, jedoch bereite ihm das Tanzen großes Vergnügen, und er hoffe damit der Demoiselle und den übrigen Gästen nicht allzu beschwerlich gefallen zu sein.

»Der Herr wird sich selbst nicht gerecht, er ist zu bescheiden«, meinte der Collalto. »Der Herr wird mit den schwierigsten Tanzfiguren so leicht fertig wie ein anderer mit einer warmen Brotsuppe. In dem großen Wasserspiel und Schäferballett, das man demnächst Seiner Majestät in der Burg vorführen wird, könnte der Herr mit seiner Kunst sehr wohl einen von den Faunen oder vielleicht sogar den Silenum selbst agieren.«

»Ich bin«, sagte der Baron gelassen, »Soldat und daher den Waffentanz besser gewohnt als jeden anderen, hab' auch in meinem Leben die Kanonen öfter spielen lassen als die Flöten und Violen. Für den bocksfüßigen und gehörnten Silen mag der Herr sich also nach einem anderen Darsteller umsehen. Was aber die Brotsuppe betrifft, so geb der Herr nur acht, daß er nicht auslöffeln muß, was er sich einbrockt.«

Und damit verbeugte er sich, bot seiner Dame den Arm und trat mit ihr wiederum in die Reihe der Tanzenden.

Der junge Collalto blickte den beiden nach, und sein Zorn wuchs immer mehr, weil dieser tölpelhafte Baron dem schönen Berka-Fräulein nicht von der Seite weichen wollte, und da er nun sah, daß er seinen Gegner mit Stichelworten nicht aus der Ruhe bringen konnte, entschloß er sich, es auf anderem Wege zu versuchen. Er trat an das tanzende Paar herein und wußte dem Baron so geschickt ein Bein zu stellen, daß dieser der Länge nach hinschlug und im Fallen zwar nicht die Demoiselle, wohl aber den Herrn, der ihm zunächst tanzte, mit sich zu Boden riß.

In den Reihen der Tanzenden entstand ein Durcheinander, die Musikanten unterbrachen ihr Spiel, man vernahm Gelächter, Fragen und bestürzte Rufe, doch die Verwirrung nahm sogleich ein Ende, denn der Baron stand schon wieder auf seinen Beinen und war dem Herrn, den er zu Fall gebracht hatte, beim Aufstehen behilflich. Der sah zuerst recht mißmutig drein, sobald er aber bemerkte, daß an seinen Kleidern, Spitzen und Bändern kein Schaden entstanden war, gewann er seine Contenance wieder, und er sagte, zu dem Baron gewendet, mit vollendeter Höflichkeit, der nur eine kleine Prise Spott beigemegt war:

»Der Herr versteht es, wie ich sehe, einige Abwechslung in das Tanzvergnügen zu bringen.«

Der Baron Juranic lüftete seinen Hut und brachte seine Entschuldigungen vor. Dann suchte er das Berka-Fräulein, doch er fand die Demoiselle nicht mehr an seiner Seite, sie hatte, beschämt und bestürzt über das peinliche Mißgeschick, das ihrem Kavalier zugestoßen war, schon während des Durcheinanders den Saal verlassen. Indessen setzte die Musik wieder ein, die Paare ordneten sich, der Tanz ging weiter, und der Baron Juranic schritt durch die Reihen der Tanzenden und trat auf den Collalto zu.

»Der Herr mag sagen«, sprach er ihn an, »ob er mir das mit Absicht und ex malitia getan hat.«

Der junge Collalto blickte hochmütig über ihn hinweg in die leere Luft und gab keine Antwort.

»Ich will wissen«, wiederholte der Baron, »ob der Herr mir das ex malitia getan hat, daß die junge Demoiselle über mich lachen sollt'.«

»Ich bin nicht verhalten«, sagte jetzt der Graf Collalto, »auf eine Frage Antwort zu geben, die in solch einem insolenten Ton an mich gerichtet wird.«

»Der Herr ist schuldig, mir die Genugtuung zu geben, die mir nach geschehenem Affront als einem Edelmanne zusteht«, erklärte der Baron.

»Es nennt sich hier mancher einen Edelmann, der daheim in Holzschuhen hinter seinem Ochsen herläuft«, meinte der Graf Collalto mit einem Achselzucken.

In dem Gesicht des Barons regte sich kein Muskel, doch eine Säbelnarbe, die vordem kaum zu bemerken gewesen war, flammte jetzt an seiner Stirne auf, rot wie ein Feuermal.

»Da der Herr mir die Genugtuung verweigert«, sagte er, ohne die Stimme zu erheben, »und fortfährt, mich zu offendieren, so kann ich den Herrn nicht länger als einen Kavalier traktieren. Ich werd' ihn mit Stockprügeln zur Raison bringen wie einen gemeinen Bauernknecht.«

Der Graf Collalto hob die Hand, um dem Baron ins Gesicht zu schlagen, der aber hielt sie auch schon mit eisernem Griff fest in der seinen.

Jetzt erst bequemte sich der Collalto dazu, mit dem Baron in anderem Ton zu reden.

»Es ist hier nicht der Ort, noch ist es die rechte Zeit, die Sache auszutragen«, erklärte er, »aber in einer Stunde wird der Herr mich im Kinskyschen Garten vor dem großen Rondeau finden. Das Haupttor ist versperrt, aber das Seitenpförtchen steht offen. Dort werd' ich den Herrn zu bedienen wissen.«