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»Gott steh' uns Sündern bei!« murmelte der Cervenka entsetzt, und der Lakai, der die Weinkannen hielt, versuchte, eine Hand frei zu bekommen, um hastig ein Kreuz zu schlagen.

»Der Kuckuck«, fuhr der Kaiser fort, »begehrte, ich sollt' den Sakramenten, den Messen, den Vigilien, dem Chrysam und dem Weihwasser absagen. Der in der Hummel Gestalt raunte mir zu, daß der Herr Jesus, unsere Hoffnung, nicht in das Fleisch gekommen und daß die heilige Muttergottes in der Erbsünde empfangen worden sei.«

»Dann ist's wohl klar, von welcher Art und Herkunft diese Vögel waren«, bemerkte nachdenklich der Adam Sternberg.

»Der dritte, der in einer Krähe Gestalt sich zeigte«, berichtete der Kaiser weiter, »der beschwor mich, es sei jetzt die Zeit und ich dürfe nicht länger warten, ich müsse absagen der heiligen Taufe und dem heiligen Kreuz, den Messen und dem geweihten Wasser, sonst werde der, der ihn sende, die Krone von meinem Haupte nehmen und sie mit all meiner Macht in die Hände des Frevlers und Lotterbuben geben.«

Wenn der Kaiser vom Frevler und Lotterbuben sprach, dann meinte er seinen Bruder Matthias, den Erzherzog von Osterreich.

»Gott wird's nicht zulassen«, sagte der Hanniwald. »In seinen Händen liegt des Reichs und Eurer Majestät Geschick und nicht in denen des Widersachers.«

»So ist es. In Ewigkeit Amen«, ließ sich der Cervenka vernehmen.

»Gestern in der Nacht«, fuhr der Kaiser fort, »kamen nur zwei von seinen Boten, der in des Kuckucks und der in der Hummel Gestalt. Der Kuckuck nannte den Papst einen losen spanischen Kaplan, der in Rom residiert, und die Hummel raunte mir zu, ich sollt' mich ihrem Herrn nicht länger widersetzen, sondern ihm seinen Willen tun, sonst werde es mir übel ergehen, der geheime Schatz werde nicht in meine Hände kommen, er werde in Nichts zergehen wie Märzenschnee, und ich müßte verzweifeln.«

»Weiß Eure Majestät von einem geheimen Schatz?« fragte der Sternberg. »Ich weiß nur von Schulden da und Schulden dort.«

»Und heute in der Nacht«, sprach der Kaiser weiter, »kamen sie wiederum zu dritt, aber der in des Kuckucks Gestalt führte allein das Wort.«

»Er wird Eurer Majestät wohl nicht das Benedictus vorgepfiffen haben«, meinte der Sternberg.

Der Kaiser fuhr sich mit dem Rücken seiner schmalen Hand über die feuchte Stirne. Sein Blick war abwesend und in seiner Seele war das Grauen und der Tod.

»Er sagte«, berichtete er, »er und seine beiden Gesellen kämen nun zum letztenmal, mich zu mahnen, und nach ihnen käme nur einer noch, der werde sich mir in eines Menschen Gestalt zeigen, und ihm müßt' ich die Antwort sagen. Und ich sollt' meine Antwort wohl bedenken, denn wenn sie seinem Herrn mißfiele, dann werde er meine Krone und kaiserliche Gewalt dem Frevler, dem Lecker, dem Lotterbuben geben. Und unter des Frevlers Herrschaft werde der Krieg kommen in allen Ländern vom Aufgang bis zum Niedergang, mit Verfinsterung des Mondes und der Sonne, mit vielen feurigen und blutigen Zeichen am Himmel und auf der Erde, mit Rebellion, Blutvergießen, fallenden Seuchen und Hungersnot. Da würden alle Menschen verzagen und viele sterben, und um Bretter zu Särgen werd' überall ein großes Bitten sein. Und ich konnt's nicht länger hören«, so schloß der Kaiser seinen Bericht, »ich lief zur Tür hinaus und dann traf ich diesen dort.«

Und er wies mit einer müden und kraftlosen Bewegung seines Arms auf den Kammerdiener Cervenka.

»Ja«, sagte dieser, »und ich fand Eure Majestät an allen Gliedern zitternd und mit Schweißtropfen an der Stirn, nahm mir daher heraus, Eure Majestät um Schonung höchstdero Gesundheit getreulich zu bitten.«

Der Sternberg machte dem jungen Grafen Bubna ein Zeichen, daß er dem Kaiser die Weinkanne reichen möge. Denn nach der zweiten Kanne Weins pflegte sich des Kaisers Erregung zumeist sehr rasch zu legen, die düsteren Vorstellungen und die schwermütigen Gedanken wichen für einige Zeit von ihm, und es stellte sich das Schlafbedürfnis ein. Der Kaiser nannte das »sein Leid vergessen«.

Indessen fragte der Hanniwald:

»Hat Eure Majestät bereits geruht, die Antwort zu erwägen, die dem angekündigten Ambassadeur des Satans zu erteilen sein wird?«

Der Kaiser schwieg und fuhr sich mit der Hand über die Stirne und durch sein gekraustes Haar. Sein Atem ging hörbar, seine Brust hob und senkte sich. Eine Minute währte dieses Schweigen.

Der Hanniwald, den bisweilen die Furcht beschlich, der Kaiser könnte dem katholischen Glauben untreu werden und sich in seinem Gemüte der utraquistischen Ketzerei zuneigen, flüsterte dem Sternberg zu:

»Metuo, ne Caesar in apostasiam declinet.«

»Optime! Optime!« gab der Sternberg, der kein Wort verstanden hatte, zur Antwort.

Jetzt begann der Kaiser zu reden. Er sprach mit leiser Stimme, langsam und die Worte mit Vorsicht wählend.

»Du weißt es, Hanniwald«, sagte er, »wie so unruhig die Sachen in Böhmen beschaffen sind und wie gefährlich es hier mit dem Landfrieden und der Religion steht. Wir müssen daher durch zeitliche Klugheit den wütenden Feind und Widersacher zu besänftigen trachten und so das Übel abwehren, mit dem er die von Gott uns anvertrauten Länder bedroht. Denn ich will den Krieg nicht, der aller Menschen Nahrung, Vieh und Gewächse, Handel und Hantierung verheert und verstört und der in seinem Mantel das große Sterben trägt. Ich will den Frieden, hab' mich all mein Leben um ihn gemüht, den edlen Frieden will ich, der alle Menschenkinder ernährt.«

»Recht so!« rief der Sternberg. »Mag's regnen, mag's schnei'n, nur gut Wetter soll sein.«

»Die Gewalt, mit der der böse Feind und Widersacher sich so hoffärtig brüstet, ist nicht gar groß«, sagte jetzt der Hanniwald. »Nur in seiner Hölle hat er Gewalt, auf Erden nicht. Sein Drohen ist eitel, ist Teufelstrug und Teufelsgespinst. Und um seinem Netz und Fallstrick zu entgehen, bedarf es weltlicher Klugheit wahrlich nicht, sondern daß wir uns nicht eines Fingers breit von dem Herrn Jesus, der uns erlöst hat, hinwegbegeben, das allein tut not.«

»Das allein tut not«, wiederholte der Sternberg, und er gab dem Bubna wiederum ein Zeichen, daß er dem Kaiser die Weinkanne reichen sollt'. »Gut gesprochen, Hanniwald, gut gesprochen.«

»War also alles nur Teufelstrug und Teufelsgespinst«, flüsterte der Kaiser mit einem tiefen Aufseufzen.

»Ein excellenter Kopf, der Hanniwald, ich hab' es Eurer Majestät immer gesagt«, erklärte der Sternberg, und er gab dem Bubna, der wie ein Stock dastand, ein neues Zeichen.

»... daß wir uns nicht eines Fingers breit von dem Herrn Jesus, der uns erlöst hat, hinwegbegeben«, flüsterte der Kaiser. »Das ist ein gutes Wort, tröstet die Seele, ist stark wie Bezoar.«

Jetzt endlich fiel sein Blick auf den Grafen Bubna, er nahm ihm die Kanne aus der Hand und trank sie leer.

»Alles nur Trug!« sagte er sodann. »Lustig! Lustig! Du bist also der Vojtech Bubna. Ich hab' einen Bubna gekannt, war mit meinem geliebtesten Herrn Vater hochlöblichen Gedächtnisses bei einem Bubna auf der Wildschweinjagd. Und du? Wie steht's mit dir? Wieviel bist du dem MeislJuden schuldig?«

Der junge Bubna wurde blutrot im Gesicht. Wie die meisten jungen böhmischen Herren von Adel hatte er vom Meisl gegen Schuldschein Geld geliehen, denn von zu Hause gab es nur kargen Zuschuß. Er begann zu stammeln:

»Siebzehn rheinische Gulden. Eure Majestät wird verzeihen, — es ist nicht recht, aber ich hatte im Spiel Verluste, wüßt' mir anders nicht zu helfen.«