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4 Tränen lachen — хохотать до слёз

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Н e r t a: O, wie viele Theater!

К u r t: Moskau ist die bedeutendste Theaterstadt der Welt. Das wissen wir ja.

N a d j a: Und hier erhebt sich vor Ihren Blicken eines der schönsten Museen der Stadt: das Revolutionsmuseum.

Н e r t a: O, davon habe ich schon gehört.

K u r t: Nadja, warum wieder so poetisch — «erhebt sich vor Ihren Blicken»? Warum nicht einfach: «sehen Sie»?

N a d j a: Poesie ist doch schöner als Prosa!

Н e r t a: Es sind verschiedene Sphären. Man muß sie gut unterscheiden.

N a d j a: Ob ich nun sage «erhebt sich vor Ihren Blicken» oder einfach «sehen Sie» — fällt denn der Unterschied wirklich so ins Auge 1?

К u r t: In der Umgangssprache sagt man: ist der Unterschied so groß? — Ja, es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht 2. Aber wo sind wir denn?

N a d j a: Am Majakowskiplatz. Dort drüben ist das Denkmal des Dichters, rechts das Staatliche Puppentheater, das von Obraszow geleitet wird. Und hier der Tschaikowski-Konzertsaal.

Н e r t a: Nadja, schauen Sie doch bitte, wann hier ein Schostakowitsch-Konzert stattfindet.

N a d j a: Erst nächste Woche. Aber hier im Kiosk gibt es Karten für die Schostakowitsch-Operette «Moskau — Tscherjomuschki».

Н e r t a: Für die Musik von Schostakowitsch bin ich nämlich Feuer und Flamme 3.

HALS- UND BEINBRUCH! 4

Unsere Freunde besorgten sich Konzertkarten und gingen dann weiter, zu Fuß zum Belorussischen Bahnhof und zurück. Drei Stunden dauerte der Spaziergang durch die Gorkistraße. Als sie ihr Hotel erreichten, war es schon Zeit, zu Mittag zu essen, und sie gingen in den Speisesaal. An den Tischen ringsum hatten sich mehrere Touristen aus der DDR

1 ins Auge fallen — бросаться в глаза

2 es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht — это как небо и земля; большая разница

3 Feuer und Flamme sein — сильно увлекаться

4 Hals- und Beinbruch! — Ни пуха, ни пера!

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niedergelassen, die ebenfalls im Hotel Berlin wohnten. Kein Wunder, daß man viel Deutsch zu hören bekam 1. Nadja wollte sich nichts entgehen lassen 2, saß still da und war ganz Ohr 3. Sie bekam aber nur Fragmente von Gesprächen zu Gehör.

Kurt machte währenddessen einige Aufnahmen für eine Episode, die «Im Moskauer Hotel Berlin» heißen sollte. Herta hatte sich in Schweigen gehüllt 4.

Eben hatte am Nebentisch jemand laut: «Hals- und Beinbruch!» gerufen.

N a d j a: So was! Aber so etwas! Kaum zu glauben!

Н e r t a: Was ist denn los, Nadja?

N a d j a: Haben Sie denn nicht gehört? Da wünscht einer einem andern, daß er sich den Hals und die Beine brechen soll.

Н e r t a: Aber, Kind, im Gegenteil 5!

N a d j a: Was heißt «im Gegenteil»? Wünscht er ihm vielleicht etwas Gutes?

К u r t (hat alles gehört, kommt, setzt sich): Aber natürlich, Nadja. Das ist doch ein GIückwunsch. Wissen Sie das nicht?

N a d j a: Schöner Glückwunsch! Нечего сказать! Wollen Sie mir vielleicht einen Bären aufbinden 6?

K u r t: Nicht im geringsten. 7

Н e r t a: Hals- und Beinbruch wünscht man jemandem wenn man von ihm etwas Schlechtes abwenden will. Es ist ein Ausdruck der Flieger und früher wohl der Bergsteiger.

N a d j a: Aha: «Ни пуха, ни пера!» im Russischen. Das kommt aus der Jägersprache. Aber das ist doch alles dummer Aberglaube!

1 zu hören bekommen (zu Gehör bekommen) — слышать

2 sich nichts entgehen lassen — ничего не упускать

3 ganz Ohr sein — внимательно прислушиваться

4 sich in Schweigen hüllen — таинственно молчать

5 im Gegenteil — напротив

6 jemandem einen Bären aufbinden — рассказывать кому-либо небылицы, надувать кого-либо

7 Nicht im geringsten. — Никоим образом.

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Н e r t a: Sicher, wenn man an den Ursprung solcher Redewendungen denkt. Aber daran denkt jetzt keiner mehr.

К u r t: So ist es noch mit vielem in der Sprache. Vergessen wir doch nicht, daß die meisten Redewendungen in grauer Vorzeit entstanden sind.

N a d j a: In grauer Vorzeit — vor vielen, vielen Jahren. Gibt es auch eine «graue Zukunft»?

Н e r t a: Ich denke, für uns nicht. Wir können ruhig in eine helle Zukunft blicken. Und darum — Hals- und Beinbruch!

BRECHEN SIE FÜR MICH EINE LANZE 1!

Nach dem Mittagessen ruhten sich Kurt, Herta und Nadja ein wenig aus und plauderten. Worüber?

K u r t: Falsch gebrauchte Redewendungen, Nadja, wirken komisch. Da erinnere ich mich an eine lustige kleine Geschichte.

N a d j a: Lustige Geschichten höre ich immer gern, ebenso wie Redewendungen. Ich bin ganz Ohr.

K u r t: In Berlin, am Bahnhof Friedrichstraße...

N a d j a: Übrigens — sonst vergesse ich es — sagen Sie mir doch bitte, bitte, noch ein paar Ausdrücke mit «Ohr»!

1 eine Lanze brechen (einlegen) für jemanden — выступать в интересах кого-либо, вступиться за кого-либо (die Lanze — копьё, пика; ср. копья ломать)

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H e r t a: Wer eine Fremdsprache lernt, muß ein feines Ohr für die Aussprache haben 1.

N a d j a: Das heißt, er muß sie schnell und richtig erfassen, nicht wahr?

H e r t a: Ja. Er muß auch, wenn diese Sprache irgendwo gesprochen wird, die Ohren spitzen 2 und gut zuhören. Man kann auch «ein schlechtes» oder «ein taubes Ohr für etwas haben», d. h. etwas nicht verstehen wollen oder können. Jetzt aber Ruhe! Kurt, du hast das Wort.

N a d j a: Ich verspreche, ich werde Ihnen nicht mehr ins Wort fallen 3.

K u r t: Gut, Nadja, ich werde Sie beim Wort nehmen 4. Also, das war in Berlin, am Bahnhof Friedrichstraße. Da steht ein junges Mädchen mit einem Koffer. Sie wendet sich an einen Gepäckträger. Wie heißt das russisch, Nadja?

N a d j a: Носильщик. Sie haben mich gefragt, ich habe geantwortet. Ich bin Ihnen nicht ins Wort gefallen, nicht wahr? Ich habe mein Wort nicht gebrochen 5. Oder doch?

K u r t: Nadja, Ihre Kunst, Redewendungen anzuwenden, ist fabelhaft. Na schön, also weiter im Text 6.

N a d j a: Neu! (Notiert): «Weiter im Text!»

K u r t: Das Mädchen war eine Russin. Also, sie sagt zu dem Mann: «Herr Gepäckträger, brechen Sie bitte für mich eine Lanze!»

H e r t a (lacht): Wie komisch!