Nach einstündigem Kampfe, wo Mann gegen Mann mit dem Bajonett ringt, wankt das Armeekorps des Generals Kaim und zieht sich zurück. Der General Champeaux stürzte an der Spitze des ersten und achten Dragonerregiments auf die Weichenden und bringt sie noch mehr in, Unordnung, worauf General Watrin sie mit dem 6. leichten und dem 22. und 40. Linienregiment verfolgt und sie auf 100 Ellen (200 Meter) hinter den Bach Barbotta zurückwirft. Aber die Bewegung, die er gemacht, hat ihn von seinem Armeekorps getrennt, die Divisionen des Generals Victor sind durch seinen Sieg gefährdet, und er ist genötigt, den Posten wieder einzunehmen, den er einen Augenblick offen gelassen hat.
Zur gleichen Zeit tat Kellermann auf dem linken Flügel, was Watrin soeben auf dem rechten getan hatte. Zwei seiner Kavallerieangriffe hatten die feindliche Linie durchbrochen; aber nach der ersten war er auf eine zweite Linie gestoßen, und da er wegen der Überzahl den Kampf nicht wagte, ging ihm die Frucht des augenblicklichen Sieges verloren.
Am Mittag wurde diese Linie, die wie eine feurige Schlange fast eine Meile lang hin und her wogte, im Zentrum zurückgedrängt, nachdem sie das Menschenmögliche geleistet hatte; sie zog sich zurück, nicht besiegt, sondern zerschmettert von dem Feuer der Artillerie und zerdrückt durch den Stoß der Massen. Das Korps entblößte durch den Rückzug seine Flügel, die daher gezwungen waren, der rückgängigen Bewegung des Zentrums zu folgen; und Watrin und Kellermann gaben beide ihren Divisionen den Befehl zum Rückzug.
Der Rückzug wurde sogleich regelmäßig, wie auf dem Schachbrett, unter dem Feuer von achtzig Stück Geschütz, die dem Marsche der österreichischen Bataillone vorarbeiteten, vollzogen. Zwei Stunden weit zog sich die ganze Armee, von Kanonenkugeln durchfurcht, von Kartätschen zerfleischt und von Haubitzen zerrissen, zurück, ohne daß ein einziger Mann seine Reihe verließ, um zu fliehen, und indem sie die verschiedenen vom Ersten Konsul angeordneten Bewegungen mit der Regelmäßigkeit und der Kaltblütigkeit einer Parade ausführte. In diesem Augenblick erschien die erste österreichische Kolonne, die, wie geschildert, nach Castelceriolo marschiert und noch nicht ins Feuer gekommen war, indem sie uns rechts überflügelte. Dieser Andrang wäre zu stark gewesen, und Bonaparte entschied sich daher, die Konsulargarde zu verwenden, die er mit zwei Grenadierregimentern als Reserve aufgespart hatte. Er ließ sie bis auf 300 Ellen (600 Meter) auf der äußersten Rechten vorrücken, befahl ihr, sich in Vierecken aufzustellen und Elsnitz mit seiner Kolonne wie durch eine Granitschanze aufzuhalten.
General Elsnitz beging jetzt den Fehler, in den Bonaparte gehofft hatte, daß er fallen würde. Statt diese 900 Mann, die im Rücken einer siegreichen Armee nicht zu fürchten waren, unbeachtet zu lassen und weiter zu marschieren, um den Generalen, Melas und Kaim zu Hilfe zu kommen, verbiß er sich in diese Handvoll Tapferer, die alle ihre Patronen beinahe auf Schußweite abschossen, ohne überwältigt zu werden, und, als sie ihre Kugeln verschossen hatten, den Feind mit der Spitze des Bajonetts empfingen.
Allein diese Handvoll Leute konnte es unmöglich lange so aushalten, und Bonaparte wollte ihnen daher Befehl geben lassen, der rückgängigen Bewegung der übrigen Armee zu folgen, als eine der Divisionen Desaix', die des Generals Monnier, im Rücken der französischen Linie erschien. Bonaparte zitterte vor Freude; es war die Hälfte der erwarteten Verstärkung. Sofort wechselt er ein paar Worte mit General Dupont, dem Chef des Generalstabs. General Dupont stürzt auf sie zu, übernimmt das Kommando, findet sich einen Augenblick von der Kavallerie des Generals Elsnitz umringt, durchbricht ihre Reihen und stößt mit schrecklichem Ansturm auf die Division des Generals Kaim, die schon auf General Lannes losbrach, und treibt den Feind bis zum Dorfe Castelceriolo zurück. In diesen Ort wirft er eine seiner Brigaden unter den Befehlen des Generals Carra Saint-Cyr, der die überraschten und durch den ungestümen Angriff ganz verblüfften Tiroler Jäger und die Wolfsjäger daraus vertreibt, befiehlt ihm im Namen des Ersten Konsuls, sich hier eher mit allen seinen Leuten töten zu lassen, als zu weichen; dann macht er auf dem Rückweg das Bataillon der Konsulargarde und die zwei Grenadierregimenter, die sich unter den Augen der ganzen Armee so schön verteidigt hatten, frei und schließt sich nun der rückgängigen Bewegung an, die fortwährend, mit derselben Ordnung und Genauigkeit ausgeführt wird.
Es war drei Uhr mittags. Von 19 000 Mann, die um fünf Uhr morgens die Schlacht eröffnet hatten, waren auf einem Bogen von zwei Meilen kaum noch 8000 Mann Infanterie, 1000 Pferde und 6 Kanonen übrig und kampffähig; der vierte Teil der Armee war kampfunfähig, und mehr als das zweite Viertel war aus Mangel an Wagen mit dem Transport der Verwundeten beschäftigt, die nach Bonapartes Befehl nicht zurückgelassen werden durften. Alles zog sich zurück, mit Ausnahme des Generals Carra Saint-Cyr, der, das Dorf Castelceriolo besetzt haltend, schon über eine Meile von der Hauptarmee entfernt war. Noch eine halbe Stunde, und es schien allen unvermeidlich, daß der Rückzug sich in ungeordnete Flucht auflösen mußte. Da sprengt ein der Division Desaix, auf der zur Stunde nicht nur das Glück des Tages, sondern das Schicksal Frankreichs ruht, vorausgeschickter Adjutant in vollem Galopp an mit der Nachricht, daß die Spitze ihrer Kolonnen auf der Höhe von San Giuliano erscheint. Bonaparte wendet sich um, sieht den Staub, der ihre Ankunft bezeichnet, wirft einen, letzten Blick auf die ganze Linie und gebietet Halt!
Das elektrische Wort läuft durch die Front der Schlacht: alles macht halt. In diesem Augenblick kommt Desaix an, der seiner Division eine halbe Stunde vorauseilt. Bonaparte zeigt ihm die mit Toten bedeckte Ebene und fragt ihn, was er von der Schlacht denke. Desaix übersieht alles mit einem Blick:»Ich denke, sie ist verloren, «sagt er; dann zieht er seine Uhr:»aber es ist erst drei Uhr, und wir haben noch Zeit, eine zweite zu gewinnen.«»Das ist meine Absicht. «erwiderte lakonisch Bonaparte,»und ich habe zu diesem Zweck Vorkehrungen getroffen.«
In der Tat, hier fängt der zweite Abschnitt des Tages an oder vielmehr die zweite Schlacht von Marengo, wie Desaix sie genannt hat.
Bonaparte reitet an der Front der Linie, die sich jetzt von San Giuliano nach Castelceriolo erstreckt, vorüber.
«Kameraden, «ruft er mitten in den Kugeln, die die Erde unter den Füßen seines Pferdes aufwühlen,»wir haben zu viele Schritte rückwärts gemacht; der Augenblick ist gekommen, vorwärtszugehen. Vergeßt nicht, daß ich gewohnt bin, auf dem Schlachtfelde zu schlafen!«
Der Ruf:»Es lebe Bonaparte! Es lebe der Erste Konsul!«erhebt sich von allen Seiten und erstirbt in den Wirbeln der Trommeln, die zum Angriff schlagen.
Die verschiedenen Armeekorps waren jetzt in folgender Ordnung aufgestellt: der General Carra Saint-Cyr behauptete fortwährend, trotz den Anstrengungen, die der Feind machte, es wiederzunehmen, das Dorf Castelceriolo, die Hauptstütze der ganzen Armee.
Nach ihm kamen die zweite Brigade der Division Monnier, die Grenadiere und die Konsulargarde, die, zwei Stunden lang allein gegen das ganze Armeekorps des Generals Elsnitz ausgehalten hatten.
Hierauf die zwei Divisionen Lannes'.
Dann die Division Boudet, die noch nicht im Feuer war, und an deren Spitze sich der General Desaix befand, der scherzend sagte, es werde ihm Unglück begegnen, da ihn die österreichischen Kugeln seit den zwei Jahren, die er in Ägypten gewesen sei, nicht mehr kennten.