Endlich die zwei Divisionen Gardanne und Chambarliac, die während des Tags am meisten mitgenommen worden und von denen kaum mehr 1500 Mann übrig waren.
Alle diese Divisionen waren in einer Diagonale hintereinander aufgestellt. Die Kavallerie stand auf der zweiten Linie, bereit, in die Zwischenräume der Korps einzurücken: die Brigade des Generals Champeaux lehnte sich an die Straße von Tortona; die des Generals Kellermann stand im Zentrum zwischen dem Korps Lannes und der Division Boudet.
Die Österreicher, die von der uns zugekommenen Verstärkung nichts gesehen haben und glauben, der Tag sei gewonnen, rücken in guter Ordnung immer weiter vor. Eine Kolonne von 5000 Grenadieren, von General Zach kommandiert, dringt auf der großen Straße vor und marschiert im Sturmschritt gegen die Division Boudet, die San Giuliano deckt. Bonaparte läßt fünfzehn Kanonen als Batterie aufstellen, die eben angekommen waren und von der Division Boudet maskiert werden; dann kommandiert er mit einem Wort, das im Umkreis einer ganzen Stunde widerhallt: »Vorwärts!« Das ist der allgemeine Befehclass="underline" folgendes sind die besonderen:
Carra-Saint-Cyr soll das Dorf Castelceriolo verlassen, alles, was sich ihm entgegenstellt, über den Haufen werfen und sich der Brücken über die Bormida bemächtigen, um den Österreichern den Rückzug abzuschneiden. General Marmont soll die Artillerie demaskieren, wenn man nur noch auf Pistolenschußweite vom Feinde entfernt ist. Kellermann soll mit seiner schweren Kavallerie in die gegenüberstehende Linie eine Öffnung brechen, wie er sie so gut zu brechen weiß. Desaix soll mit seinen frischen Truppen die Grenadiere General Zachs vernichten; endlich soll Champeaux mit seiner leichten Kavallerie sofort einhauen, wenn die bisherigen Sieger zum Rückzug blasen.
Die Befehle werden, kaum gegeben, sofort befolgt; mit einer einzigen Bewegung haben unsere Truppen wieder die Offensive ergriffen; auf der ganzen Linie kracht das Gewehrfeuer und donnern die Kanonen. Der schreckliche Sturmschritt, zu dem die Marseillaise den Takt gibt, läßt sich hören. Ist ein Führer auf der anderen Seite des Engpasses angekommen, so zögert er keinen Augenblick, in die Ebene zu dringen. Die von Marmont enthüllte Batterie speit Feuer; Kellermann stürzt mit seinen Kürassieren vor und durchbricht beide Linien; Desaix sprengt über die Gräben, setzt über die Hecken, langt auf einer kleinen Erhöhung an und fällt in dem Augenblick, wo er sich umdreht, um zu sehen, ob seine Division ihm folgt. Durch seinen Tod wird das Feuer seiner Soldaten nicht gedämpft, sondern verdoppelt. Der General Boudet nimmt seine Stelle ein und stürzt auf die Kolonne der Grenadiere, die ihn mit dem Bajonett empfängt. In diesem Augenblick kehrt Kellermann, der, wie oben gesagt, bereits die beiden Linien durchbrochen hat, um, sieht die Division Boudet im Handgemenge mit dieser unbeweglichen Masse, die sie nicht zum Weichen bringen kann, fällt ihr in die Flanke, dringt in die Zwischenräume, öffnet, vierteilt und bricht sie. In weniger als einer halben Stunde sind die 5000 Grenadiere durchbrochen, geworfen, zerstreut: sie verschwinden wie Rauch, zerschmettert, vernichtet, der General Zach und sein Generalstab werden gefangen, und das ist alles, was davon übrigbleibt.
Jetzt will der Feind seinerseits seine unzählige Kavallerie angreifen lassen, aber das unaufhörliche Feuer der Musketen, die verzehrenden Kartätschen und das furchtbare Bajonett lassen ihn nicht weit kommen. Murat manövriert in seinen Mannen mit zwei Stücken leichter Artillerie und einer Haubitze, die ihm noch im Fahren den Tod zuschleudern. In diesem Augenblick zerplatzt in den Reihen der Österreicher ein Munitionswagen und vermehrt noch die Unordnung. Darauf hat General Champeaux mit seiner Reiterei gewartet; er bricht vor, verdeckt durch ein geschicktes Manöver seine geringe Zahl und dringt mitten in die Feinde ein. Die Divisionen Gardanne und Chambarliac, denen der frühere Rückzug noch schwer auf dem Herzen liegt, fallen über sie mit der ganzen Wut der Rache her: Lannes stellt sich an die Spitze seiner zwei Armeekorps und stürzt ihnen voran mit dem Rufe:»Montebello! Montebello! Bonaparte ist überall.«
Jetzt schwankt alles, alles zieht sich zurück, alles löst sich; die österreichischen Generale versuchen umsonst, den Rückzug zu regeln: der Rückzug wird zur regellosen Flucht: in einer haben Stunde durchziehen die französischen Divisionen die Ebene, die sie Fuß um Fuß vier Stunden lang verteidigt haben: erst in Marengo hält der Feind an, wo er sich wieder unter dem Feuer der Plänkler sammelt, die General Carra Saint-Cyr von Castelceriolo bis an den Bach Barbotta geworfen hat. Aber die Division Boudet, die Divisionen Gardanne und Chambailiac verfolgen ihn ihrerseits von Straße zu Straße, von Platz zu Platz, von Haus zu Haus. Marengo ist genommen: die Österreicher ziehen sich auf Pedra-Bona zurück, wo sie auf der einen Seite von den drei Divisionen, die so erbittert auf sie sind, und auf der andern von der Halbbrigade Carra Saint-Cyrs angegriffen werden. Um neun Uhr abends ist Pedra-Bona genommen, und die Divisionen Gardanne und Chambarliac haben ihre Stellungen vom Morgen wieder gewonnen. Der Feind stürzt gegen die Brücken, um über die Bormida zu gehen, aber er stößt auf den General Carra Saint-Cyr, der ihm zuvorgekommen ist. Da sucht er Furten und setzt über den Fluß unter dem Feuer aller unserer Linien, das erst um 10 Uhr abends erlischt, die Trümmer der östereichischen Armee erreichen wieder ihr Lager von Alessandria, die französische Armee biwakiert vor den Verschanzungen des Brückenkopfs.
Der Tag hatte die Österreicher 4500 Tote, 8000 Verwundete, 7000 Gefangene, 12 Fahnen und 20 Geschütze gekostet.
Vielleicht niemals hat sich das Glück an einem und demselben Tage von zwei so verschiedenen Seiten gezeigt. Um 2 Uhr nachmittags war es für die Franzosen eine Niederlage samt allen ihren verderblichen Folgen; um 5 Uhr hatte sich der Sieg dem Banner von Arcole und Lodi wieder zugewendet; um 10 Uhr war Italien mit einem Schlage wiedererobert und winkte der französische Thron.
Am folgenden Morgen meldete sich der Fürst von Liechtenstein bei den Vorposten, um dem Ersten Konsul die Aufträge des Generals Melas zu überbringen. Da sie aber Bonaparte nicht zusagten, diktierte er ihm dafür die seinigen zur Übermittelung an Melas. Die österreichische Armee sollte frei und mit kriegerischen Ehren Alessandria verlassen dürfen, jedoch unter den bekannten Bedingungen, die ganz Italien wieder vollständig unter französische Herrschaft brachten.
Der Fürst von Liechtenstein kehrte am Abend ins französische Hauptquartier zurück. Melas, der um 3 Uhr den Tag gewonnen geglaubt, die Vervollständigung unserer Niederlage seinen Generalen überlassen und sich zum Ausruhen nach Alessandria zurückbegeben hatte, war der Ansicht gewesen, die Bedingungen seien zu hart. Aber gleich bei den ersten dahin zielenden Bemerkungen unterbrach Bonaparte den Abgesandten mit den Worten:
«Ich habe Ihnen meine letzte Willensmeinung erklärt, überbringen Sie sie Ihrem General und kommen Sie schnell zurück, denn sie ist unwiderruflich. Sie müssen wissen, daß ich Ihre Lage so gut kenne, wie Sie selbst, denn ich führe nicht erst seit gestern Krieg. Sie sind in Alessandria belagert, Sie haben viele Verwundete und Kranke, es fehlt Ihnen an Lebensmitteln und Arznei, während ich Ihre ganze Rückzugslinie besetzt halte. Sie haben an Getöteten oder Verwundeten den Kern ihres Heeres verloren. Ich könnte noch mehr verlangen, meine Stellung berechtigt mich dazu; aber ich mäßige meine Forderungen aus Achtung für die grauen Haare Ihres Generals.«
«Diese Bedingungen sind hart!«erwiderte der Fürst,»besonders die Rückgabe Genuas, das nach einer so langen Belagerung vor kaum fünfzehn Tagen gefallen ist.«
«Wenn Sie nur das beunruhigt. «entgegnete der Erste Konsul, dem Fürsten ein aufgefangenes Schreiben zeigend,»so sehen Sie hieraus, daß Ihr Kaiser die Einnahme von Genua noch gar nicht erfahren hat, und man braucht sie ihm nur nicht zu melden.«