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Montbrun. dessen Korps dem feindlichen Zentrum gerade gegenüber steht, drängt im Sturmschritt dagegen vor. Kaum hat er ein Viertel des Weges zurückgelegt, als ihn eine Kugel mitten entzweireißt. Caulaincourt ersetzt ihn: er stellt sich an die Spitze des fünften Kürassierregiments und stürzt sich auf die Schanze, indes zu gleicher Zeit die Divisionen Morand, Gerard und Bourcier, von den Weichsellegionen unterstützt, auf drei Seiten zumal angreifen. Im Augenblick, wo er eindringt, fällt er tödlich verwundet: im gleichen Augenblick ist sein tapferes Regiment, das durch die hinter dem Werke aufgestellte Infanterie Ostermanns und der russischen Garde zusammengeschossen wird, zum Weichen gezwungen und zieht sich zurück, um, von unsern Kolonnen geschützt, sich wieder zu bilden. Aber jetzt stürmt auch Eugen an der Spitze seiner drei Divisionen auf die Schanze ein, nimmt sie und fängt den General Lichatscheff. Wahrend er sich noch darin festsetzt, wirft er Grouchys Korps auf die Trümmer der Bataillone Doktoroffs. Die russische Garde und die Gardereiter dringen gegen die unsrigen vor, und Grouchy wird zu einer rückgängigen Bewegung gezwungen. Aber diese Bewegung hat Belliard Zeit gegeben. 20 Kanonen zusammenzubringen, die bereits als Batterie in der Schanze stehen.

Da schließen sich die Russen mit schon bewiesener Hartnäckigkeit aufs neue zusammen, ihre Generale führen sie in den Kampf zurück, und sie rücken in geschlossenen Kolonnen an, um die Schanze, für deren Erwerb sie uns so teuer zahlen ließen, wiederzunehmen. Eugen läßt sie auf Schußweite kommen, dann enthüllt er seine 30 Stücke, die sich alle auf einmal entflammen. Die Russen wirbeln einen Augenblick, schließen ihre Reihen nochmals, und diesmal dringen sie bis zur Mündung der Kanonen vor und lassen sich zerschmettern. Eugen, Murat und Ney schicken Kurier auf Kurier an Napoleon; sie verlangen heftig nach der Garde. Die ganze feindliche Armee ist vernichtet, wenn Napoleon sie ihnen bewilligt. Auch Belliard, Daru, Berthier dringen in ihn.

«Und wenn es morgen eine zweite Schlacht gibt, mit wem soll ich sie liefern?«

Sieg und Schlachtfeld ist unser: aber wir können den Feind nicht verfolgen, der sich unter unserm Feuer zurückzieht, ohne das seine zu unterbrechen, und bald darauf haltmacht, um sich in einer zweiten Stellung zu verschanzen. Jetzt steigt Napoleon zu Pferde, reitet nach Semenowsko zu und besucht das ganze Schlachtfeld, wo noch von Zeit zu Zeit einige verlorene Kugeln einschlagen. Endlich ruft er Mortier und befiehlt ihm, die junge Garde vorzuschieben, aber den neuen Verhau, der ihn von dem Feinde trennt, nicht zu überschreiten; dann kehrt er unter sein Zelt zurück.

Um 10 Uhr nachts reitet Murat, der sich seit 6 Uhr morgens schlägt, herbei und meldet, daß der Feind in Unordnung über die Moskwa geht und ihm aufs neue zu entrinnen droht. Nochmals verlangt er die Garde, die kein Tagewerk getan hat, und mit der er die Russen einzuholen und ihnen den Rest zu geben verspricht. Aber Napoleon weigert sich diesmal, wie vorher, und läßt die Armee, die er so eilig aufgesucht hatte, entweichen. Am folgenden Tag war sie gänzlich verschwunden, und Napoleon war unbestrittener Herr des entsetzlichsten Schlachtfeldes, das vielleicht, solange die Welt steht, existiert hat. 60 000 Mann, davon ein Drittel Franzosen, [Fußnote] lagen darauf; 9 Generale waren uns getötet und 34 verwundet worden. Unsere Verluste waren unermeßlich und ohne entsprechende Erfolge.

Am 14. September zog die Armee in Moskau ein. Aber alles sollte in diesem Kriege düster sein, selbst unsere Triumphe. Unsere Soldaten waren gewöhnt, in Hauptstädte und nicht in Totenstädte einzuziehen; Moskau schien ein unermeßliches Grab, überall öde und überall schweigend. Napoleon nahm seine Wohnung im Kreml, und die Armee verbreitete sich in der Stadt. Dann brach die Nacht herein.

Um Mitternacht wurde Napoleon durch den Feuerlärm aufgeweckt; blutrotes Leuchten drang bis zu seinem Bett. Er stürzte an sein Fenster; Moskau stand in Flammen: ein edler Herostrat — hatte Rostopschin seinen Namen verewigt und zugleich sein Vaterland gerettet.

Diesem Flammenozean, der wie die Flut heranschwoll, galt es zu entrinnen. Am 16. war Napoleon, von Trümmern umringt und vom Brand umschlungen, genötigt, den Kreml zu verlassen und sich auf das Schloß Petrowskoi zurückzuziehen. Hier beginnt sein Kampf mit den Generalen, die ihm raten, sich, solange es noch Zeit ist, zurückzuziehen und seine unheilbringende Eroberung aufzugeben. Bei dieser ihm fremden und ungewohnten Sprache wird er bedenklich und wendet seine Blicke abwechselnd nach Paris und St. Petersburg. Nur 150 Stunden trennen ihn von diesem, 800 von jenem; auf Petersburg marschieren, heißt seinen Sieg erweisen, nach Paris umlenken, seine Niederlage bekennen.

Währenddessen rückt der Winter heran, der nicht mehr rät, sondern befiehlt. Am 15., 16., 17. und 18. Oktober werden die Kranken über Mosaisk und Smolensk abgeführt, am 22. verläßt Napoleon Moskau, und am 23. fliegt der Kreml in die Luft. Elf Tage lang geht der Rückzug ohne allzu große Unfälle vor sich, als auf einmal am 7. November der Thermometer von fünf bis auf achtzehn Grad unter den Gefrierpunkt fällt, und die 29. Kriegsdepesche vom 14. überbringt Paris die Nachricht von unerhörten, entsetzlichen Schrecknissen, denen die Franzosen keinen Glauben beimessen würden, hätte sie nicht ihr Kaiser selbst erzählt.

Von diesem Tage an geht ein Unstern auf, der den Glanz unserer größten Siege überbietet; man wird an einen Kambyses erinnert, der im Wüstensande versinkt, an einen Xerxes, der auf einer Barke über den Hellespont zurückflieht, an einen Varro, der die Trümmer des Heeres von Cannä nach Rom zurückführt. Von den 70 000 Reitern, die über den Niemen gesetzt hatten, kann man kaum 4 Kompagnien, jede zu 150 Pferden, bilden, um Napoleon als Begleitung zu dienen. Das ist die heilige Schar; die Offiziere nehmen darin den Rang gemeiner Soldaten ein, die Obersten sind Unteroffiziere. Generale Hauptleute. Sie hat einen Marschall zum Obersten, einen König zum General; und das Unterpfand, das ihr anvertraut ist, das Palladium, das sie bewahrt, ist ein Kaiser.

Und wollt ihr wissen, was aus dem Rest der Armee in diesen unermeßlichen grundlosen Steppen, zwischen Himmel und Schnee, der auf ihr Haupt fällt, und auf diesen beeisten Seen, die unter ihr brechen, geworden ist, so vernehmt:

«Generale, Offiziere und Soldaten, — alle marschierten in einem Haufen wirr durcheinander, das Übermaß des Elends ließ jeden Rang verschwinden, und Reiterei, Artillerie, Fußvolk, alles war nur eine unentwirrbare Masse.

Die meisten hatten einen Sack voll Mehl auf den Schultern und trugen an der Seite einen Napf an einer Schnur; andere schleppten am Zügel Schatten von Pferden, die mit Kochgeschirren und armseligen Vorräten beladen waren.

Diese Pferde bildeten selbst Mundvorräte, und zwar um so bessere, als man sie nicht zu tragen brauchte und sie, wenn sie fielen, sofort zur Nahrung bereiten konnte. Um sie zu zerstückeln, wartete man nicht einmal ihren letzten Hauch ab; kaum lagen sie am Boden, so warf man sich darauf, um alle fleischigen Teile abzuziehen.

«Die Mehrzahl der Armeekorps war aufgelöst: aus ihren Trümmern hatte sich eine Menge kleiner, aus 8 bis 10 Köpfen bestehender Körperschaften gebildet, die zu gemeinsamem Marsche verbunden waren und sich in allem gegenseitig halfen.

Manche dieser Abteilungen besaßen ein Pferd, das ihr Gepäck, die Küchengeräte und den Mundbedarf trug; sonst war jedes Mitglied mit einem zu diesem Gebrauch bestimmten Quersack versehen.

Diese kleinen, vom Ganzen völlig gelösten Gemeinschaften führten ein Sonderdasein und stießen alles, was nicht zu ihnen gehörte, von ihrem Kreise zurück. Alle Individuen einer solchen Schutzfamilie marschierten enge aneinander und hüteten sich ängstlich vor jeder Trennung in der Masse. Wehe dem, der seine Abteilung verloren hatte: nirgends fand er einen Menschen, der sich im geringsten um ihn gekümmert und ihm irgendwie Beistand geleistet hätte. Überall wurde er mißhandelt und verfolgt: erbarmungslos verjagte man ihn von allen Feuern, auf die er kein Recht hatte, von allen Orten, wo er Zuflucht suchte. Und diese Hetze hörte nicht auf, bis es ihm gelungen war, die seinigen wiederzufinden. Napoleon sah mit eigenen Augen diese wahrhaft unglaubliche Masse von Flüchtlingen und zuchtlosen Menschen.