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Am 12. Januar 1813 stellte ein Senatsbericht dem Kriegsminister 350 000 Rekruten zur Verfügung.

Am 10. März erfuhr man den Abfall Preußens.

Vier Monate lang war ganz Frankreich nur ein Waffenplatz.

Am 15. April verließ Napoleon Paris von neuem an der Spitze seiner jungen Legionen.

Am 1. Mai stand er bei Lützen, bereit, mit 250 000 Mann die verbündete russisch-preußische Armee anzugreifen. 200 000 Franzosen und 50 000 Sachsen, Bayern, Westfalen und Württemberger folgten wieder seinen Fahnen. Der Riese, den man niedergeschmettert glaubte, hatte sich wieder erhoben; Antäus war von der Mutter Erde wieder mit neuer Kraft begabt.

Wie immer, waren seine ersten Schläge furchtbar und entscheidend. Die verbündeten Armeen ließen auf dem Schlachtfelde von Lützen 13 000 Tote oder Verwundete und in den Händen der Sieger 2000 Gefangene. [Fußnote] Die jungen Rekruten hatten sich mit dem ersten Schlage zu Veteranen erhoben und Napoleon sich ausgesetzt wie ein Unterleutnant.

Am folgenden Tag erließ er nachstehenden Tagesbefehl an seine Armee:

«Soldaten! Ich bin mit euch zufrieden, ihr habt meine Erwartung erfüllt. Die Schlacht von Lützen wird man über die Schlachten von Austerlitz, von Jena, von Friedland und über die an der Moskwa setzen. An einem einzigen Tage habt ihr die verräterischen Komplotte eurer Feinde zunichte gemacht. Wir werden die Tataren in ihre scheußlichen Himmelsstriche, die sie nicht verlassen sollen, zurückwerfen! In ihren eisigen Wüsten, dem Sitz der Sklaverei, der Barbarei und schnöder Verderbnis, wo der Mensch zum Tiere herabgewürdigt ist, sollen sie bleiben! Groß ist euer Verdienst um das gesittete Europa! Soldaten! Frankreich, Italien und Deutschland erstatten euch ihren Dank!«

Der Sieg bei Lützen öffnet dem sächsischen Könige wieder die Tore von Dresden. Am 8. Mai geht ihm die französische Armee dahin voraus, am 9. läßt der Kaiser eine Brücke über die Elbe schlagen, hinter die sich der Feind zurückgezogen hat. Am 20. erreicht und überwältigt er ihn in der verschanzten Stellung von Bautzen, am 21. setzt er den Sieg des vorigen Tages fort, und in diesen beiden Tagen, wo Napoleon die geschicktesten Manöver der Kriegskunst ausführt, verlieren die Russen und Preußen 18 000 Mann an Verwundeten und Toten und 3000 Gefangene. [Fußnote]

Tags darauf werden in einem unglücklichen Gefecht der Nachhut dem General Bruyère beide Beine weggerissen, und zwei andere Generale fallen durch die gleiche Kanonenkugel.

Die verbündete Armee ist in vollem Rückzug, sie hat über die Neiße, den Queiß und den Bober gesetzt, durch das Gefecht bei Sprottau, wo ihr Sebastiani 22 Kanonen, 80 Artilleriewagen und 500 Gefangene abnimmt, noch zu größerer Eile getrieben. Napoleon folgt ihr auf der Ferse und gönnt ihr keinen Augenblick Ruhe; wo sie gestern lagerte, da lagern wir heute.

Am 29. erschienen der Graf Schuwalow, Adjutant des Kaisers von Rußland, und der preußische General Kleist bei den Vorposten, um einen Waffenstillstand zu verlangen.

Am 30. findet eine neue Zusammenkunft auf dem Schlosse von Liegnitz statt, jedoch ohne Erfolg.

Schon sinnt Österreich auf einen Wechsel in seiner Bündnisstellung. Um so lange als möglich neutral zu bleiben, hat es sich zum Vermittler angeboten und ist angenommen worden. Das Ergebnis seiner Vermittlung war ein zu Pläswitz am 4. Juni abgeschlossener Waffenstillstand.

Sofort versammelte sich ein Kongreß zu Prag, um über den Frieden zu unterhandeln: aber der Friede war unmöglich. Die verbündeten Mächte forderten eine Beschränkung des Kaiserreichs auf die Rhein-, Alpen- und Maasgrenze. Napoleon betrachtete dieses Ansinnen als eine Verhöhnung. Die Verhandlungen wurden abgebrochen, Österreich ging zur Koalition über, und der Krieg, der allein zu einer endgültigen Entscheidung führen konnte, begann aufs neue.

Abermals erschienen die Gegner auf dem Schlachtfelde. Die Franzosen standen mit 300 000 Mann, [Fußnote] darunter 40 000 Reiter, auf dem rechten Ufer der Elbe, im Herzen Sachsens, die verbündeten Souveräne mit 500 000 Mann mit Einschluß von 100 000 Reitern, so daß sie sich sofort nach drei Richtungen, Berlin, Schlesien und Böhmen, wenden konnten. [Fußnote]

Ohne sich durch diesen ungeheuren Zahlenunterschied beirren zu lassen, ergreift Napoleon mit gewohnter Blitzesschnelle die Offensive wieder. Er teilt seine Armee in drei Heerhaufen: der eine soll auf Berlin marschieren und gegen die Preußen und Schweden operieren, der zweite die Stellung bei Dresden behaupten, um die russische Armee in Böhmen zu beobachten, und mit der dritten marschiert er in Person gegen Blücher.

Blücher wird erreicht und geworfen: aber mitten im Treibjagen auf seine Feinde erfährt Napoleon, daß die 60 000 Franzosen, die er in Dresden gelassen hat, von 180 000 Alliierten angegriffen sind: er nimmt von seinem Armeekorps 35 000 Mann: während man ihn in der Verfolgung Blüchers begriffen glaubt, naht er mit Blitzesschnelle, tödlich wie der Blitz.

Am 29. August greifen die Alliierten Dresden von neuem an und werden geworfen. Am folgenden Tag wiederholen sie mit allen ihren Massen den Angriff, und ihre Massen werden gebrochen, zerrissen, vernichtet. Die ganze Armee, die unter den Augen des Kaisers Alexander ficht, ist einen Augenblick mit völliger Auflösung bedroht und vermag sich nur zu retten, indem sie 40 000 Mann auf dem Schlachtfelde zurückläßt.

In dieser Schlacht verliert Moreau beide Beine durch eine der ersten Kugeln, die von der Kaisergarde abgeschossen wurden, Napoleon selbst hatte das Geschütz gerichtet.

Jetzt tritt die gewöhnliche Rückwirkung ein. Am Tage nach dieser fürchterlichen Metzelei meldet sich ein österreichischer Agent in Dresden, der freundliche Worte überbringt. Aber indes man in den ersten Verhandlungen begriffen ist, erfährt man, daß die Schlesische Armee, die auf der Verfolgung Blüchers begriffen war, 25 000 Mann verloren hat, daß die gegen Berlin gesandte von Bernadotte [Fußnote] geschlagen ist, daß endlich beinahe das ganze Korps des Generals Vandamme, der die Russen und Österreicher mit einem kaum zwei Drittel des Feindes zählenden Heere verfolgt, von dieser Masse, die in einem Augenblick des Anhaltens auf ihrer Flucht ihre Überlegenheit bemerkt hat, zurückgeworfen worden ist.

So beginnt der weltberühmte Feldzug von 1814, in dem Napoleon überall siegt, wo er persönlich ist, und überall besiegt wird, wo er nicht ist, schon im Jahre 1813. — Auf diese Nachrichten hin werden die Unterhandlungen abgebrochen.

Kaum von einem Krankheitsunfall, als dessen Anlaß man Gift vermutete, wiederhergestellt, marschiert Napoleon sogleich gegen Magdeburg. Seine Absicht ist, einen Seitensprung nach Berlin zu tun und sich der Stadt, nach dem Übergang über die Elbe, zu bemächtigen. Schon sind mehrere Korps bis Wittenberg gelangt, als ein Brief des Königs von Württemberg berichtet, daß Bayern die Partei gewechselt und ohne Kriegserklärung, ohne jede vorherige Mitteilung, seine Armee mit der österreichischen am Inn vereinigt habe, daß 80 000 Mann unter den Befehlen des Generals Wrede nach dem Rhein marschierten, daß endlich Württemberg, wenn auch fortwährend im Herzen seiner Allianz getreu, durch die Übermacht gezwungen worden ist, sein Kontingent dazu stoßen zu lassen. Innerhalb 14 Tagen werden 100 000 Mann Mainz einschließen.

Österreich hat das Beispiel des Abfalls gegeben, und das Beispiel ist eifrig befolgt worden.

Napoleons zwei Monate lang durchdachter Plan, auf den schon alles eingerichtet war, Festungen und Magazine, ist damit in einer Stunde verändert. Statt unter dem Schutze der festen Plätze und Magazine von Torgau, Magdeburg, Wittenberg und Hamburg die Alliierten zwischen die Elbe und Saale zurückzuwerfen, statt den Krieg zwischen Elbe und Oder zu spielen, wo die französische Armee Glogau, Küstrin und Stettin besitzt, entschließt sich Napoleon zum Rückzug an den Rhein. Aber zuvor muß er die Verbündeten schlagen, um sie außerstand zu setzen, ihn auf seinem Rückzug zu verfolgen. Darum rückt er, statt vor ihnen zu fliehen, gegen sie an und trifft sie am 16. Oktober bei Leipzig. Franzosen und Alliierte stehen einander wieder gegenüber, die Franzosen mit 157 000 Streitern und 600 Kanonen, die Alliierten mit 350 000 Mann [Fußnote] und einer doppelt so starken Artillerie als die unsrige.