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Jetzt werden neue Unterhandlungen zu Chatillon an der Seine angeknüpft; aber die verbündeten Souveräne steigern ihre Forderungen mehr und mehr und schlagen unannehmbare Bedingungen vor. Nicht nur Napoleons Eroberungen sollen aufgegeben, sondern die Grenzen der Republik mit denen der alten Monarchie vertauscht werden.

Napoleon antwortete mit einem jener Löwensprünge, die ihm eigen waren. Er schwang sich von Mery an der Seine nach Craonne, von Craonne nach Rheims, von Rheims nach St. Dizier. Wo immer er den Feind trifft, da jagt er ihn, da wirft er ihn, da zerschmettert er ihn. Aber in seinem Rücken schlicht sich der Feind wieder zusammen, und immer geschlagen dringt er immerfort vor.

Überall, wo Napoleon nicht ist, fehlt auch sein Glück. Die Engländer sind, in Bordeaux eingezogen, die Österreicher besetzen Lyon, die mit den Trümmern der Blücherschen vereinigte belgische Armee erscheint wieder in seinem Rücken. Seine Generale sind ohne Tatkraft, müde und matt. Mit Ordensbändern verbrämt, von Titeln erdrückt, von Gold erstickt, mögen sie sich nicht mehr schlagen. Dreimal entrinnen ihm die Preußen, die er in seiner Gewalt zu haben vermeint; das erstemal auf dem linken Ufer der Marne infolge eines plötzlichen Frostes, der die Moräste, in denen sie zugrunde gehen sollten, festmacht; das zweitemal an der Aisne infolge der Übergabe von Soissons, die ihnen einen Ausweg nach vorn öffnet, in demselben Augenblick, wo sie nicht mehr zurückweichen können, endlich zu Craonne infolge der Nachlässigkeit des Herzogs von Ragusa, der sich durch einen nächtlichen Überfall einen Teil seines Heergerätes wegnehmen läßt. Diese düstern Vorzeichen entgehen Napoleon nicht; er fühlt, daß Frankreich — trotz seiner Anstrengungen — seinen Händen entgleitet. Ohne Hoffnung, einen Thron darin zu behaupten, will er mindestens ein Grab darin erringen und tut, aber vergeblich, alles mögliche, um sich bei Arcis an der Aube und St. Dizier erschießen zu lassen. Kugeln und Geschosse sind mit ihm im Bunde.

Am 29. März meldet man ihm zu Troyes, wohin er Winzingerode verfolgt hat, daß die Preußen und Russen in geschlossenen Kolonnen auf Paris marschieren.

Augenblicklich bricht er auf, langt am 1. April zu Fontainebleau an und erfährt, daß Marmont am Tage zuvor, abends fünf Uhr, kapituliert hat. und die Verbündeten seit dem Morgen die Hauptstadt besetzen.

Drei Wege blieben ihm übrig.

Er hat noch 50 000 Soldaten, die tapfersten und ergebensten auf der Welt, unter seinen Befehlen. Um ihrer Treue sicher zu sein, brauchte er nur die alten Generale, die alles zu verlieren hatten, durch die jungen Obersten, die alles zu gewinnen hatten, zu ersetzen. Auf seinen noch immer machtvollen Ruf konnte die Bevölkerung aufstehen, aber dann — war Paris geopfert; denn die Verbündeten hätten es bei ihrem Rückzug verbrannt; aber nur ein Volk wie die Russen läßt sich durch ein solches Mittel retten.

Der zweite Weg war, Italien zu gewinnen, indem er die 25 000 Mann Augereaus, die 18 000 des Generals Grenier, die 15 000 des Marschalls Sujet und die 40 000 des Marschalls Soult an sich zog. Aber dieser Ausweg führte zu keinem Erfolg. Frankreich blieb von dem Feinde besetzt, und es konnte ihm daraus das größte Unheil entstehen.

Als drittes blieb die Möglichkeit, sich hinter die Loire zurückzuziehen und einen Guerillakrieg zu führen.

Die Verbündeten kamen seiner Unentschlossenheit durch die Erklärung zu Hilfe, daß der Kaiser Napoleon das einzige Hindernis des allgemeinen Friedens sei.

Diese Erklärung ließ ihm nur die beiden Wege offen, wie Hannibal aus dem Leben zu scheiden oder wie Sulla vom Throne zu steigen.

Er versuchte, heißt es, den ersten; aber Tabanis' Gift [Fußnote] war kraftlos.

Da entschloß er sich zum zweiten und schrieb auf einen heute verlorenen Papierstreifen vielleicht die bedeutsamsten Linien, die je eine Menschenhand gezogen hat:

«Da die verbündeten Mächte verkündet haben, daß der Kaiser Napoleon das einzige Hindernis zur Wiederherstellung des Friedens in Europa sei, so erklärt der Kaiser Napoleon, seinem Eide getreu, daß er für sich und seine Erben dem Throne Frankreichs und Italiens entsagt, weil es kein persönliches Opfer, und wäre es das Opfer des Lebens selbst, gibt, das er nicht für Frankreich zu bringen bereit wäre.«

Ein Jahr lang schien die Welt verwaist.

Napoleon auf der Insel Elba

Napoleon war König der Insel Elba.

Als er die Herrschaft der Welt verlor, hatte er anfangs nichts behalten wollen als sein Unglück.»Ein kleiner Taler des Tags, «hatte er gesagt,»und ein Pferd — das ist alles, was ich brauche. «Darum hatte er, statt Italien, Toskana, Korsika zu wählen, die Augen auf den kleinen Winkel der Erde geworfen, wo wir ihn wiederfinden, und auch dies nur auf dringende Bitten seiner Umgebung.

Aber während er die eigenen Interessen vernachlässigte, hatte er einen langen Kampf für die Rechte seiner Begleiter geführt.

Es waren dies die Generale Bertrand und Drouot, der eine Großmarschall des Palastes, der andere Adjutant des Kaisers; es war der General Cambronne, Major im ersten Regiment der Gardejäger; es waren der Baron Jermanowski, Major der polnischen Lanciers; der Ritter Malet; die Artilleriehauptleute Cornuel und Raoul; die Infanteriehauptleute Loubers, Lamourette, Hureau und Combi, endlich die Hauptleute bei den polnischen Lanciers Balinski und Schoultz.

Diese Offiziere befehligten 400 ausgewählte Grenadiere und unberittene Jäger der alten Garde, die die Erlaubnis erhalten hatten, ihren alten Kaiser in die Verbannung zu begleiten. Für den Fall ihrer Rückkehr nach Frankreich hatte Napoleon für sie die Beibehaltung ihrer Bürgerrechte ausbedingen lassen.

Man schrieb den 13. Mai 1814. als die Fregatte The Undaunted um 6 Uhr abends auf der Reede von Portoferrajo Anker warf.

General Dalesme, der dort noch im Namen Frankreichs befehligte, begab sich augenblicklich an Bord, um Napoleon ehrfurchtsvoll zu bewillkommnen.

Graf Drouot, der zum Gouverneur der Insel ernannt worden war, begab sich ans Land, um sich in dieser Eigenschaft anerkennen und die Forts von Portoferrajo übergeben zu lassen. Baron Jermanowski begleitet ihn, um die Stelle eines Platzkommandanten einzunehmen, während Ritter Baillon als Palastverwalter für die Wohnung Seiner Majestät zu sorgen hatte.

Noch am gleichen Abend begaben sich alle Behörden, die Geistlichkeit und die bedeutendsten Einwohner aus freien Stücken in Vertretung der Einwohnerschaft an Bord der Fregatte und wurden bei dem Kaiser vorgelassen.

Am folgenden 4. trug in der Frühe eine Truppenabteilung die Fahne mit dem neuen Wappen, das sich der Kaiser gewählt hatte, in die Stadt; es war das der Insel, nämlich ein Silbergrund mit roter Einfassung und drei goldene Bienen darauf. Sogleich wurde sie auf dem Fort Etoile unter Geschützbegrüßung aufgepflanzt; auch die englische Fregatte begrüßte sie sowie alle Schiffe, die im Hafen lagen.

Gegen 2 Uhr betrat Napoleon mit seinem ganzen Gefolge das Land. In dem Augenblick, als er den Fuß auf den Boden der Insel setzte, wurde er von 101 von der Artillerie des Forts gelösten Kanonenschüssen begrüßt, worauf die englische Fregatte mit 24 Schüssen und den Hochrufen ihrer ganzen Mannschaft antwortete.

Der Kaiser trug die Uniform eines Obersten der berittenen Jäger der Garde: er hatte an seinem Hute die rot und weiße Kokarde der Insel mit der dreifarbigen vertauscht.

Vor seinem Einzuge in die Stadt wurde er von den Behörden, der Geistlichkeit und den angesehensten Bürgern, mit dem Bürgermeister an der Spitze, der ihm die Schlüssel von Portoferrajo auf einer silbernen Platte überreichte, empfangen. Die Truppen der Garnison standen unter Waffen und bildeten Spalier. Hinter ihnen drängte sich die ganze Bevölkerung, nicht bloß der Hauptstadt, sondern auch anderer Städte und Dörfer, die von allen Ecken und Enden der Insel herbeigeströmt war. Sie konnten nicht glauben, daß sie, arme Fischer, den Mann zum Könige haben sollten, dessen Macht, Namen und Taten die Welt erfüllt hatten. Napoleon war dabei heiter, freundlich und beinahe fröhlich.