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Alles geschieht, wie Napoleon befohlen. Jérôme wirft Zieten über den Haufen und nimmt ihm 500 Gefangene ab, Gérard stürmt die Brücke von Châtelet und jagt den Feind weiter als eine Stunde jenseits des Flusses zurück: nur Vandamme säumt und hat um sechs Uhr morgens sein Lager noch nicht verlassen. — »Er wird zu uns stoßen«, sagt Napoleon,»greifen Sie, Pajol, mit Ihrer leichten Reiterei an; ich folge Ihnen mit meiner Garde.«

— Pajol bricht auf und wirft alles, was ihm in den Weg kommt, über den Haufen. Ein Infanterieviereck will standhalten, der General Desmichels stürzt sich, an der Spitze des 4. und 6. Jägerregiments darauf, durchbricht, vierteilt und zerstückelt es und nimmt ihm einige hundert Gefangene ab. Pajol kommt, den fliehenden Feind niedersäbelnd, vor Charleroi an und reitet im Galopp ein; Napoleon folgt ihm. Um drei Uhr erscheint Vandamme; eine schlecht gemachte Ziffer ist die Ursache seiner Zögerung: er hat IV für VI gehalten. Sein Irrtum straft sich zuerst an ihm selbst dadurch, daß er nicht mitkämpfen durfte.

Noch am gleichen Abend ist die ganze französische Armee über die Sambre gesetzt: Blüchers Heer ist auf dem Rückzuge nach Fleurus und läßt zwischen sich und der englisch-holländischen Armee einen leeren Raum von vier Stunden.

Napoleon sieht den Fehler und beeilt sich, ihn zu benutzen: er erteilt Ney den mündlichen Befehl, mit 42 000 Mann auf der Straße von Brüssel nach Charleroi vorzurücken und nur erst im Dorfe Quatrebras, einem wichtigen, auf der Kreuzungsstraße von Brüssel, Nivelle, Charleroi und Namur gelegenen Punkte, stehenzubleiben. Dort soll er die Engländer aufhalten, während Napoleon mit seinen noch übrigen 72 000 Mann die Preußen schlägt. Der Marschall bricht augenblicklich auf.

Napoleon, der seine Befehle vollzogen glaubt, setzt sich am Morgen des 16. Juni wieder in Marsch und entdeckt die preußische Armee in Schlachtordnung zwischen Saint-Amand und Sombreffe, die Sambre vor sich. Sie ist aus drei Korps zusammengesetzt, die zu Charleroi, Namur und Dinant gelagert waren. Ihre Stellung ist unverantwortlich, denn sie bietet ihre rechte Flanke Ney dar, der den erhaltenen Befehlen gemäß, um diese Stunde in Quatrebas sein muß, das heißt 2 Stunden hinter dem Rücken des Feindes. Demzufolge trifft Napoleon seine Anordnungen. Er stellt seine Armee in der gleichen Linie, wie die Blüchers auf, um ihn von vorn anzugreifen, und schickt an Ney einen vertrauten Offizier mit dem Befehl, er solle ein Beobachtungskorps in Quatrebras lassen und sich in aller Eile gegen Bry wenden, um den Preußen in den Rücken zu fallen. — Ein anderer Offizier sprengt in demselben Augenblick davon, um das Korps des Grafen von Erlon, das die Nachhut bildet und folglich erst in Villers-Perruin sein soll, aufzuhalten; er soll ihn umwenden lassen und nach Bry zurückführen. Diese neue Anordnung fördert die Sache um eine Stunde und verdoppelt die guten Aussichten, denn, wenn auch der eine ausbleibt, wird doch sicher der andere kommen, und treffen beide ihren Anweisungen gemäß nacheinander ein, so muß die ganze preußische Armee verloren sein. Die ersten Kanonenschüsse, die Napoleon von Bry oder Vagnelée her hört, sollen das Zeichen zum Angriff in der Front sein. Nachdem der Kaiser so seine Verfügungen getroffen, macht er halt und wartet.

Indes verstreicht die Zeit, und Napoleon hört nichts. Zwei, drei, vier Stunden des Nachmittags verrinnen, immer die gleiche Stille. Der Tag ist jedoch zu kostbar, um ihn zu verlieren. Schon der morgende kann eine Verbindung der Feinde herbeiführen, dann müßte er einen neuen Plan entwerfen, um das aus den Händen gelassene Glück wiederzuwinnen. Napoleon gibt den Befehl zum Angriff; jedenfalls wird der Kampf die Preußen beschäftigen, und sie werden ihre Aufmerksamkeit weniger auf Ney richten der ohne Zweifel beim ersten Kanonenschuß anlangt.

Napoleon eröffnet den Kampf mit einem allgemeinen Angriff auf die Linke; er hofft, damit den größern Teil der feindlichen Streitkräfte auf diese Seite zu ziehen und ihn von seiner Rückzugslinie in dem Augenblick zu entfernen, wo Ney auf der alten Straße Brunehaut anlangt. Alsdann bietet er alles auf, um sein Zentrum zu durchbrechen und ihn so entzweizuschneiden, indem er den stärksten Teil der Armee in dem eisernen Dreieck, das er den Tag vorher aufgestellt hatte, einschließt. Der Kampf beginnt und dauert zwei Stunden, ohne daß man irgendwelche Nachricht von Ney oder von Erlon erhält; und doch mußten sie schon morgens 10 Uhr den Befehl erhalten haben, und doch hatte der eine nur einen Weg von 2, der andere von 2 ½ Stunden zurückzulegen. So muß Napoleon allein zu siegen versuchen. Er gibt den Befehl, seine Reserven in den Kampf zu führen, um gegen das Zentrum die den Erfolg des Tages entscheidende Bewegung ins Werk zu setzen. In diesem Augenblick meldet man ihm, daß eine starke feindliche Kolonne in der Ebene von Heppignies sich zeige und seinen linken Flügel bedrohe. Wie diese Kolonne zwischen Ney und Erlon durchpassieren konnte, wie Blücher dasselbe Manöver, das er, Napoleon, im Sinne gehabt, hatte ausführen können, — das ist ihm unbegreiflich. Gleichviel, er wendet seine Reserven, um sie diesem neuen Angriff entgegenzustellen, und die Bewegung auf das Zentrum ist verschoben.

Eine Viertelstunde nachher erfährt er, daß diese Kolonne Erlons Korps ist, das die Straße von Saint-Amand statt der von Bry eingeschlagen hat. Er nimmt nun sein unterbrochenes Manöver wieder auf, marschiert auf Ligny, nimmt es im Sturmschritt und nötigt den Feind zum Rückzug. Aber die Nacht bricht herein, und die ganze Armee Blüchers marschiert durch Bry, das von Ney mit 20 000 Mann besetzt sein sollte. Nichtsdestoweniger ist die Schlacht gewonnen; 40 Kanonen fallen in unsere Hände. 20 000 Mann sind außer Gefecht gesetzt, und die preußische Armee ist so in Unordnung, daß die Generale von den 70 000 Mann, aus denen sie besteht, bis Mitternacht kaum 30 000 wieder zusammenbringen konnten. [Fußnote]

Blücher selbst war mit dem Pferde gestürzt und entkam ganz zerquetscht im Schutze der Dunkelheit auf dem Pferde eines Dragoners.

Während der Nacht erhält Napoleon Nachrichten von Ney und muß erkennen, daß sich die Fehler von 1814 im Jahre 1815 erneuern. Statt mit Tagesanbruch, wie er Befehl erhalten hat, auf das nur von 10 000 Holländern besetzte Quatrebras zu marschieren und sich des Ortes zu bemächtigen, ist Ney erst am Mittag von Gosselies aufgebrochen, so daß in Quatrebras, das von Wellington zum Sammelplatz für die nach und nach eintreffenden verschiedenen Armeekorps bezeichnet worden war, diese Korps erst mittags 3 Uhr angelangt waren, und Ney somit 30 000 Mann statt 10 000 angetroffen hatte. Der Marschall, der der Gefahr gegenüber immer seine gewohnte Tatkraft wiederfand, und der zudem die 20 000 Mann des Grafen Erlon hinter sich glaubte, hatte keinen Augenblick gezögert anzugreifen. Groß war daher sein Erstaunen, als er fand, daß das Korps, worauf er rechnete, ihm nicht zu Hilfe kam, und er, durch überlegene Streitkräfte zurückgeworfen, seine Reserve nicht erreichte, als er die Schutz suchende Hand dahin ausstreckte, wo sie sein sollte. Demgemäß hatte er Adjutanten nach ihr ausgeschickt, mit dem bestimmten Befehl, sie sollte sogleich zurückkehren. Aber im gleichen Augenblick hatte er selbst Napoleons Weisung empfangen. Doch zu spät: der Kampf war angesponnen, er mußte standhalten. Dessenungeachtet hatte er von neuem nach dem Grafen Erlon geschickt und ihn ermächtigt, seinen Weg nach Bry fortzusetzen, sich selbst aber mit neuer Wut gegen den Feind gewendet. In diesem Augenblick war eine neue Verstärkung von 12 000 Engländern unter Wellington angelangt und Ney zum Rückzug auf Fraisne gezwungen worden, während das Armeekorps des Grafen Erlon seine Zeit völlig mit Märschen und Gegenmärschen verlor und beharrlich auf einem Umkreis von 3 Stunden zwischen zwei Kanonaden hin und her marschierte, ohne allen Nutzen für Ney oder für Napoleon.