Indessen hat Bonaparte auf einen Augenblick haltgemacht, und während dieses Haltes ereilt ihn der Neid. Das Direktorium, das aus der Korrespondenz des Soldaten den Staatsmann erkennt, gerät in Furcht, der Sieger möchte sich zum Schiedsrichter von Italien aufwerfen, und macht Miene, ihm Kellermann beizugeben. Bonaparte erfährt es und schreibt:
«Mir Kellermann beigeben heißt alles verderben wollen. Ich kann nicht freiwillig neben einem dienen, der sich für den besten Taktiker Europas hält; zudem glaube ich, daß ein schlechter General Besseres leistet als zwei gute. Der Krieg ist, wie das Regieren, eine Sache des Taktes.«
Darauf hält er seinen feierlichen Einzug in Mailand, wo er sich zur Eroberung Oberitaliens rüstet, während das Direktorium zu Paris den von Salicetti am Turiner Hofe geschlossenen Frieden unterzeichnet, und die mit Parma angeknüpften Unterhandlungen zu Ende gebracht sowie die mit Neapel und Rom eröffnet werden.
Der Schlüssel zu Deutschland ist Mantua, also muß Mantua genommen werden. Hundertfünfzig im Mailänder Schloß eroberte Kanonen werden auf die Stadt gerichtet; Serrurier erstürmt ihre Außenwerke, und die Belagerung beginnt.
Da fühlt das Wiener Kabinett die ganze Schwere seiner Lage. Es schickt Beaulieu 25 000 Mann unter Quosdanovichs Befehlen und 35 000 unter Wurmser zu Hilfe. Ein mailändischer Spion erhält Depeschen, die diese Verstärkung anmelden, und macht sich verbindlich, in die Stadt zu gelangen.
Der Spion fällt einer von dem Adjutanten Dermoncourt kommandierten Nachtrunde in die Hände und wird vor den General Dumas geführt. Umsonst durchsucht man ihn, man findet nichts. Eben will man ihn wieder in Freiheit setzen, als der General, von einer bedeutungsvollen Ahnung getrieben, auf den Gedanken kommt, daß er seine Depesche verschluckt habe. Der Spion leugnet, aber als der General Dumas befiehlt, ihn zu erschießen, gesteht es der Spion ein. Er wird der Obhut des Adjutanten Dermoncourt überlassen, der vermittels eines von dem Oberchirurgen verordneten Brechmittels in den Besitz eines Wachskloßes von der Größe eines Sandkügelchens gelangt. Dieser enthält Wurmsers Brief auf einem mit einer Rabenfeder beschriebenen Pergament. Der Brief, der die ausführlichste Auskunft über die Bewegungen der feindlichen Armee gibt, wird an Bonaparte geschickt. Quosdanovich und Wurmser haben sich getrennt: ersterer marschiert auf Brescia. letzterer auf Mantua, ein Fehler, der bereits Provera und Argenteau zum Verderben gereicht hat. Bonaparte läßt 10 000 Mann vor der Stadt und eilt mit 25 000 Quosdanovich entgegen, den er in die Engpässe von Tirol zurückwirft, nachdem er ihn bei Salo und Lonato geschlagen hat. Dann wendet er sich urplötzlich gegen Wurmser, der die Niederlage seines Mitfeldherrn durch die Gegenwart der feindlichen Armee, die ihn überwunden hat, erfährt. Mit französischer Heftigkeit angefallen, wird er bei Castiglione geschlagen. So haben die Österreicher in fünf Tagen 20 000 Mann und 50 Kanonen, verloren. Doch hat der letzte Kampf Quosdanovich Zeit gegeben, sich wieder zu sammeln; Bonaparte kommt gegen ihn zurück und schlägt ihn bei San-Marco, Serravalle und Roveredo: dann kehrt er wieder um und schreitet, nach den Kämpfen bei Bassano, Rimolano und Cavalo, zum zweitenmal zur Belagerung Mantuas, in das sich Wormser mit den Trümmern seiner Armee geworfen hat.
Während er so in Oberitalien gewaltige Aufgaben vollendet, bilden sich hier auf sein Wort neue Staaten. Er gründet die zispadanische und transpadanische Republik, verjagt die Engländer aus Korsika und hält zugleich Genua, Venedig und den Heiligen Stuhl so unter dem Daumen, daß sie sich nicht zu erheben vermögen. Aufs neue entreißt ihn diesen umfassenden politischen Neuordnungen das Herannahen einer neuen kaiserlichen Armee unter Alvinczys Befehlen, aber eine verhängnisvolle Macht erdrückt diesen wie die früheren Gegner. Denselben Fehler, den sich seine Vorgänger zuschulden kommen ließen, begeht auch Alvinczy. Er teilt seine Armee in zwei Korps; das eine von 30 000 Mann soll unter seiner Anführung durch das Veronesische ziehen und Mantua gewinnen, das andere von 25 000 Mann unter Quosdanovichs Kommando sich an der Etsch ausbreiten. Bonaparte marschiert gegen Alvinczy und erreicht ihn bei Arcole. Am 15. November stellen sich ihm in der Nähe dieses Dorfes an dem Flüßchen Alpone ein paar Bataillone Kroaten und Siebenbürger Wallachen entgegen und suchen die dortige Brücke zu halten, bis Verstärkungen herankommen. Es gilt für die Franzosen, den Übergang zu erzwingen, bevor diese eintreffen, allein alle Stürme vereitelt das mörderische Feuer der Gegner. Da stellt sich Bonaparte, eine Fahne ergreifend, persönlich an ihre Spitze und stürmt mit seinem Stabe den Truppen voran auf die Brücke. Allein auch dies ist umsonst; neben ihm fällt ein Adjutant, mehrere andere Offiziere werden verwundet, und ein Gegenangriff der Österreicher bringt alles in Verwirrung. Der Obergeneral wird von seinen fliehenden Truppen fortgerissen, und gerät, in einen Sumpf gestürzt, in persönliche Gefahr, so daß er nur mit Mühe gerettet werden kann. Am 16. und 17. November entbrennt alsdann die eigentliche Schlacht gegen die ganze Macht Alvinczys. Bonaparte läßt ihn nicht eher los, als bis er von den Österreichern 500 Tote auf dem Schlachtfeld gebettet und ihnen 8000 Gefangene und 30 Kanonen abgenommen hat. Dann wirft er sich, jede Rast nach dem schweren Ringen verschmähend, zwischen Davidovich, der aus Tirol hervorbricht, und Wurmser, der von Mantua ausfällt, und wirft den einen in seine Berge, den andern in seine Stadt zurück. Auf dem Schlachtfeld erfährt er, daß Alvinczy und Provera im Begriff sind, ihre Vereinigung zu bewerkstelligen. Da jagt er Alvinczy bei Rivoli in wilde Flucht, zwingt Provera, durch die Kämpfe von San Giorgio und la Favorita, die Waffen niederzulegen, und eilt wieder gegen Mantua, das er umringt, erstickt und zwingt, in dem Augenblicke sich zu ergeben, wo eine fünfte Armee, aus den Rheinreserven gezogen, unter den Befehlen des Erzherzogs Karl herbeieilt.
Kein Schlag soll Österreich erspart bleiben; die Niederlagen seiner Generale müssen bis zum Throne reichen. Am 10. März 1797 wird Prinz Karl beim Übergang über den Tagliamento geschlagen, ein Sieg, der uns die Staaten Venedigs und die Engpässe Tirols öffnet. Die Franzosen dringen im Sturmmarsch auf dem geöffneten Wege vor, triumphieren bei Lavis, Trasmis und Clausen, ziehen in Triest ein, nehmen Tarvis, Gradiska und Villach. setzen dem blutenden Erzherzog auf den Fersen nach, lassen von ihm nur ab, um die Straßen nach der Hauptstadt Österreichs zu besetzen, und dringen endlich bis auf 30 Stunden von Wien vor.
Hier macht Bonaparte halt, um die Unterhändler zu erwarten. Ein Jahr nur ist's, daß er Nizza verließ, und während dieses Jahres hat er sechs Armeen vernichtet, Alessandria, Turin, Mailand, Mantua genommen und die dreifarbige Fahne auf den piemontesischen, italienischen und Tiroler Alpen aufgepflanzt. Um ihn her und neben ihm beginnen bereits andere Namen zu glänzen: Massena, Augereau, Joubert, Marmont, Berthier. Das Siebengestirn bildet sich, die Planeten drehen sich um ihre Sonne, der Himmel des Kaiserreichs bestirnt sich!
Bonaparte hatte sich nicht getäuscht, die Unterhändler langen an. Leoben wurde zum Ort der Unterhandlungen gewählt, zu denen Bonaparte keiner Vollmachten vom Direktorium mehr bedarf. Er hat den Krieg geführt, er wird auch den Frieden machen.»Bei der Sachlage sind sogar die Unterhandlungen mit dem Kaiser zu einer militärischen Operation geworden. «Nichtsdestoweniger zieht sich diese Operation in die Länge, mit allen möglichen Schlichen und Schlingen der Diplomatie wird sie umringt und gelähmt. Aber der Tag kommt, wo der Löwe müde wird, im Garn stillzuhalten. Mitten in einer Erörterung springt er auf, faßt ein prächtiges Porzellanservice, wirft es in Stücke und zertritt es mit den Füßen. Dann ruft er den erstarrenden Bevollmächtigten zu:»So werde ich euch alle zermalmen, da ihr es nicht besser haben wollt!«Die Diplomaten zeigen sich gefügiger. Man liest den Vertrag vor. Im ersten Artikel erklärt der Kaiser von Österreich, daß er die französische Republik anerkenne.»Streicht diesen Artikel, «ruft Bonaparte,»die französische Republik ist wie die Sonne am Firmament, nur die Blinden trifft ihr Glanz nicht!«[Fußnote]