Was sollte Hugo antworten? Er war zur Zeit des Mordes wirklich dort gewesen; er hatte sich im Besitz der geraubten Sachen befunden und er war es gewesen, der Reillac begraben hatte. Von den Soldaten, welche dabei gewesen sein sollten, war keiner beizubringen. Seine Aussage klang wie eine Fabel. Sollte er die Kriegskasse in Erwähnung bringen?
Zum Glück hatte er Margot und ihre Mutter, welche seinen Aussagen beitraten. Auch der Kutscher Florian, welcher ihm nach Deutschland gefolgt war und jetzt in seinen Diensten stand, trat als Zeuge für ihn auf. Dennoch aber wären Ungelegenheiten für ihn gar nicht zu vermeiden gewesen, wenn nicht Blücher ein gewichtiges Wort gesprochen hätte, in dessen Folge Königsau keine Unannehmlichkeiten zu erleiden hatte.
Daraufhin erklärte die französische Behörde folgendes: Es sind zwei Verdächtige da, ein Deutscher und ein Franzose. Beide klagen einander an. Der Deutsche ist der bei weitem Verdächtigere. Trotzdem sieht seine Behörde sich nicht veranlaßt, gegen ihn einzuschreiten und nehme ganz einfach an, daß der Fall nicht aufzuklären sei. Die Hinterlassenschaft Reillacs fiel entfernten Verwandten von ihm zu, und Richemonte wurde auf freien Fuß gesetzt.
Man hatte bei ihm nicht eine Spur von Reillacs Testament und auch nicht die kaiserliche Erlaubnis zur Verlobung Margots mit dem Baron gefunden. Er hatte, als seine an Margot gerichteten drei Briefe ihm vorgelegt worden waren, wirklich ausgesagt, daß er dieses Märchen erfunden habe, um seine Schwester zu retten; sie habe nicht die Frau eines Mörders seines Freundes werden sollen.
Gerade um diese Zeit stand Hugo und Margot eine Überraschung bevor. Der junge Baron de Sainte-Marie besuchte sie in Berlin. Berta Marmont, welche heimlich seine Frau geworden war, befand sich bei ihm. Sie hatte ihm ein Söhnchen geschenkt, zu welchem die beiden und Frau Richemonte Pate standen. Daß er eine Mesalliance eingegangen sei, und zwar so ganz und gar gegen den Willen seiner Mutter, konnten die Paten nicht ändern. Sie bemerkten zu ihrer Beruhigung, daß er nicht mittellos sei, und schlossen hieraus, daß er von seiner Mutter freiwillig mit dem Nötigen bedacht worden sei.
Da Königsau für nötig hielt, auf seinen Gütern anwesend zu sein, verließ er Berlin. Auf diese Weise entging ihm, wie unglücklich der Baron mit Berta lebte. Später erhielt er von diesem einen Brief, in welchem er ihm anzeigte, daß Berta mit dem früheren Kapitän Richemonte durchgegangen sei und daß er das Paar schleunigst verfolgte.
So war Richemonte doch in der Nähe gewesen, wohl um Rache zu nehmen. Nur das Zusammentreffen mit Berta hatte ihn davon abgehalten. Eine geraume Zeit später schrieb die Baronin de Sainte-Marie an Frau Richemonte, daß sie ihren Sohn nun auch moralisch verloren habe. Sie hatte in Erfahrung gebracht, daß in Marseille seine arme Frau von ihm ermordet worden sei.
Seit jener Zeit blieb Kapitän Richemonte, ebenso wie der Baron de Sainte-Marie spurlos verschwunden. Der erstere hatte übrigens, meist in Folge davon, daß er wegen Verdachts des Mordes in Untersuchung gesessen hatte, übrigens aber auch aus anderen Gründen, aus der Armee treten müssen. Daß die beiden Genannten sich drüben in Afrika befanden, der eine als Marabut und der andere als Spion, konnte niemand ahnen.