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„Noch immer keine Spur. Einen Brief habe ich aus Berlin erhalten, Lieutenant Königsau ist noch nicht verheiratet.“

„Sollten sie einander verloren haben?“

„Pah!“

„Es ist alles möglich!“

„Sie sind auf falschen Gedanken. Dieser Königsau ist ein schlauer Kerl. Er weiß, daß er uns zu fürchten hat und hält daher den Aufenthalt seines Bräutchens geheim.“

„Ich gäbe viel darum, ihn zu erfahren!“

„Ich jedenfalls noch mehr, und da habe ich heute nacht, als ich schlaflos im Bett lag und über verschiedenes nachgrübelte, eine Idee gehabt.“

„Eine Idee? Ah! Ist, eine Idee zu haben, bei Ihnen eine solche Seltenheit, daß Sie sich veranlaßt sehen, diesen wunderbaren Fall extra zu konstatieren?“

„Machen Sie keine faulen Witze! Vielleicht zeigt sich meine Idee als außerordentlich gut.“

„So teilen Sie mir dieselbe gefälligst mit!“

„Nun, wir haben uns die größte Mühe gegeben, die Adresse Ihrer Schwester zu erfahren, doch umsonst. Jetzt sagen Sie mir einmaclass="underline" Erhält Ihre Mutter nicht eine Rente ausgezahlt?“

„Allerdings.“

„Durch wen?“

„Durch Bankier Vaubois.“

„Dieser Mann muß also ihre Adresse haben.“

„Hölle und Teufel! Ja, das ist wahr!“ rief der Kapitän. „Bin ich denn ein Idiot, daß ich daran noch nie gedacht habe? Ich werde sofort hingehen.“

„Halt, keine Übereilung! Wenn nun Ihre Mutter dem Bankier verboten hat, die Adresse zu nennen?“

„Das wäre allerdings möglich.“

„Sogar sehr wahrscheinlich. Sie würden sie dann am allerwenigsten erfahren.“

„Sie ebenso.“

„Ja, sie wird ihn aber vor uns beiden ganz besonders gewarnt haben.“

„So müssen wir einen anderen Weg einschlagen.“

„Ich habe bereits einen.“

„Nun?“

„Hm! Meine Wäscherin hat ein allerliebstes Töchterchen.“

„Ah! Sie selbst finden sie allerliebst?“

„Warum nicht? Aber trösten Sie sich; ich bin dem Kind unschädlich.“

„Aus Altersrücksichten?“ lachte der Kapitän.

„Das vielleicht weniger. Aber sie hat bereits einen Geliebten.“

„Das war vorauszusehen. Welches hübsche Mädchen hätte nicht einen Geliebten.“

„Hier kommt noch der Umstand in Betracht, daß dieser Geliebte Kommis eines hiesigen Bankhauses ist.“

„Ah, des Hauses Vaubois vielleicht?“

„Leider nein. Aber ich schenke der Kleinen zuweilen etwas. Sie wird mir gern einen Gefallen tun. Ebenso wird ihr Geliebter ihr gern einen Wunsch erfüllen.“

„Ich ahne Ihren Entwurf.“

„Das ist nicht schwer. Der junge Mensch geht also zu Vaubois und zieht die betreffende Erkundigung ein.“

„Und wenn er nach dem betreffenden Grund gefragt wird?“

„Den kennt er nicht. Sein Prinzipal sendet ihn.“

„Und wenn man zögert?“

„So schildert man die Angelegenheit als eilig.“

„Hm, es gelingt vielleicht. Oh, daß ich morgen fort muß!“

„Warum bedauern Sie dies?“

„Ich werde nicht Zeit haben, diese so lang ersehnte Neuigkeit zu erfahren.“

„Warum nicht? Der Kommis kommt um zwölf Uhr nach Hause. Er speist nämlich bei meiner Wäscherin. Jetzt ist es elf Uhr. Wenn ich sofort aufbreche, so ist noch genug Zeit, die kleine Intrige einzuleiten. Sie kommen heute abend wieder hierher; im Falle des Gelingens kann ich Ihnen da die Adresse bereits sagen.“

„Das geht; das geht wahrhaftig! Gehen Sie; eilen Sie, Baron.“

Der Kapitän brauchte gar nicht zur Eile aufzufordern, denn jener hatte bereits Hut und Stock ergriffen und verließ das Kaffeehaus mit raschen Schritten.

Richemonte blieb noch einige Zeit sitzen, um sich das Gehörte alles zurechtzulegen; dann trank auch er aus und ging – zu General Drouet.

Dieser war ein höchst tatkräftiger und kühner Mann, doch versäumte er bei allem Mut nicht, vorsichtig und klug zu sein. War irgendein Ziel ebensogut durch List wie durch Verwegenheit zu erreichen, so zog er die erstere stets der letzteren vor.

Er war, da er so nahe vor dem Ausmarsch stand, sehr beschäftigt, ließ aber, als ihm der Kapitän gemeldet wurde, denselben sofort eintreten. Dieser Umstand schien diesem ein gutes Zeichen zu sein. Der Blick des Generals ruhte forschend auf dem Offizier.

„Haben Sie in Spanien gekämpft?“ fragte er.

„Ja, General.“

„Unter wem?“

„Unter Suhet.“

„Das war ein tüchtiger General, vielleicht der tüchtigste, der in Spanien befehligt. Man hat es dort mit Guerillas zu tun. Sie haben also jedenfalls auch den kleinen Krieg zur Genüge kennengelernt?“

„Ich denke es, mein General!“

„Nun, so werden Sie wissen, daß der Sieg sehr oft von sonst ganz nebensächlich erscheinenden Dingen abhängt, von der Kenntnis der Gegend und der Stimmung ihrer Bevölkerung, und so weiter. Auch bei dem sogenannten großen Krieg sind diese Umstände keineswegs außer acht zu lassen. Wir werden nach den Niederlanden gehen. Dort befehligen Wellington und Blücher. Lieben Sie Blücher?“

„Ich habe keine Veranlassung dazu.“

„Aber Sie hassen ihn auch nicht?“

„Ich wünsche ihn zu allen Teufeln, und ich habe Veranlassung dazu.“

„Dieser Wunsch wird ihm nicht viel schaden!“ lächelte der General.

Aber der Blick, welchen er dabei auf den Kapitän warf, war ein lauernder.

„Oh, ich wollte, ich könnte tätig sein, meinen Wunsch zur Erfüllung zu bringen.“

„Nun, wissen Sie, wo dieser Bramarbas sich gegenwärtig befindet?“

„In Lüttich, wie ich höre.“

„Das ist richtig, Kapitän. Ich brenne vor Begierde, etwas über seine kriegerischen Evolutionen zu hören; aber das ist außerordentlich schwer.“

„Es scheint mir leicht zu sein.“

„Man hat nicht zuverlässige Männer genug.“

„Es gibt deren doch welche!“

„Vielleicht Sie?“

„Ich hoffe es.“

„Gut, Kapitän, Sie sind mir empfohlen. Was denken Sie von einer Reise nach Lüttich oder Umgegend?“

„Sie müßte sehr unterhaltend und belehrend sein.“

„Aber auch gefährlich.“

„Ich fürchte Blücher nicht.“

„Aber einer seiner Korpskommandanten hat dort zugleich sein Hauptquartier. Dieser Bülow nämlich, und der ist gefährlich.“

„So wird man sich in acht zu nehmen wissen.“

„Ich wünsche besonders zu wissen, welche Macht man dort zusammenzieht, und was man für Pläne hat; hauptsächlich jedoch kommt es mir darauf an, alles, was zu der Persönlichkeit Blüchers in Beziehung steht, zu erfahren.“

„Ich werde eifrig danach forschen.“

„Sie kennen ihn persönlich?“

„Ja.“

„Und er Sie auch?“

„Ebenso.“

„So kann ein Zusammentreffen sehr gefährlich werden.“

„Für mich jedenfalls nicht.“

„Sie meinen für ihn?“

„Eher!“

„Nun, man wird ja hören, was Sie erleben. Um meine Anerkennung brauchen Sie sich nicht zu sorgen, wenn es mir auch unmöglich ist, meine Wünsche, oder vielmehr meinen Hauptwunsch in deutlicher Weise auszusprechen.“

„Ich errate ihn, mein General.“

„Vielleicht raten Sie gut. Tun Sie, was Sie denken! Aber Ihre Reise erfordert Auslagen. Darf ich fragen, ob Sie bemittelt sind?“

„Ich lebe von dem Sold, den ich auch erst noch empfangen soll.“

„Ah, das ist peinlich. Hier, nehmen Sie diese kleine Rémunération. Wenn man Gutes von Ihnen hört, wird man weiter dankbar sein. Adieu, Kapitän!“

Der General hatte ihm eine Geldrolle in die Hand gedrückt. Als Richemonte sie zu Hause öffnete, sah er, daß sich fünfhundert Francs darin befanden.