Выбрать главу

„Leider! Ich wurde von einer alten Base ausgehungert und durchgeprügelt. Das nannte sie erziehen. Jetzt aber werde ich von dir erzogen.“

„Jedenfalls ist meine Manier besser als die ihrige, obgleich ich auch noch keinen Erfolg verspüre. Ich kam damals zu dieser Base und bat sie, dich mir zu überlassen –“

„Sie ging sofort darauf ein, wie sie mir dann später erzählte.“

„Ich machte ihr allerdings den ihr sehr erwünschten Vorschlag, dich zu adoptieren. Auf diese Weise wäre sie dich los geworden.“

„Leider aber wurde sie mich nicht los. Du kamst nicht wieder. Warum? Das habe ich dich oft gefragt, ohne aber jemals eine Antwort zu erhalten.“

„Mein Schweigen hatte seine Gründe; jetzt aber kann ich endlich sprechen.“

„So rede! Ich bin sehr neugierig auf das, was ich erfahren werde.“

„Du weißt, daß durch die Adoption beide Teile in die Naturrechte eintreten?“

„Was nennst du Naturrechte?“

„Beide gelten als leiblicher Vater und leiblicher Sohn.“

„Ah, ja.“

„Was der eine hat, gehört dem anderen.“

„Ja.“

„Und was der eine genießt, erwirbt auch der andere mit.“

„Natürlich.“

„Nun, ich wollte dein wirklicher Vater werden, um das mit genießen zu können, was dir später zufallen würde.“

„Parbleu! Du tust ja gerade, als ob mir irgendein Fürstentum hätte zufallen sollen.“

„Wenn auch nicht gerade ein Fürstentum!“

„So doch eine Grafschaft?“

„Auch diese nicht ganz!“

„Meinst du etwa eine Baronie?“

„Das ist viel eher und leichter möglich!“

„Du phantasierst!“

„Pah! Ich weiß stets genau, was ich sage und tue. Ich werde dir meinen damaligen Plan anvertrauen. Aber ich hoffe, daß ich das ohne irgendeine Befürchtung zu tun vermag. Verstehst du mich?“

„Wenn es sich um eine Baronie handelt, werde ich zu schweigen wissen.“

Er hatte diese Worte in einem ironischen Ton ausgesprochen.

„Laß diesen Ton! Er gefällt mir nicht und paßt auch nicht hierher!“ sagte der Kapitän. „Also höre! Dieser Berta wollte ich irgendeine Stellung verschaffen, wie du bereits gehört hast. Es wäre das auf alle Fälle eine Stellung gewesen, in welcher sie sich von dem Kind scheinbar nur auf kurze Zeit hätte trennen müssen.“

„Wäre sie darauf eingegangen?“

„Ich hätte sie schon zu bearbeiten verstanden. Natürlich hätte sie den Jungen irgendwo in Pflege geben müssen. Und weißt du, bei wem dies gewesen sein würde?“

„Ich habe keine Ahnung davon.“

„Nun, nirgends anders als bei deiner Base.“

„Donnerwetter! Bei dieser? Aus welchem Grund gerade bei ihr?“

„Zunächst wäre die brave Berta verschwunden.“

„Aber zu welchem Zweck denn?“

„Schwachkopf! Du wärest an seine Stelle getreten. Die Papiere waren da. Wer hätte beweisen können, welcher von den beiden Buben der richtige Erbe der Baronin ist?“

Der ‚Schwachkopf‘ ließ ein leises, verwundertes Pfeifen hören.

„Alle Teufel, ist es das!“ sagte er. „Die Nachbarn hätten es beweisen können, denn sie kannten mich und die Alte sehr genau.“

„Die Alte hätte den Wohnort gewechselt. Dann war alles gemacht. Ich hätte einen Baron de Sainte-Marie adoptiert gehabt. In Frankreich geht das, während es in anderen Ländern schwieriger würde.“

„Donnerwetter, welch ein Plan! Schade, daß nichts daraus geworden ist.“

„Der Mord kam mir darein und das Verschwinden des Knaben.“

„Aber warum hast du mich dann doch noch adoptiert?“

„Du bist allerdings zugleich mein Cousin und mein Sohn. Ich tat es, weil ich doch noch Hoffnung hegte, den Kerl zu erwischen.“

„Und da mußte er entkommen! Ich könnte Baron sein!“

„Was damals nicht möglich wurde, kann vielleicht jetzt noch geschehen.“

„Ah! Wenn das wäre!“, meinte der andere höchst eifrig.

„Warum nicht?“

„Auf welche Weise?“

„Abermals Schwachkopf! Ein Schuß oder ein Stich, sagte ich ja vorhin.“

„Donnerwetter! Jetzt beginnt mein Schwachkopf zu begreifen.“

„Das ist zu wünschen. Der junge Baron muß, gerade wie ich damals plante, spurlos verschwinden. Eine einzige Kugel ist vollständig genug.“

„Das ist wahr.“

„Die Papiere sind da.“

„Allerdings! Geburtsschein und Taufzeugnis, sämtliche Legitimationen seines Vaters, dazu das Geld und die Schmucksachen!“

„Das ist genug. Du hast fast das gleiche Alter, hast in der Wüste gelebt, sprichst Arabisch und kennst nun auch die ganze Vergangenheit deines Vaters, des Barons Alban de Sainte-Marie.“

Der andere schwieg. Richemonte hütete sich, ihn zu stören. Er wußte, daß der ausgestreute Samen mit riesiger Schnelligkeit heranwachsen werde. Er hatte richtig gerechnet, denn sein Gefährte meinte bald:

„Der Kerl da drin wäre bald beseitigt. Aber die Schwierigkeiten in der Heimat! Ich bin zu wenig dazu.“

„Pah. Ich helfe dir!“

„Hm. Wenn ich mich wirklich auf dich verlassen könnte, Alter!“

„Natürlich! Ich setze allerdings voraus, daß ich nicht umsonst arbeite.“

„Das versteht sich ganz von selbst.“

„Also, du denkst, daß es geht?“

„Sehr leicht sogar. Nur müssen wir schnell handeln. Hast du gehört, daß sie von diesem Königsau sprachen?“

„Ja. Wie konnten sie davon wissen?“

„Ob uns der Junge etwa gar im Wald belauscht haben sollte?“

„Das ist möglich.“

„Nun, so ist es höchst wahrscheinlich, daß er sich sputen wird, Königsau und die Beni Hassan zu warnen.“

„Donnerwetter, das wäre ein Strich durch unsere Rechnung!“

„Und abermals ein gewaltiger. Wer steht uns dafür, daß er nicht den Alten liegen läßt, seine Siebensachen nimmt und noch diesen Augenblick aufbricht, während wir uns hier langatmig beraten?“

„Ja, Cousin, wir müssen handeln.“

„Nun, also vorwärts.“

„Halt! Vorher noch eins.“

„Was?“

„Ich sage dir im voraus, daß ich ohne Erfüllung dieser einen Bedingung von der ganzen Sache nichts wissen will. Es handelt sich um Liama.“

„Wieder dieses Mädchen“, zürnte der Alte. „Was willst du mit ihm? Jetzt stehen die Sachen ganz ander als noch vor zwei Stunden.“

„Meine Liebe ist ganz dieselbe geblieben.“

„Du kannst sie doch wahrhaftig nicht zur Baronin de Sainte-Marie machen. Das wäre der größte Blödsinn, den es gibt!“

„Ich tue es nicht anders.“

„Kerl, nimm Verstand an!“

„Und du, nimm Herz an! Ich habe sie lieb, und ich will sie haben.“

„Meinetwegen, als Geliebte!“

„Nein, als Frau.“

„Das ist ja ganz unmöglich! Du kannst ja nicht als Prätendent der Baronie auftreten, und dann, wenn man sie dir zugesprochen hat, diese halbwilde Beduinin heiraten.“

„Das ist auch nicht nötig. Ich heirate sie bereits hier.“

„Sie kennt dich als meinen Sohn Ben Ali. Der junge Sainte-Marie aber muß als Ben Hadschi Omanah auftreten. Dieser Name ist in den Aufzeichnungen des Marabut sicher genannt.“

„So nehme ich ihn an. Ist sie einmal meine Frau, wird sie sich meinem Willen fügen müssen!“

Richemonte sah ein, daß jetzt nichts zu erreichen sei. Er hoffte den Plan seines Gefährten doch noch zu durchkreuzen. Es galt, schnell zu handeln, daher gab er scheinbar nach und meinte nach einigem Überlegen:

„Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen. Du sollst meinetwegen deinen Willen haben, aber ich bitte dich im voraus, etwaige unangenehme Folgen nicht mir aufzubürden. Gehen wir also!“

Er wendete sich ab, um die Stelle zu verlassen; da aber faßte ihn der andere beim Arm und sagte: