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„Ach so! Hm! Ja! Ihr wart gleichsam Spione; wenigstens befandet ihr euch heimlich mitten unter einer feindlichen Bevölkerung. Da war es allerdings nicht geraten, den Kerl zu arretieren.“

„Vielleicht könnte man ihn noch jetzt beim Schopf nehmen.“

„Noch jetzt? Ah, ja! Das ist wahr; würde man Reillacs Leiche finden?“

„Jedenfalls.“

„Hm! Der Gedanke ist nicht schlecht. Beweise hätten wir auch, nämlich das, was du gesehen hast, eure Unterschriften und dann die Gegenstände, welche Reillac gehörten und die ihr ihm abgenommen habt.“

„Oh, es gibt noch mehr Beweise, Exzellenz.“

„Welche?“

„Margot hat einen Brief von ihm erhalten, in welchem er ihr mitteilt – – –“

Blücher machte eine schnelle Bewegung und unterbrach ihn:

„Margot! Ah, Donnerwetter, an dieses alte Mädel habe ich gar nicht gedacht. Wie dumm von mir. Wo steckt es denn eigentlich?“

„Hier in Berlin bei meiner Mutter.“

„So. Die muß ich besuchen, und das sehr bald, mein Junge.“

Königsau räusperte sich ein wenig und sagte dann:

„Es war jetzt meine Absicht, Ew. Exzellenz zu einem solchen Besuch ganz gehorsamst einzuladen.“

„Wirklich? Gibt es vielleicht eine besondere Bewandtnis dabei?“

„Allerdings, Durchlaucht. Hochzeit.“

„Hochzeit? Kreuzmillionensternhagel! Du willst die Margot heiraten, Alter? Wann denn?“

„Übermorgen ist die Trauung.“

„Schon übermorgen? Da schlage doch das Wetter drein. Wie kann ich bis dahin mit dem Hochzeitsgeschenk fertig werden! Bis übermorgen kriege ich ja weiter nichts als höchstens eine Kohlenschaufel, einen Kinderkorb und einen Strauß von Aurikeln und Lindenblüten. Kerl, warum habe ich das denn nicht eher erfahren?“

„Exzellenz sind ja soeben erst in Berlin angekommen.“

„Das ist wahr. Aber höre, hast du bereits einen Brautführer, und wer ist es?“

„Lieutenant von Wilmersdorf.“

„Der Wilmersdorf?“ fragte der Marschall. „Donnerwetter! Warum denn dieser Kerl?“

„Er ist ein guter Freund von mir.“

„Unsinn. Freund hin, Freund her. Es gibt noch andere Leute, die deine und Margots Freunde sind. Nicht jeder Freund hat das Zeug, ein tüchtiger Brautführer zu sein. Hast du dir den Wilmersdorf denn einmal ganz genau angesehen?“

„Sehr oft“, antwortete Hugo unter einem ahnungsvollen Lächeln.

„Diese dünnen krummen Beine.“

„Hm. Nicht sehr schlimm.“

„Stumpelnase.“

„Ein wenig.“

„Drei Haare im Schnurrbart.“

„Vielleicht doch einige mehr, Exzellenz.“

„Unsinn! Da sieh mich einmal dagegen an. Hier guck her.“

Er drehte sich einige Male um seine eigene Achse und fuhr dann fort:

„Habe ich etwa dünne Beine?“

„Nein, Exzellenz“, antwortete Königsau.

„Oder sind sie krumm?“

„Nicht im mindesten.“

„Ist meine Nase stumpelig? Oder fehlt es meinem Bart an Melissengeist?“

„Exzellenz haben allerdings kein solches Frühbeetmittel nötig.“

„Nu also. Oder ist dieser Lieutenant von Wilmersdorf etwa ein honetterer Kerl als ich?“

„Das glaube ich nicht.“

„Du glaubst es nicht? Ah, du glaubst es bloß nicht. Sieh doch einmal an. Kerl, mache mir keine dummen Witze, sonst heirate ich dir die Margot vor der Nase weg. Ich sage dir, wäre ich fünfzehn Jahre jünger, so müßte sie meine Frau werden. Da ich aber nun einmal das Pech habe, so ein alter Methusalem zu sein, so will ich wenigstens das Vergnügen haben, ihr Brautführer zu sein. Verstanden?“

„Zu Befehl, Exzellenz.“

„Zu Befehl? Lauf zum Kuckuck mit deinem Befehl! Diese Geschichte soll nicht durch einen Armeebefehl erzwungen werden. Liegt dir nichts daran, so tue den Schnabel auf.“

„Oh, Durchlaucht, es gereicht mir ja nicht bloß zur größten Ehre, sondern es gewährt uns auch das innigste Glück, Ihren Wunsch zu erfüllen.“

„Na also! Endlich nimmt der Mensch drei Zoll Verstand an. Nun führe ich die Margot bis in die Ehe, und dieser Lieutenant von Wilmersdorf mag Hunde führen bis Bautzen. Aber sagtest du nicht, daß dieser Richemonte an Margot geschrieben hätte?“

„Ja, bereits dreimal.“

„Ah. Wie kann sie sich mit diesem Kerl in Briefwechsel stellen?“

„Das fällt ihr gar nicht ein.“

„Aber sie hat ihm doch geantwortet?“

„Nein.“

„Wo befindet er sich jetzt?“

„Für zwei Wochen in Straßburg.“

„Habt ihr seine Adresse?“

„Ja. Er erwartet dort unsere Antwort.“

„Das ist gut. Da wissen wir, wo der Herr Urian zu finden ist. Was schreibt er denn?“

„Margot soll mich verlassen und zu ihm kommen.“

„Der Kerl ist verrückt. Das Mädel wird dich nicht aufgeben.“

„Oh, er gibt einen sehr gewichtigen Überredungsgrund an.“

„Da bin ich doch neugierig.“

„Margot ist arm; er aber will, sobald sie mich verläßt und zu ihm kommt, sie zu einer reichen, ja zu einer steinreichen Erbin machen.“

„Sapperlot! Welcher Krösus ist denn gestorben?“

„Reillac.“

Blücher fuhr erstaunt zurück.

„Reillac?“ fragte er in einem unendlich gedehnten Ton. „Natürlich ist er tot. Aber er ist es, den sie beerben soll? Da sollen doch gleich tausend Bomben platzen. Wie geht das zu?“

„Wissen Euer Exzellenz, daß Baron Reillac reich, sehr reich war?“

„Ja. Aber er war reich, weil er ein großer Schuft war. Er machte den Gurgelabschneider und sammelte sich als Armeelieferant Millionen, während die armen Soldaten hungern mußten und in Lumpen gingen.“

„Erinnern sich Exzellenz auch noch meiner früheren Mitteilung, daß Napoleon Margot gesehen hatte?“

„Ja, er hatte ein Auge auf sie geworfen, oder auch wohl alle beide.“

„Nun, es ist im Plan gewesen, daß Reillac sie heiraten solle.“

„Der? Dem soll ein heiliges Wetter auf den Leib fahren, aber kein solches Prachtmädel, wie die Margot ist. Aber hätte der Kaiser denn dazu seine Einwilligung gegeben?“

„Natürlich. Von diesem ist ja der Plan ausgegangen. Margot sollte als Baronin de Reillac am kaiserlichen Hof Zutritt erhalten.“

„Ah, damit Napoleon Gelegenheit hatte, sie zuweilen beim Kopf zu nehmen? Das mag er sich vergehen lassen! Jetzt mag er auf St. Helena Käse reiben, aber an solche Sachen mag er ja nicht denken.“

„Richemonte hat die Hand dabei im Spiel gehabt. Er schreibt, daß Reillac gestorben sei, ohne einen nahen Erben zu hinterlassen und daß er die schriftliche Einwilligung des Kaisers zur Verheiratung Margot mit Reillac in den Händen habe.“

„Ah. Das galt damals als vollzogene Verlobung!“

„Auch jetzt noch?“

„Hm. Kommt auf die Umstände an. Ich bin kein Advokat oder Rechtswurm.“

„Ferner hat Reillac ein Testament hinterlassen.“

„Doch? Also gibt es einen Erben? Wer ist es?“

„Eben Margot.“

„Heiliges Pech! Margot? Inwiefern denn?“

„Reillac hat seine Verlobung oder die kaiserliche Einwilligung dadurch erkauft, daß er für den Fall seines Todes Margot als unumschränkte Erbin seiner sämtlichen Hinterlassenschaft einsetzte.“

„Welch ein Glück oder welch eine Schande für euch.“

„Kein Glück, sondern eine Schande, wenn Margot akzeptierte.“

„Richtig, mein Junge. Du bist ein tüchtiger Kerl und hast Ehre im Leib. Aber wo befindet sich das Testament?“

„Richemonte hat es.“

„Wird es echt sein?“

„Es müßte geprüft werden.“

„Dem Kerl ist alles zuzutrauen. Aber ein Esel ist er doch, ein großer Esel.“

„Inwiefern, Exzellenz?“

„Er will mit diesem Testament Margot zu sich locken?“