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Behauptungen nach stellte er seine Beute auch. Bis jetzt war noch kein Mädchen im Büro aufgetaucht, die das bestätigen konnte.

Unter dem rosa Hemd schlug ein steinernes Herz, in seinem Schädel lauerte ein großes >Na und?<. Aber weil dieses amüsante, ehrgeizige, unfreundliche Wesen grundsätzlich lange vor Dienstbeginn im Büro erschien, war ich noch rechtzeitig gefunden worden. Irgendwo mußte da eine Moral verborgen sein. Jones warf mir einen Blick zu.

«Die Leiche ist wieder da, sehe ich.«

«Dank dir«, meinte ich leichthin, aber er wußte, daß ich es ernst meinte. Es war ihm trotzdem egal.

«Ihr Blut ist durch einen Riß im Linoleum gelaufen und hat das Holz durchtränkt«, sagte er.»Der Alte fragt sich jetzt, ob die Balken verfaulen werden.«

«Jones!«protestierte Dolly entsetzt.»Verschwinde und halt den Mund!«Ihr Telefon läutete. Sie nahm den Hörer ab, lauschte und sagte:»In Ordnung. «Sie legte auf.»Der Alte will Sie sprechen, sofort!«

«Danke.«

Ich stand auf.

«Rauswurf?«fragte der junge Jones.

«Halt du deine Rotznase raus«, sagte Chico.»Das geht dich einen nassen Staub an.«

Ich verließ lächelnd das Zimmer und hörte noch, wie Dolly zum tausendstenmal versuchte, den stetig schwelenden Streit zwischen Jones und Chico zu schlichten.

Ich ging die Treppe hinunter, durch die Halle, in Joanies kleines Büro und von dort aus in Radnors Arbeitszimmer.

Er stand am Fenster und beobachtete den Verkehr in der Cromwell Road. Das Zimmer, wo die Klienten ihr Herz auszuschütten pflegten, war in ruhigem Grau gehalten, mit roten

Teppichen und roten Vorhängen, ausgestattet mit bequemen Sesseln, praktischen kleinen Tischen mit Aschenbechern, Bildern an der Wand und mit Blumenvasen. Abgesehen von Radnors kleinem Schreibtisch in der Ecke sah das Ganze wie ein normales kleines Wohnzimmer aus. Radnor war des Glaubens, daß die Leute in einer derart friedlichen Umgebung die Tatsachen nicht so sehr übertrieben und verdrehten wie in einem Büro.

«Kommen Sie rein«, sagte er. Er blieb am Fenster stehen, und ich trat zu ihm. Er gab mir die Hand.

«Sind Sie wirklich schon soweit, daß Sie wieder anfangen können? Es hat nicht so lange gedauert, wie ich dachte. Obwohl ich Sie kenne.«

Er lächelte schwach und sah mich aufmerksam an.

Ich sagte, es ginge mir gut. Er sprach vom Wetter, vom Stoßverkehr und der Politik und kam schließlich zu dem Thema, das zur Debatte stand.»Sie werden sich also jetzt auch ein bißchen umsehen?«

Klar ausgedrückt, dachte ich.»Wenn ich hierbleiben wollte.«

«Wenn? Hm, ich weiß nicht. «Er schüttelte den Kopf.

«Nicht unter denselben Bedingungen, das gebe ich zu.«

«Tut mir leid, daß es nicht geklappt hat.«

Er schien es wirklich zu bedauern, machte es mir aber nicht leicht.

Ich sagte mit erzwungener Ruhe:»Sie haben mich zwei Jahre lang umsonst bezahlt. Jetzt könnten Sie mir eine Chance geben, mir mein Geld zu verdienen. Ich will nicht weg.«

Er hob den Kopf, schwieg aber.

«Ich arbeite umsonst für Sie, um das auszugleichen. Aber nur, wenn es sich um wirkliche Arbeit handelt. Ich will nicht mehr herumsitzen. Das macht mich verrückt.«

Er starrte mich eine Weile an und atmete dann kräftig aus.

«Du guter Gott, endlich!«sagte er.»Und es hat eine Revolverkugel gebraucht.«

«Was meinen Sie damit?«sagte ich.

«Sid, haben Sie schon mal einen Geist aufwachen sehen?«

«Nein«, sagte ich betroffen, aber ich verstand ihn.»So schlimm war es doch gar nicht.«

Er hob eine Schulter.»Ich habe Sie reiten sehen, vergessen Sie das nicht. Man merkt es, wenn ein Feuer ausgeht. Bei uns war bloß noch die Asche zu sehen.«

Er lächelte besänftigend. Es machte ihm Spaß, solche Wortbilder zu erfinden.

«Dann flackere ich jetzt wenigstens wieder?«meinte ich lächelnd.»Und ich habe eine komplizierte Sache mitgebracht, der ich auf den Grund kommen will.«

«Eine lange Geschichte?«

«Ziemlich lang.«

Er winkte mich zu einem Sessel, nahm Platz und hörte mir zu. Ich erzählte von Krayes Geschäften mit Rennplätzen. Was ich wußte und was ich nur vermutete. Als ich fertig war, sagte er ruhig:»Wo haben Sie das alles her?«

«Mein Schwiegervater, Charles Roland, servierte es mir, als ich am letzten Wochenende bei ihm wohnte. Er hatte Kraye eingeladen.«

«Und Roland hat es woher?«

«Der Rennplatzadministrator in Seabury erzählte ihm, die Direktoren machten sich über allzu große Aktienkäufe Sorgen, außerdem habe Kraye auch Dunstable an sich gebracht, und sie befürchteten, daß er es jetzt auf Seabury abgesehen haben könnte.«

«Und das andere, was Sie mir erzählt haben, ist Ihre eigene

Vermutung?«

«Ja.«

«Sie beruht auf Ihrer Einschätzung Krayes an einem Wochenende?«

«Zum Teil auf seinem Charakter, den er mir deutlich zeigte. Zum Teil auf dem, was ich in seinen Unterlagen fand.«

Mit Zögern berichtete ich von meiner Schnüffelei und den Fotos.». das übrige ist wohl nichts als eine Ahnung.«

«Hm — müßte überprüft werden. Haben Sie die Filme mitgebracht?«

Ich nickte, nahm sie aus der Tasche und legte sie auf den kleinen Tisch neben mir.

«Ich lasse sie entwickeln.«

Er trommelte mit den Fingern auf die Armlehne und dachte nach. Dann schien er plötzlich eine Entscheidung zu fällen:»Als erstes brauchen wir einen Klienten.«

«Einen Klienten?«wiederholte ich zerstreut.

«Natürlich, was denn sonst. Wir sind nicht die Polizei. Wir arbeiten nach Gewinn. Bei uns werden die Spesen und Gehälter nicht von den Steuern bestritten, sondern von Klienten.«

«O ja, natürlich.«

«Der geeignetste Klient in diesem Fall wäre entweder der Geschäftsführer des Rennplatzes in Seabury oder vielleicht das Nationale Rennsportkomitee. Ich spreche wohl am besten mit dem Vorsitzenden. Kann nicht schaden, wenn man ganz oben anfängt.«

«Vielleicht zieht er die Polizei vor«, sagte ich,»das kostet nichts.«

«Mein lieber Sid, Leute, die Privatdetektive beauftragen, wollen in erster Linie Geheimhaltung. Sie bezahlen dafür. Wenn die Polizei etwas untersucht, erfährt alle Welt davon. Bei uns nicht. Deshalb haben wir es manchmal mit Strafsachen zu tun, obwohl es da zweifellos billiger wäre, zur Polizei zu gehen.«

«Aha. Sie sprechen also mit dem Vorsitzenden.«

«Nein«, unterbrach er mich.»Das tun Sie.«

«Ich?«

«Natürlich, das ist Ihr Fall.«

«Aber Ihr Detektivbüro. Er ist daran gewöhnt, mit Ihnen zu verhandeln.«

«Sie kennen ihn auch«, erklärte er.

«Ich bin früher für ihn geritten, und das ist eine schlechte Ausgangsbasis. Für ihn bin ich ein Jockey, ein ausgedienter Jockey, er wird mich nicht ernst nehmen.«

Radnor zog eine Schulter hoch.

«Wenn Sie es mit Kraye aufnehmen wollen, brauchen Sie einen Klienten. Beschaffen Sie sich einen!«

Ich wußte sehr gut, daß er nicht einmal seine Abteilungsleiter, geschweige denn unerfahrene Angestellte beauftragen würde, Verhandlungen zu führen, so daß ich ein paar Sekunden lang gar nicht glauben konnte, daß es ihm ernst war. Aber er fügte nichts hinzu. Ich stand auf und ging zur Tür.

«In Sandown ist heute ein Rennen«, meinte ich, einen Versuchsballon steigen lassend.»Da ist er auf jeden Fall dabei.«

«Eine gute Gelegenheit. «Er sah starr vor sich hin.

«Dann versuche ich’s mal.«