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Wir leerten unsere Gläser und gingen zum Wiegeraum zurück. Sein Pferd gewann das fünfte Rennen um eine Nasenlänge, und ich sah ihn später am Absattelplatz strahlend die Glückwünsche entgegennehmen.

Nach dem letzten Rennen ging ich zum Imbißraum der Rennleitung. Mehrere Mitglieder des Rennsportkomitees mit ihren Frauen und Bekannten tranken Tee. Lord Hagbourne war nirgends zu sehen. Man gab mir einen Stuhl, begrüßte mich und unterhielt sich mit mir über den Rennsport. Die meisten hatten früher Amateurrennen bestritten, ich kannte sie alle gut.

«Sid, was halten Sie von den neuen Hürden?«

«Sie sind viel besser, vor allem für jüngere Pferde.«

«Finden Sie nicht, daß Haiworth ein großartiges Rennen geliefert hat. Green soll sich gestern wieder ein paar Rippen gebrochen haben.«

«Ich mag diese Rasse nicht, es fehlt am Standvermögen.«

«Könnten Sie in unserem Club mal einen Vortrag halten? Wann hätten Sie Zeit?«

Sie tranken ihren Tee, verabschiedeten sich und fuhren nach Hause. Ich wartete. Endlich kam er hereingeeilt, entschuldigte sich und erklärte mir, warum er aufgehalten worden war.

«Also«, sagte er und biß in ein Sandwich.»Worum geht’s?«

«Um Seabury.«

«Ach ja, Seabury — besorgniserregend, wirklich besorgniserregend.«

«Ein Mr. Howard Kraye hat eine große Anzahl Aktien erworben.«

«Moment mal, Sid. Das ist nur eine Vermutung, weil Sie an Dunstable denken. Wir haben versucht, durch die Börse den Aufkäufer der Seabury-Aktien zu ermitteln, finden aber keinen klaren Hinweis auf Kraye.«

«Meine Firma hat diese Hinweise.«

Er starrte mich an.

«Beweise?«fragte er.

«Ja.«

«Welcher Art?«

«Fotografien der Verkaufsbescheinigungen.«

«Oh«, sagte er düster.»Wir waren uns nicht sicher, hofften aber, uns getäuscht zu haben. Wo haben Sie die Fotos her?«

«Darüber darf ich leider keine Auskunft geben, Sir. Aber die Firma Radnor wäre bereit, einen Versuch zu unternehmen, den

Verkauf von Seabury zu verhindern.«

«Gegen entsprechendes Honorar, nehme ich an«, sagte er zweifelnd.

«Leider ja, Sir.«

«Solche Dinge passen gar nicht zu Ihnen, Sid. «Er schaute auf die Uhr.

«Wenn Sie vergessen könnten, daß ich Jockey war, und mich nur als Beauftragten von Mr. Radnor ansehen, wäre es viel einfacher. Wieviel ist Seabury dem Rennsport wert?«

Er sah mich überrascht an, beantwortete die Frage auch, wenn auch nicht so, wie ich es erwartet hatte.

«Na, Sie wissen ja, daß es eine ausgezeichnete Rennbahn ist, gut für die Pferde und so weiter.«

«Aber dieses Jahr war kein Gewinn zu verzeichnen.«

«Man hatte sehr viel Pech.«

«Ja. Zuviel, als daß es mit rechten Dingen zugehen könnte, meinen Sie nicht?«

«Was wollen Sie damit sagen?«

«Hat sich das Rennsportkomitee schon einmal überlegt, daß Pechsträhnen — auch arrangiert werden können?«

«Sie wollen doch wohl nicht im Ernst sagen, daß Kraye. Ich meine, daß jemand Seabury absichtlich schädigen könnte? Um zu erreichen, daß man mit Verlust abschließt?«

«An diese Möglichkeit dachte ich, ja.«

«Hm. «Er setzte sich plötzlich.

«Bewußte Schädigung«, sagte ich,»Sabotage, wenn Sie wollen. In der Industrie gibt es genug Beweise dafür. Meine Firma untersuchte erst voriges Jahr die Vorgänge in einer kleinen Landbrauerei, wo die Fermentierung immer wieder danebenging. Es kam zu einer Strafanzeige, und die Brauerei konnte saniert werden.«

Er schüttelte den Kopf.»Ich halte es für albern, Kraye so etwas zu unterstellen. Er gehört einem meiner Clubs an. Er ist ein reicher, geachteter Mann.«

«Ich weiß, ich habe ihn kennengelernt«, sagte ich.

«Dann müssen Sie ja wissen, was für ein Mensch er ist.«

«Ja, nur zu gut.«

«Sie meinen doch nicht im Ernst. «begann er noch mal.

«Es kann nichts schaden, das nachzuprüfen«, unterbrach ich.

«Sie werden die Zahlen kennen. Seabury wäre eine lohnende Beute.«

«Wie sehen Sie die Zahlen?«

Er schien sich tatsächlich für meine Meinung zu interessieren.

«Das Aktienkapital der Rennbahn Seabury beträgt achtzigtausend Pfund in Einpfundaktien. Der Grund wurde gekauft, als dieser Teil der Küste mehr oder weniger unbewohnt war, so daß dieser Betrag in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Wert steht. Jedes Unternehmen in einer solchen Lage fordert ja geradezu einen Interessenten heraus, es zu übernehmen. Ein Käufer brauchte theoretisch einundfünfzig Prozent der Aktien, um die Kontrolle übernehmen zu können, aber in der Praxis genügen, wie Dunstable gezeigt hat, vierzig vollauf. Man könnte es sogar mit sehr viel weniger schaffen, aber vom Standpunkt des Käufers aus ist der Profit um so größer, je mehr Aktien er in die Hand bekommt, bevor er seine Absicht kundtun muß.

Die Hauptschwierigkeit bei der Übernahme einer Rennbahn ist, daß die Aktien selten auf den Markt kommen. Soviel ich weiß, ist es durchaus nicht immer möglich, auch nur ein paar Aktien der Börse zu erwerben, weil die Eigentümer meist sehr viel Wert darauf legen und nicht verkaufen, solange eine Dividende bezahlt wird, sei sie auch noch so klein. Aber nicht alle können sich leisten, daß ihr Kapital keine Zinsen trägt, und sobald ein Rennplatz mit Verlust arbeitet, wächst die Versuchung, das Geld anderswo anzulegen. Der Kurswert der Seabury-Aktien beträgt heute dreißig Shilling, das sind etwa vier Shilling mehr als vor zwei Jahren. Wenn Kraye mit einem Durchschnittspreis von dreißig Shilling eine Vierzigprozentmehrheit erringen kann, wird ihn das nur ungefähr achtundvierzigtausend Pfund kosten. Mit einem Aktienpaket von dieser Größe kann er jede Opposition überstimmen und die ganze Firma an einen Bauherrn verkaufen. Die Baugenehmigung wird ihm sicher erteilt werden, weil es sich nicht um ein Naturschutzgebiet handelt und das Areal sowieso schon von Gebäuden umgeben ist. Ich schätze, daß jemand, der dort bauen will, ungefähr eine Million zu zahlen hätte, weil er das Doppelte erzielen würde. Die Steuer ist natürlich hoch, aber die Aktionäre würden, wenn sich der Plan verwirklichen läßt, einen Gewinn von achthundert Prozent erzielen — für Mr. Kraye brutto etwa vierhunderttausend Pfund. Haben Sie überhaupt feststellen können, wieviel er an Dunstable verdient hat?«

Hagbourne schwieg.

«Seabury war eine erfolgreiche Rennbahn. Jetzt ist es plötzlich vorbei. Ich halte es für einen verdächtigen Zufall, daß es mit einem Rennplatz bergab geht, sobald sich ein potenter Käufer zeigt. Im letzten Jahr betrug die Dividende nur noch Sixpence pro Aktie, ein Brutto-Ertrag von nicht einmal eindreiviertel Prozent zum derzeitigen Kurswert, und heuer wiesen die Bücher einen Verlust von dreitausendsiebenhundertvierzehn Pfund aus. Wenn nicht bald etwas getan wird, sind die Aussichten Null.«

Hagbourne starrte eine Weile zu Boden, das halb verzehrte Sandwich in der Hand. Schließlich sagte er:»Wer hat die Berechnungen angestellt, Radnor?«

«Nein, ich. Es ist ganz einfach. Ich war gestern im Compagniehaus in der City und habe mir die Bilanzen der letzten Jahre angesehen. Heute früh ließ ich mir von einem

Börsenmakler den Kurswert sagen. Sie können das selbst nachprüfen.«

«Ich glaube Ihnen. Jetzt erinnere ich mich übrigens. Es hieß einmal, Sie hätten mit zwanzig Jahren an der Börse ein Vermögen gemacht.«