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Die Wirkung war unbeschreiblich.

Der ganze Hallenboden schien sich wie in einem Krampf zu winden. Ich fiel, rollte mich instinktiv nach hinten und streifte gleichzeitig die schwarzen Fäden ab, die an meiner Kleidung klebten. Ein fürchterliches Heulen erscholl, und plötzlich schossen überall schwarze, schmierige Fontänen in die Höhe. Eine Welle intensiver Hitze schlug über mir zusammen, es roch nach verbranntem Fleisch.

Der Kreis der Ratten zerbrach, als die Tiere wie von Hieben getroffen auseinanderspritzten oder einfach leblos zur Seite kippten. Mit hellen, peitschenden Lauten zerrissen die schwarzen Fäden, die ihre Körper eingehüllt hatten.

Und die Vernichtung lief weiter!

Wie eine Woge des Todes raste sie durch die Halle, erfaßte Strang auf Strang und ließ das ganze gewaltige Netz zu einem Durcheinander aus platzenden Strängen und kochendem schwarzem Morast werden. Schließlich erreichte sie Shub-Niggurath selbst.

Die ekelhafte Fleischmasse zuckte und zog sich zusammen. Ihre Augen und Arme verdorrten in Sekundenschnelle. Für einen ganz kurzen Moment flammte die irrsinnige Hoffnung in mir auf, daß der Tod, den die Berührung der magischen Waffe dem Netz gebracht hatte, auch seinen Herrn verschlingen würde.

Aber nur für einen Moment. Shub-Nigguraths Körper färbte sich grau und begann zu schrumpfen. Seine Haut trocknete aus und riß. Eine schwarze, widerlich stinkende Flüssigkeit quoll aus seinem Körper.

Aber er starb nicht. Wie ein gewaltiges, schlagendes Herz plusterte er sich auf, fiel abermals zusammen und begann schneller und schneller zu pulsieren. Plötzlich zuckte ein fadendünner Strang aus seinem Leib, peitschte auf eines der reglos daliegenden Tiere herab und schlug wie ein Pfeil in seinen Leib. Die Ratte kreischte, bäumte sich auf - und zerfiel zu Staub.

Der Strang zog sich zurück, richtete sich wie eine blinde suchende Kobra auf und zuckte auf das nächste Opfer herab. Der schreckliche Vorgang wiederholte sich, und die Bestie gewann im gleichen Maße an Kraft zurück, in dem sie ihre Opfer aussaugte. Nur noch Sekunden, und er würde seine alte Stärke zurückhaben!

Howards Schrei ließ mich herumfahren. Er war neben Lady Audley auf die Knie gefallen und versuchte sie hochzuheben, aber seine Kräfte reichten nicht aus. Verzweifelt gestikulierte er mit den Händen und schrie Worte, die ich nicht verstand. Ich sprang auf, war mit einem Satz bei ihm und riß Lady Audley in die Höhe. Howard deutete wild auf einen Punkt hinter mir. Alarmiert fuhr ich herum. Durch die Masse in Panik geratener Ratten raste ein Dutzend schäferhundgroßer Bestien auf uns zu - die Garde der toten Rattenkönigin, die offensichtlich noch immer unter Shub-Nigguraths geistigem Einfluß stand!

»Um Himmels willen, Robert - tun Sie etwas!« kreischte Lady Audley.

Und ich tat das einzige, was ich noch tun konnte.

Mit aller Macht griff ich nach dem Geist der vordersten Ratte und versuchte mit ihm zu verschmelzen.

Es war wie ein Schlag in die Magengrube.

Hunger. Die Gier nach Fressen, stärker als jedes andere Gefühl. Eine Welt, die nicht von bewußtem Denken, sondern von dumpfen tierischen Instinkten erfüllt war, klar gegliedert -

Eine Ratte sprang an mir empor und biß mich in die Hand, und ich schrie auf. Der Schmerz zerbrach meine Konzentration. Ich taumelte, verlor den Kontakt mit der Riesenratte und prallte gegen Howard, der mich gedankenschnell auffing.

Obwohl der geistige Kontakt nur Bruchteile von Sekunden gewährt hatte, hatte ich in dieser Zeit Wissen aufgenommen, ein so umfassendes Wissen, daß mir nun seine gesamten Erinnerungen zur Verfügung standen. Und ich begriff ...

STEHE AUF! donnerte Shub-Nigguraths Stimme in meinem Kopf. Die Worte wurden von einem brutalen Hieb mentaler Energien begleitet, die wie weißglühende Dolche in meinen Schädel stachen. Ich krümmte mich, wimmerte vor Pein und tat so, als verlöre ich das Gleichgewicht, als ich mich auf Hände und Knie hochstemmte. Meine Rechte näherte sich der Ratte, die mich gebissen hatte, und wieder schnappten ihre Fänge nach meinen Fingern.

Diesmal war ich vorbereitet. Der geistige Widerstand des Tieres zerbrach, sein Bewußtsein lag offen vor mir, und für den Bruchteil einer Sekunde sah ich durch seine Augen, roch und schmeckte und fühlte und hörte mit seinen Sinnen, war ich die Ratte. Ich sah mich selbst, ein riesiges, formloses Wesen unbestimmbarer Art und unbestimmbaren Aussehens, neben mir Howard und Lady Audley und Cohen, auch sie gigantisch und roh und nicht spezifiziert, sondern Teile einer unverständlichen, aber klar in nur drei Teile gegliederten Welt. In Freund und Feind und Beute.

Wir gehörten eindeutig zur dritten Kategorie.

Shub-Niggurath schrie lautlos auf, als er bemerkte, was ich tat. Ich spürte, wie seine Kräfte heranrasten wie eine gewaltige überirdische Faust, die mich zerschmettern mußte, und schlug im gleichen Moment selbst zu.

Es ist schwer, einen geistigen Kampf wirklich zu beschreiben. In Worte gefaßt, klingt das Ringen zweier unterschiedlicher Bewußtseine undramatisch und leicht, ja fast lächerlich, aber es ist weder das eine noch das andere, und schon gar nicht das letztere. Der Kampf dauerte nur Bruchteile von Sekunden, aber für mich vergingen Ewigkeiten. Sein Bewußtsein fiel über mich her, versuchte mich zu verschlingen, dann, als er begriff, daß er das nicht konnte, änderte er seine Taktik und schlug mit brutaler Kraft zu.

Ich versuchte nicht einmal, mich zu wehren. Meine Kräfte würden nur noch Sekunden reichen, ganz egal, ob ich seine Angriffe nun abwehrte oder mich darauf beschränkte, einfach am Leben zu bleiben, und ich tat das einzige, zu dem ich noch fähig war. Ich konzentrierte mich auf einen einzigen, verzweifelten Gedanken. Während der Dämon weißglühende Sonnen hinter meiner Stirn aufflammen ließ, verschmolz ich meinen Geist noch einmal mit dem der Ratte.

Es war ein bizarres Bild. Wieder sah ich mich selbst, auch Howard und die beiden anderen, aber ich sah uns nicht aus einem bestimmten Blickwinkel, sondern irgendwie aus allen Richtungen zugleich. Es waren nicht nur die Augen dieser einen Ratte, derer ich mich bediente, sondern die der ganzen gewaltigen Rattenarmee. Es mußte etwas geben, das sie verband, ein übergeordneter, mächtiger Wille, mit dem die einzelnen Ratten verbunden waren wie Marionetten an unsichtbaren Fäden.

Es ging unglaublich schnell. Die Welt kippte um und verlor ihre Farbe. Ich sah nur noch hell und dunkel in allen nur denkbaren Schattierungen, dazu alles umgekehrt. Aus Weiß wurde Schwarz, aus Schwarz Weiß, wie auf einer noch nicht entwickelten fotografischen Platte. Aber ich sah noch mehr. Die Farben waren mir genommen worden, aber dafür erblickte ich einen Teil der Welt, der dem menschlichen Auge sonst verschlossen ist. Ich sah die pulsierenden, dünnen Kraftlinien, die die einzelnen Tiere miteinander verbanden wie zuckende Bänder aus grauem Nebel, den dickeren, bebenden Strom, der aus dem unförmigen Balg des Dämons wuchs - und den Knotenpunkt, der wie ein nebeliges Krebsgeschwür über der grausigen Szene schwebte.

Es war, als tastete ich mich an einer unsichtbaren Halteleine entlang. Mein Geist überwand Zeit und Entfernung, und für Bruchteile von Sekunden sah ich ein Bild - ein finsteres, feuchtes Verlies tief unter der Erde, zweihundert Millionen Jahre Einsamkeit, die dieses Wesen an den Rand des Wahnsinns und darüber hinaus getrieben hatten, eine schwarze Welt unter einer schwarzen Sonne, in der es nur Haß und Furcht und sonst nichts gab.

Die Verbindung zerriß mit einem schmerzhaften, peitschenden Schlag. Es war wie das Zurückschnappen eines straff gespannten Lederriemens. Über mir erlosch das nebelhafte Kraftzentrum, im gleichen Moment, in dem Shub-Niggurath mein Tasten und Suchen bemerkte und die geistige Verbindung unterbrach. Der Dämon brüllte wie unter Schmerzen, kippte mit haltlos peitschenden Armen nach hinten und verschwand in der quirlenden Masse der Ratten.