»Du bist doch El-ahrairah, nicht wahr?« fragte das Riesenkaninchen. »Besser, du verschwindest hier, solange du noch kannst. Ab sofort ist das mein Down, und meine Kaninchen werden hier leben.«
El-ahrairah musterte das Kaninchen von oben bis unten. »Wer bist du?« fragte er. »Und wie heißt du?«
»Ich bin König Berser-Kerl«, antwortete das Kaninchen, »und ich bin nicht nur der Herr der Kaninchen, sondern auch der Ratten, der Wiesel und der Hermeline. Du mußt mir alle deine Kaninchen übergeben.«
El-ahrairah sah ein, daß es hoffnungslos wäre, mit König Berser-Kerl zu kämpfen; er drehte sich einfach um und ging weg, um Zeit zu gewinnen. Er mußte überlegen. Aber er war noch nicht weit gegangen, als er ein Trappeln hinter sich hörte; Rabscuttle kam ihm nachgelaufen.
»O Meister!« rief Rabscuttle. »Dieser elende König Berser-Kerl! Er hat dein Lieblingsweibchen genommen, Nur-Rama, und sagt, daß er die für sich behalten will.«
»Was?« schrie El-ahrairah. »Nur-Rama? Den zerreiße ich in der Luft, das wirst du schon sehen.«
»Wüßte nicht, wie«, gab Rabscuttle zurück. »Seine Kaninchen sind überall auf dem Down; er hat sogar Ratten und Wiesel, die er sich als Gefangene hält. Schlechte Aussichten für uns, El-ahrairah.«
Das machte El-ahrairah mutlos, denn es war so gar nicht Rabscuttles Art, so zu reden. Am besten ist es wohl, dachte er, Fürst Regenbogen um Hilfe zu bitten, denn der hatte ihm vor langer Zeit versichert, daß er und sein Volk ungehindert auf dem Down leben und es als ihr eigen betrachten könnten.
Er gelangte kurz nach ni-Frith zum Fürsten und erzählte ihm die traurige Geschichte.
»Ich fürchte, da kann ich dir nicht helfen, El-ahrairah«, sagte Fürst Regenbogen, als er alles gehört hatte. »Du mußt diesen König Berser-Kerl allein besiegen. Da führt kein Weg drum herum.«
»Wie denn?« fragte El-ahrairah. »Der hat mehr Kaninchen als es Gänseblümchen auf dem Down gibt, aber sie werden wohl bald alles Gras gefressen haben.«
»Ich will dir einen Rat geben, El-ahrairah«, sagte Fürst Regenbogen. »Ein Tyrann wird gewöhnlich von vielen ganz verschiedenen Leuten gehaßt. Dieser Berser-Kerl hat zweifellos andere Feinde, nicht nur Kaninchen. Du wirst Freunde und Verbündete brauchen.«
El-ahrairah hörte sich das an, hatte aber wenig Hoffnung. Andererseits war er wegen seiner schönen Nur-Rama so empört, daß er bereit war, sein Bestes zu geben, um König Berser-Kerl in der Luft zu zerreißen oder dabei den Tod zu finden. Er machte sich also auf, um zurückzukehren.
Unterwegs kam er an einer Katze vorbei, die sich sonnte. Die Katze schien, zur Abwechslung, recht friedlich und fragte: »Wohin des Wegs, El-ahrairah?«
»Ich will diesem stinkenden König Berser-Kerl das Fell gerben, daß er lebensmüde wird«, sagte El-ahrairah, »und er muß mir mein Weibchen zurückgeben.«
»Also, dann komm ich mit«, sagte die Katze. »Ich hab' gehört, dieser König Berser-Kerl ersäuft oft kleine Kätzchen.«
»Dann spring in mein Ohr«, sagte El-ahrairah. Und die Katze sprang in sein Ohr und legte sich dort schlafen, während er weiterging.
Dann begegnete er einigen Ameisen.
»Wohin des Wegs, El-ahrairah?« fragten die Ameisen.
»Ich will diesen dreckigen König Berser-Kerl so verbimsen, daß er wünscht, nie geboren worden zu sein«, antwortete El-ahrairah, »und er muß mir mein Weibchen zurückgeben.«
»Wir kommen mit«, sagten die Ameisen. »Dieser König Berser-Kerl dürfte gar nicht am Leben sein; seine Kaninchen reißen Ameisenhaufen ein, für nichts und wieder nichts.«
»Na, dann springt in mein Ohr«, sagte El-ahrairah. »Auf geht's!«
Also sprangen die Ameisen in sein Ohr.
Nach einer Weile traf er auf ein paar große schwarze Krähen.
»Wohin des Wegs, El-ahrairah?« fragten die Krähen.
»Ich will diesen widerlichen König Berser-Kerl verdreschen«, erwiderte El-ahrairah, »der muß mir mein Weibchen zurückgeben.«
»Wir kommen mit«, sagten die Krähen. »Von diesem König Berser-Kerl hören wir nur Greueltaten. Er ist ein Tiereschinder und Tyrann.«
»Na, dann springt in mein Ohr«, sagte El-ahrairah, »solche wie euch kann ich brauchen.«
Schließlich kam El-ahrairah an einen Fluß. »Hallo, El-ahrairah!« rief der Fluß. »Wohin des Wegs? Du siehst so grimmig aus.«
»Genauso grimmig, wie ich bin«, gab El-ahrairah zur Antwort. »Ich werde diesen Stinkerkönig Berser-Kerl verwamsen, daß er nicht mehr aufsteht; der muß mir mein Weibchen Nur-Rama zurückgeben.«
»Da komm ich mit«, sagte der Fluß. »Von diesem König Berser-Kerl hab' ich schon gehört - und nur Schlechtes. Der bildet sich Frith weiß was ein.«
»Na, dann spring in mein Ohr«, sagte El-ahrairah, »nein, in das andere. Du bist mir hochwillkommen.«
Bald darauf kam El-ahrairah zum Down zurück, und da saß König Berser-Kerl im Kreis seiner schweren Kaninchen und tat sich nach Herzenslust an El-ahrairahs Gras gütlich.
»Ah! El-ahrairah!« sprach König Berser-Kerl mit vollem Mund. »Ich hab' dich doch heute vormittag verabschiedet, oder? Was bringt dich wieder her?«
»Du ekelhafter stinkender Kaninchenverschnitt«, sagte El-ahrairah. »Gib mir mein Weibchen Nur-Rama zurück und verschwinde von meinem Down!«
»Ergreift dieses unverschämte Tier!« schrie der König. »Ergreift es und sperrt es über Nacht zu den Rasenden Ratten.
Dann wollen wir mal sehen, was am nächsten Morgen noch von ihm übrig ist.«
Also sperrten sie El-ahrairah zu den Rasenden Ratten.
Sowie es dunkel war, sang El-ahrairah:
Sofort war die Miezekatze draußen. Die Ratten rannten in alle Richtungen, aber wie der Blitz war sie unter ihnen und fraß sie zu Hunderten, bis keine einzige mehr übrig war. Dann sprang sie in El-ahrairahs Ohr zurück, der darauf schlafen ging.
Am Morgen sagte König Berser-Kerl zu seinen Kaninchen: »Holt mir das Skelett von dem frechen El-ahrairah und werft es draußen aufs Gras.«
Aber als sie hineingingen, sahen sie El-ahrairah singend zwischen den toten Ratten sitzen. »Wo ist dieser widerwärtige König?« fragte El-ahrairah. »Bestellt ihm, er soll mir mein Weib zurückgeben.«
»Die bekommst du nicht«, sagte der König. »Nehmt ihn und sperrt ihn zu den Wilden Wieseln. Dann wollen wir mal sehen, was aus seinen verrückten Forderungen wird.«
Also sperrten sie El-ahrairah zu den Wilden Wieseln.
Mitten in der Nacht sang El-ahrairah:
Sofort kamen die Krähen aus El-ahrairahs Ohr und hackten die Wilden Wiesel in Stücke.
Dann gingen sie in sein Ohr zurück, und El-ahrairah legte sich schlafen.
Am Morgen sagte der König: »Die Wilden Wiesel, die haben El-ahrairah jetzt sauber erledigt. Geht mal lieber und schmeißt seine Leiche raus.«
Aber die rüpelhaften Kaninchen sahen El-ahrairah über den toten Wieseln tanzen; er verlangte sein schönes Weibchen zurück.
»Ich dulde diese Unverschämtheit nicht«, brüllte König Berser-Kerl. »Heute nacht muß dieses Kaninchen daran glauben. Nehmt es und sperrt es zu den Grausamen Hermelinen.«