Dieses Buch wurde wie die meisten Bücher von einem Menschen geschrieben, der ein Wort hinter das andere setzte, bis er fertig war.
Da dieses Buch jedoch verkehrt herum und ganz zuletzt geschrieben wurde, gibt es wirklich ein paar Leute, denen ich Dank schulde.
Zuallererst Lenny Henry, Entertainer, Schauspieler und Comicfan, dafür, daß er mich vor über fünf Jahren angerufen und gefragt hat, ob ich Lust hätte, eine moderne Fantasy-Fernsehserie zu schreiben. Die Geschichte wurde auf Spaziergängen durch seinen Garten ausgebrütet und während ich die Hündin Delilah festhielt, damit er ihren Verband wechseln konnte. Sein Enthusiasmus hat mich dazu gebracht, es zu schreiben, es vorangetrieben und ihm durch die schlimmsten Phasen geholfen.
Janet Street-Porter war in der ersten Hälfte des Schreibprozesses eine einzigartige Hilfe. Clive Brill hat die Geschichte gehegt und gepflegt und dann die Fernsehserie produziert. Ohne Clive Brill wäre Niemalsland nicht das, was es ist. Wir haben uns in den vergangenen vier Jahren oft gestritten, und wenn wir uns nicht einigen konnten, hatte ich natürlich immer recht, und Clive hatte natürlich immer unrecht. Aber es ist erstaunlich, wie viele seiner Vorschläge in das Ganze eingeflossen sind und wie viele seiner Änderungen es verbessert haben.
Dewi Humphreys hat die Serie in Szene gesetzt. Als Regisseur hat er seine persönliche Vision mit eingebracht. Von ihm habe ich für das ganze Buch schamlos geklaut, ebenso vom Art-Director und Set-Designer James Dillon. Mein Dank gilt ihnen beiden.
Dank schulde ich meinem anderen Ich, das sich die letzten fünf Jahre immer wieder den Kopf über die schlimmste Frage eines Autors zerbrechen mußte: ›Und was kommt als nächstes?‹ Weil er alle Probleme gelöst hat, mußte ich nur noch die Geschichte erzählen.
Ich hatte das große Privileg, bei den Dreharbeiten zu der Fernsehserie dabeisein zu dürfen und allen im Weg zu stehen. Dafür bin ich dankbar: Es geschieht nicht oft, daß wir unsere inneren Landschaften tatsächlich betreten können.
Mein Dank gilt den Schauspielern, die die Worte verkörpert haben. Ich habe vieles aus ihrer Arbeit für mein Buch abgeguckt und danke ihnen allen.
Danke an die gesamte Crew (NiemalsWarm, Niemals-Sauber, NiemalsSagtEinemEiner Was und NiemalsZweiTageHintereinanderAmSelbenOrt), die meine Fragen bereitwillig beantwortet haben und mich ertrugen, während sie ihre Arbeit machten. (NiemalsWieder).
Kelli Bickman hat die ersten Kapitel nach den handschriftlichen Notizen, die ich am Set gemacht habe, abgetippt, was eine eindrucksvollere Leistung ist, als es sich anhört. (»Was heißt das hier?« – »Ähm, keine Ahnung.«)
Die Unentbehrlichen: Polly McDonald, die unglaubliche Crucial-Chefin, und Beverly Gibson, ohne die nichts gegangen wäre. Sie hatten eine Engelsgeduld.
Sheila Ableman von BBC Books stand von Anfang an hinter Niemalsland. Mit ihrer Begeisterung hat sie Geld aufgetrieben, um die Sendung ins Rollen zu bringen. Dieses Buch existiert, weil sie es so wollte.
Merrilee Heifetz und Carole Blake und Conrad Williams haben mit dem Voodoo-Zauber geholfen, den sie so gut beherrschen.
In Tori Amos’ Haus durfte ich die ganze Blackfriars-Episode schreiben, während Steve Jones mich von Earl’s Court bis zu British Museum beherbergte.
Und schließlich hat meine ganze Familie – Frau, Kinder, Assistentin und Katzen – erstaunlich verständnisvoll darauf reagiert, daß ich immer wieder für lange Zeit nach Unter-London verschwand. Bis auf die Katzen, von denen sich zwei auf der vorletzten Tour angewidert aus dem Staube machten und seitdem nicht wieder aufgetaucht sind.
Neil Gaiman
30. Mai 1996
Niemalsland würde nicht existieren, wenn es Lenny Henry nicht gäbe. Deshalb ist dieses Buch ihm gewidmet und Polly McDonald: zwei Geburtshelfer, die sich so gar nicht ähnlich sehen, außer daß sie beide unmöglich groß sind.
Außerdem ist das Buch Clive Brill und Beverley Gibson gewidmet, beide von normaler Statur.
»Ich bin niemals im St. John’s Hospital gewesen. Ich traue mich nicht hin. Ich hätte Angst vor der unendlichen Nacht der Tannen, Angst davor, auf einen blutroten Blütenkelch zu treten, oder vor dem Schlagen der Adlerflügel.«
G. K. Chesterton,
Der Held von Notting Hill
Prolog
Der Abend, bevor Richard nach London fuhr, war nicht besonders gelungen.
Anfangs hatte er sich noch gut amüsiert: Es hatte ihm Spaß gemacht, die Abschiedskarten zu lesen und sich von mehreren nicht gerade unattraktiven, jungen Damen seiner Bekanntschaft umarmen zu lassen; er hatte sich über die Warnungen vor den Nachteilen und Gefahren Londons gefreut und über einen weißen Regenschirm mit dem Plan des Londoner U-Bahn-Netzes darauf, für den seine Freunde zusammengelegt hatten; die ersten paar Gläser Bier waren ihm noch bestens bekommen, doch dann stellte er fest, daß er sich mit jedem folgenden Glas Bier bedeutend weniger gut amüsierte; bis er nun zitternd auf dem Bürgersteig vor dem Pub saß, die Vor- und Nachteile des Sich-Übergebens und Sich-nicht-Übergebensgegeneinander abwog und sich gar nicht mehr amüsierte.
Im Pub feierten Richards Freunde weiter seine bevorstehende Abreise, mit einer Begeisterung, die Richards Meinung nach schon an Bösartigkeit grenzte.
Angestrengt hielt er sich an dem zusammengerollten Regenschirm fest und fragte sich, ob es wirklich so eine gute Idee sei, nach London zu gehen.
»Paß lieber auf«, sagte eine brüchige alte Stimme. »Die scheuchen dich hier weg, bevor du weißt, wie dir geschieht. Tät mich auch nicht wundern, wenn sie dich gleich einbuchten.« Zwei stechende Augen starrten ihn aus einem vogelartigen, schmutzigen Gesicht an. »Alles in Ordnung?«
»Ja, danke«, sagte Richard.
Das schmutzige Gesicht wurde weicher.
»Hier, armer Jung’«, sagte sie und drückte Richard ein Fünfzig-Pence-Stück in die Hand. »Wie lange bist du denn schon auf der Straße?«
»Ich bin nicht obdachlos«, erklärte Richard verlegen und versuchte, der alten Frau ihre Münze zurückzugeben. »Bitte – nehmen Sie Ihr Geld. Es geht mir gut. Ich bin nur rausgegangen, um ein bißchen frische Luft zu schnappen. Ich fahre morgen nach London«, erläuterte er.
Sie blickte mißtrauisch zu ihm herab, nahm dann ihre fünfzig Pence zurück und ließ sie in den Schichten von Mänteln und Tüchern verschwinden, in die sie gehüllt war.
»In London war ich schon mal«, vertraute sie ihm an. »Ich war da verheiratet. Aber er hat nichts getaugt. Meine Mutter hat immer gesagt, ich soll nicht nach auswärts heiraten, doch ich war jung und schön, auch wenn man mir das heute nicht mehr ansieht, und ich hab’ meinem Herzen gehorcht.«
»Ja, gewiß«, sagte Richard. Die Überzeugung, daß er sich gleich übergeben müßte, begann langsam zu schwinden.
»Und dann hatte ich den Salat. Ich hatte kein Dach überm Kopf, ich weiß, wie das ist«, sagte die alte Frau. »Deshalb hab’ ich gedacht, du wärst auch obdachlos. Weshalb gehst du nach London?«
»Ich hab’ da einen Job«, erzählte er ihr stolz.
»Was für einen?« fragte sie.
»Ähm, im Wertpapiergeschäft«, sagte Richard.
»Ich war Tänzerin«, sagte die alte Frau, und sie torkelte unbeholfen auf dem Gehweg herum und summte tonlos vor sich hin. Dann schaukelte sie hin und her wie ein Kreisel, kurz bevor er zum Stillstand kommt, und hörte schließlich, Richard zugewandt, wieder auf.
»Streck die Hand aus«, sagte sie ihm, »dann sag’ ich dir die Zukunft voraus.«