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Der Schmied schaute betreten drein. »Es liegt mir fern, Ihre Großherzigkeit auszunutzen …«, murmelte er.

Door zog ihr ›Na-komm-schon‹-Gesicht. Er bückte sich und holte ein schwarzes Kästchen unter einem Haufen Werkzeuge hervor. Es war aus dunklem Holz mit Glas- und Kupferintarsien, und es war so groß wie ein gutes Wörterbuch. Er drehte es wieder und wieder in seinen Händen. »Das ist ein Puzzle«, erklärte er. »Ich habe es vor ein paar Jahren für eine Schmiedearbeit bekommen. So oft ich es auch versuche, ich bekomme es nicht auf.«

»Gib her.«

Door nahm das Kästchen und fuhr mit den Fingern über die Oberfläche. »Kein Wunder, daß du es nicht aufbekommen hast. Der Mechanismus ist ganz verklemmt. Da rührt sich nichts.«

Hammersmith sah niedergeschlagen aus. »Dann finde ich also nie heraus, was drin ist.«

Door sah amüsiert aus. Ihre Finger untersuchten die Oberfläche des Kästchens. Ein Stift glitt seitlich heraus. Sie drückte den Stift zur Hälfte wieder hinein und drehte ihn dann. Tief drinnen machte es Klonk, und in der Seite öffnete sich ein Türchen.

»Hier«, sagte Door.

»Mylady«, sagte Hammersmith. Er nahm ihr das Kästchen aus der Hand und zog die Tür ganz auf. Im Inneren befand sich eine Schublade, die er öffnete.

Die kleine Kröte in der Schublade quakte und schaute sich desinteressiert um. Hammersmith machte ein langes Gesicht. »Ich hatte gehofft, es wären Perlen und Diamanten«, sagte er.

Door streckte die Hand aus und streichelte der Kröte den Kopf.

»Er hat schöne Augen«, sagte sie. »Behalte ihn, Hammersmith. Er wird dir Glück bringen. Und nochmals danke. Ich weiß, ich kann mich auf deine Diskretion verlassen. «

»Das können Sie, Lady«, sagte Hammersmith ernst.

Sie saßen zusammen oben auf der London Wall und schwiegen. Old Bailey ließ langsam die Kinderwagenräder auf den Boden unter ihnen herab.

»Wo ist der Markt?« fragte der Marquis.

Old Bailey deutete auf das Kriegsschiff. »Dort drüben.«

»Door und die anderen. Sie werden mich erwarten.«

»Sie sind nicht in der Verfassung, irgendwo hinzugehen. «

Der Marquis hustete schmerzvoll. In Old Baileys Ohren klang es so, als hätte der Marquis noch jede Menge Abwasser in den Lungen.

»Jetzt habe ich heute schon so eine weite Reise gemacht«, flüsterte er. »Da werde ich auch noch ein kleines Stückchen durchstehen.« Er untersuchte seine Hände, krümmte langsam die Finger, als wollte er sehen, ob sie ihm gehorchten oder nicht. Und dann drehte er seinen Körper herum und begann schwerfällig die Mauer hinabzuklettern. Doch bevor er das tat, sagte er heiser und vielleicht ein wenig traurig:

»Es sieht so aus, Old Bailey, als schuldete ich Ihnen einen Gefallen.«

Als Richard mit den Currygerichten zurückkam, lief Door auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Sie umarmte ihn fest und tätschelte ihm sogar den Hintern, bevor sie sich die Papiertüte schnappte und sie voller Begeisterung aufriß.

Sie nahm einen Behälter mit Gemüsecurry und begann selig zu essen. »Danke«, sagte sie mit vollem Mund. »Irgendeine Spur vom Marquis?«

»Keine«, sagte Hunter.

»Croup und Vandemar?«

»Nein.«

»Leckerer Curry. Schmeckt richtig gut.«

»Hast du die Kette bekommen?« fragte Richard.

Door zog die Kette an ihrem Hals hoch, weit genug, um zu zeigen, daß sie da war, und ließ sie wieder zurückfallen, so daß das Gewicht des Schlüssels sie hinabzog.

»Door«, sagte Richard, »das ist Lamia. Sie ist Fremdenführerin. Sie sagt, sie kann uns auf der Unterseite überall hinbringen.«

»Überall?« Door mampfte ein Papadam.

»Überall«, sagte Lamia.

Door legte den Kopf zur Seite. »Wissen Sie, wo der Engel Islington ist?«

Lamia blinzelte. Lange Wimpern bedeckten und enthüllten ihre fingerhutfarbenen Augen. »Islington?« sagte sie. »Da können Sie nicht hin …«

»Wissen Sie es?«

»Down Street«, sagte Lamia. »Am Ende der Down Street. Aber das ist keine sichere Gegend.«

Hunter hatte diese Unterhaltung mit verschränkten Armen und unbeeindruckt verfolgt. Jetzt sagte sie: »Wir brauchen keine Fremdenführerin.«

»Also«, sagte Richard. »Ich finde doch. Der Marquis ist nirgends aufzutreiben. Wir wissen, daß es eine gefährliche Reise wird. Wir müssen den … das Ding, das ich besorgt habe … dem Engel bringen. Und dann wird er Door das über ihre Familie erzählen, und mir wird er sagen, wie ich nach Hause komme.«

Lamia schaute Hunter vergnügt an. »Und Ihnen wird er ein Hirn geben«, sagte sie, »und mir ein Herz.«

Door wischte den letzten Rest Curry mit den Fingern aus der Schale und leckte sie ab. »Wir drei kommen schon allein zurecht, Richard. Wir können uns keine Fremdenführerin leisten.«

Lamia warf stolz den Kopf zurück. »Ich lasse mich von ihm bezahlen, nicht von Ihnen.«

»Und was für eine Bezahlung verlangt jemand von Ihrer Sorte?« fragte Hunter.

»Das«, sagte Lamia mit einem liebenswürdigen Lächeln, »ist meine Sache, und er wird es noch früh genug erfahren.«

Door schüttelte den Kopf. »Lieber nicht.«

Richard schnaubte verächtlich. »Euch gefällt bloß nicht, daß ich auch mal die Zügel in die Hand nehme, anstatt euch blind hinterherzulaufen und immer nur zu tun, was man mir sagt.«

»Darum geht es überhaupt nicht.«

Richard wandte sich an Hunter. »Nun, Hunter. Kennen sie den Weg zu Islington?«

Hunter schüttelte den Kopf.

Door seufzte. »Wir müssen los. Down Street, sagen Sie?«

Lamia lächelte mit pflaumenfarbenen Lippen. »Ja, Lady.«

Als der Marquis auf dem Markt ankam, waren sie fort.

Kapitel Fünfzehn

Sie verließen das Schiff und gingen ans Ufer, wo sie ein paar Stufen hinabstiegen, durch eine lange Unterführung liefen und wieder nach oben gingen.

Lamia marschierte zielstrebig voran. Sie führte sie in eine kleine, kopfsteingepflasterte Gasse. Gaslampen brannten und flackerten an den Wänden.

»Die dritte Tür«, sagte sie.

Sie blieben vor der Tür stehen. Eine Messingplatte war darauf angebracht, auf der stand:

KÖNIGLICHE GESELLSCHAFT

ZUR VERMEIDUNG VON GRAUSAMKEIT GEGENÜBER HÄUSERN.

Und darunter in kleineren Lettern:

Down Street. Bitte klopfen.

»Man gelangt durch das Haus zur Straße?« fragte Richard.

»Nein«, antwortete Lamia. »Die Straße ist im Haus.«

Richard klopfte an die Tür. Nichts geschah. Sie warteten, und sie zitterten. Er klopfte noch einmal. Schließlich klingelte er. Die Tür wurde von einem verschlafen aussehenden Lakaien mit einer gepuderten Perücke und einer scharlachroten Livree geöffnet. Er schaute die bunte Schar auf seiner Türschwelle mit einem Gesichtsausdruck an, der besagte, daß sich dafür das Aufstehen nicht gelohnt hatte.

»Ja?« sagte der Lakai. Richard hatte sogar die Worte ›Fahr zur Hölle‹ schon in einem wärmeren und freundlicheren Tonfall gehört.

»Down Street«, sagte Lamia gebieterisch.

»Hier entlang«, seufzte der Lakai. »Bitte Füße abtreten. «

Sie gingen durch eine eindrucksvolle Eingangshalle. Dann warteten sie, bis der Lakai alle Kerzen eines Kandelabers entzündet hatte, wie man ihn eigentlich nur auf den Titelseiten von Taschenbüchern antrifft, wo er üblicherweise von einer jungen Dame im langen Nachthemd umklammert wird, die aus einem Herrenhaus flüchtet, in dem immer nur ein Licht brennt, und zwar im Dachfenster.

Dann stiegen sie eine eindrucksvolle, mit einem dicken Teppich ausgelegte Treppe hinab. Sie stiegen eine weniger eindrucksvolle, mit einem weniger dicken Teppich ausgelegte Treppe hinab.