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„Ich werde Ihre Fragen der Reihe nach beantworten“, erwiderte der Chefarzt. „Erstens, nein. Zweitens, Sie haben es erraten. Drittens, die bereits vorhandenen Verletzungen der in der Nähe liegenden Patienten werden durch die mit Sauerstoff verseuchte Atmosphäre noch mehr in Mitleidenschaft gezogen.“

„Und was ist mit mir, Sie Dummkopf?“

„Sie würden eine Chlorvergiftung bekommen“, antwortete Cresk-Sar. „Und was die Oberschwester nach Ihrer Genesung mit Ihnen machen würde, daran möchte ich lieber gar nicht erst denken.“

Sah man von dem zu einem Nagelbett aufgerichteten Fell ab, verschwand die Kelgianerin ohne einen weiteren Kommentar gehorsam in der Schleuse. Als Cha Thrat und Cresk-Sar daraufhin drei Ebenen nach unten gingen, wobei sie völlig überfüllte und scheinbar endlose Korridore durchquerten, mußte sich die Sommaradvanerin so stark darauf konzentrieren, mit dem Chefarzt Schritt zu halten, daß sie keine Möglichkeit hatte, sich danach zu erkundigen, welche Aufgabe sie eigentlich erwarte. Doch schließlich blieb Cresk-Sar vor einem gewaltigen Schleuseneingang stehen, der in den gebräuchlichsten Sprachen der Galaktischen Föderation — zu denen natürlich nicht Sommaradvanisch gehörte — beschriftet war, und beantwortete ihre Frage von selbst.

„Das hier ist die AUGL-Station des Hospitals“, sagte er. „Sie werden feststellen, daß die Patienten, die allesamt Bewohner der Wasserwelt von Chalderescol II sind, zu den optisch furchteinflößendsten Lebewesen gehören, denen Sie wahrscheinlich jemals begegnen werden. Aber die AUGLs sind harmlos, solange Sie sich Ihnen nicht.“

„Das A als erster Buchstabe weist doch auf Wasseratmer hin“, unterbrach ihn Cha Thrat besorgt.

„Richtig“, bestätigte der Nidianer. „Stimmt irgend etwas nicht? Gibt es ein Problem, von dem mir O'Mara nichts erzählt hat? Fühlen Sie sich im Wasser unwohl, oder sind Sie wasserscheu?“

„Nein“, antwortete Cha Thrat. „Ich schwimme gerne — jedenfalls an der Oberfläche. Das Problem ist, daß ich keine Schutzkleidung habe.“

Cresk-Sar bellte und erwiderte: „Das ist kein Problem. Sicher, die Herstellung komplizierterer Schutzkleidung für Arbeiten unter hoher Schwerkraft, großem atmosphärischen Druck und extremen Temperaturen benötigt zwar seine Zeit, aber ein simpler wasserdichter Anzug, der Ihren Konturen angepaßt ist und mit einem Kommunikations- und Luftversorgungssystem ausgerüstet ist, stellt für unsere technische Fertigungsabteilung kein Problem dar. Ihr Anzug wartet bereits drinnen auf Sie.“

Im Gegensatz zu den anderen begleitete der Chefarzt Cha Thrat. Wie er meinte, müsse er das einwandfreie und reibungslose Funktionieren ihrer Ausrüstung sicherstellen, da sie für das Hospital eine neue Lebensform darstelle. Aber letztlich war es dann der Alien, von dem sie in der Schleusenvorkammer erwartet wurden, der sogleich die Sache in die Hand nahm und sämtliche Erklärungen gab.

„Cha Thrat, ich bin Oberschwester Hredlichli, eine PVSJ“, begrüßte das Wesen sie mit forscher Stimme. „Ihr Schutzanzug besteht aus zwei Teilen. In die untere Hälfte steigen Sie am besten, indem Sie mit den stärkeren Armen an Ihrer Taille in der Reihenfolge, die Ihnen am praktischsten erscheint, ein Bein nach dem anderen überziehen. Streifen Sie sich mit denselben Armen den oberen Teil über, wobei Sie zuerst den Kopf und die vier Arme an den Schultern hineinstecken. Die Arm- und Beinbünde werden ihnen zunächst sehr eng vorkommen, aber das soll einen knappen Sitz und ein Höchstmaß an Feingefühl in den Fingern garantieren. Schließen Sie die Verbindung der beiden Hälften an der Hüfte erst dann, wenn Sie sich vergewissert haben, daß die Luftversorgung funktioniert. Wenn Sie den Anzug luftdicht verschlossen haben, zeige ich Ihnen die verschiedenen Systemkontrollen, die bei jedem Ankleiden durchzuführen sind. Danach werden Sie den Anzug ablegen und erneut anziehen, und zwar so lange, bis wir beide mit Ihrer Leistung zufrieden sind. Und jetzt fangen Sie bitte an.“

Bei den ersten drei Probedurchgängen ging Oberschwester Hredlichli im Kreis um Cha Thrat herum und gab ihr Ratschläge und Anleitungen. Danach unterhielt sie sich mit dem Chefarzt und beachtete Cha Thrat anscheinend nicht mehr. Allerdings wurde der stachelige, membranartige Körper der PVSJ von dem gelben Chlor im Schutzanzug vernebelt, so daß er eher wie eine wahllose Aufschichtung öliger, giftiger Pflanzen aussah. Zudem war es schon deshalb unmöglich zu sagen, worauf die Oberschwester ihre Aufmerksamkeit richtete, weil Cha Thrat nicht in der Lage war, ihre Augen zu entdecken.

„Im Moment leiden wir unter schwerem Personalmangel“, berichtete Hredlichli gerade, „da sich drei meiner besten Schwestern ausschließlich um ganz spezielle postoperative Genesungsfälle kümmern müssen. Haben Sie eigentlich Hunger?“

Cha Thrat merkte, daß die Frage an sie gerichtet war, war sich aber nicht sicher, in welcher Form ihre Antwort erwartet wurde. Sollte sie nun die unterwürfige, selbstverleugnende Variante wählen, die einem Herrscher gebührte, oder sich lieber für die präzise, wahrheitsgemäße Auskunft entscheiden, die man einem Chirurgenkollegen für Krieger schuldete? Da sie keine Ahnung von Hredlichlis genauer Stellung hatte, gab sie ihr Bestes, um die beiden Antwortarten zu kombinieren.

„Ich habe zwar Hunger“, antwortete sie schließlich, wobei sie gleichzeitig die Gelegenheit nutzte, ihren Anzugkommunikator zu testen, „aber dieser Zustand ist noch lange nicht so weit fortgeschritten, daß er mich bereits körperlich schwächt.“

„Na, prima“, reagierte Hredlichli erfreut. „Als Schwesternschülerin werden Sie übrigens sehr schnell feststellen, daß praktisch alles und jeder Vorrang vor Ihnen hat. Sollte dieser Umstand zu einer emotionalen Anspannung bei Ihnen führen, die sich in verbalen Unmutsbekundungen oder Wutausbrüchen äußern könnte, bemühen Sie sich bitte um Zurückhaltung, bis Sie meine Station verlassen haben. Sie werden die Erlaubnis zu einem zeitlich streng begrenzten Besuch in der Kantine erhalten, sobald jemand von dort zurückkommt, um Sie abzulösen. Und nun, glaube ich, wissen Sie auch, wie Ihr Anzug funktioniert.“

Cresk-Sar wandte sich dem Eingang zu. Er hob eine der kleinen, behaarten Hände und sagte zum Abschied: „Viel Glück, Cha Thrat.“

„.also sollten wir erst mal in den Personalraum gehen“, fuhr Hredlichli fort, die den sich entfernenden Nidianer nicht zu beachten schien. „Überprüfen Sie noch einmal genau Ihre Anzugverschlüsse, und dann folgen Sie mir.“

Kurz darauf befanden sie sich in einem überraschend kleinen Raum mit einer durchsichtigen Wand, die den Blick in eine dämmrige, grüne Welt freigab, in der der optische Unterschied zwischen den Bewohnern und den zur Dekoration bestimmten Pflanzen, durch die sich diese Wesen wie zu Hause fühlen sollten, unklar war. An den übrigen drei Wänden des Raums standen und hingen Schränke, Bildschirme und Geräte, deren Verwendungszweck Cha Thrat nicht einmal erraten konnte. Die gesamte Decke war von geometrischen Formen und Zeichen in leuchtenden Farben bedeckt.

„Bezüglich ihrer Sicherheit für Personal und Patienten genießt unsere Station einen sehr guten Ruf im Orbit Hospital“, berichtete die Oberschwester nicht ohne Stolz. „Und ich möchte nicht, daß Sie den ruinieren. Sollten Sie dennoch Ihren Anzug beschädigen und in Gefahr sein zu ertrinken, müssen Sie, da die Mund-zu-Mund-Beatmung zwischen Sauerstoff- und Chloratmern nicht gerade ratsam ist, schnellstens zu einer der so gekennzeichneten Notluftkammern schwimmen“ — sie deutete auf eins der Symbole an der Decke —, „und dort auf Rettung warten. Aber der Unfall — oder sollte ich lieber ernsthafte Unannehmlichkeit sagen? — , den Sie unbedingt verhüten müssen, ist die Verschmutzung des Wassers durch die Exkremente der Patienten. Das Filtern oder Austauschen des Wassers ist nämlich auf einer Station von dieser Größe ein äußerst umfangreiches Wartungsverfahren, das unsere Arbeit behindern und im ganzen Hospital zu abfälligem Gerede über uns führen würde.“