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Tarsedths Fell kräuselte sich besorgt. „Ist er etwa unheilbar krank?“

„Keine Ahnung. Ich glaube nicht“, antwortete Cha Thrat. „Er liegt schon sehr lange auf der Station. Manchmal wird er von Chefärzten im Beisein von fortgeschrittenen Auszubildenden untersucht, und als neulich einer der Diagnostiker wegen eines anderen Patienten auf der Station war, hat Thornnastor mit ihm gesprochen, aber nicht, um sich nach seinem Zustand zu erkundigen. Ich habe zwar keinen Zugang zu seiner Krankengeschichte, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß die Medikamente, die man ihm verabreicht, eher lindernde als heilende Wirkung haben. Natürlich wird er nicht vernachlässigt oder gar schlecht behandelt, sondern einfach höflich übersehen. Ich bin die einzige, die für die Schilderungen seiner Symptome ein Ohr hat, und deshalb spricht er bei jeder Gelegenheit mit mir. Eigentlich sollte ich mich nicht mit ihm unterhalten, jedenfalls solange ich nicht weiß, was ihm wirklich fehlt. Schließlich bin ich nicht dazu qualifiziert.“

Die Bewegungen von Tarsedths Fell wurden ruhiger und gleichmäßiger. „Das ist doch Unsinn“, widersprach sie. „Gespräche kann schließlich jeder führen, und ein kleines bißchen verbale Zuneigung und Aufmunterung wird deinem Patienten schon nicht schaden. Aber wenn seine Krankheit tatsächlich unheilbar wäre, dann würde es in dem Wasser auf deiner Station von Diagnostikern und Chefärzten nur so wimmeln, da alle ganz versessen darauf wären, das Gegenteil zu beweisen. Hier läuft das nämlich so, daß ein Patient niemals von jemandem aufgegeben wird. Außerdem hast du doch durch das Problem deines Patienten wenigstens etwas, über das du dir bei der Verrichtung der weniger ansprechenden Tätigkeiten Gedanken machen kannst. Oder willst du dich gar nicht mit ihm unterhalten?“

„Doch, natürlich. Mir tut dieser riesige, kranke Alien nur leid, und ich möchte ihm gerne helfen. Aber ich frage mich allmählich, ob er nicht ein Herrscher ist, denn in dem Fall sollte ich mich mit ihm lieber nicht mehr unterhalten.“

„Was immer er auf Chalderescol ist oder war, hat für seine Behandlung als Patient hier im Orbit Hospital keinerlei Bedeutung, oder sollte es zumindest nicht haben“, belehrte Tarsedth sie. „Was kann euch beiden ein wenig Zuneigung und Aufmunterung über den medizinischen Aspekt hinaus schon schaden? Ehrlich gesagt, sehe ich nicht, wo das Problem liegt.“

„Ich bin dazu nicht qualifiziert“, wiederholte Cha Thrat geduldig.

Tarsedths Fell bewegte sich in einer Weise, die Unruhe verriet. „Ich verstehe dich trotzdem nicht. Sprich oder sprich nicht mit ihm. Mach, was du willst.“

„Ich habe mich doch schon mit ihm unterhalten“, sagte Cha Thrat. „Das ist es ja gerade, was mir Sorgen bereitet. Hast du irgendwas?“

„Kann der mich nicht endlich in Ruhe lassen?“ schimpfte Tarsedth mit zu wütenden Stacheln aufgerichtetem Fell. „Ich bin sicher, dieser Cresk-Sar hat unsere Armbinden gesehen und kommt jetzt bestimmt zu uns rüber. Die erste Frage, die er uns stellen wird, ist, warum wir nicht lernen. Ob wir wohl jemals seinem ewigen „Ich hätte da ein paar Fragen an Sie“ entkommen können? Das macht mich noch rasend!“

Der Chefarzt trennte sich gerade von einer Gruppe, die aus zwei weiteren Nidianern und einem Melfaner bestand und dem Wasser zustrebte. Er blieb stehen und blickte auf die beiden Schwesternschülerinnen herab.

„Ich hätte da ein paar Fragen an Sie beide“, sagte er fast zwangsläufig und fuhr dann aber unerwarteterweise fort: „Gelingt es Ihnen, sich hier am Strand auszuruhen? Sind Sie dadurch imstande, Ihre Arbeit völlig zu vergessen? Ihre Oberschwestern? Mich?“

„Wie sollten wir Sie vergessen können, wenn Sie sich hier herumtreiben und uns prompt fragen, warum wir hier sind?“ fragte Tarsedth unwirsch zurück.

Wie Cha Thrat wußte, war die scheinbare Unverschämtheit der Kelgianerin unvermeidlich, aber sie selbst entschloß sich zu einer diplomatischeren Antwort.

„Die Antwort auf alle vier Fragen lautet: Nicht ganz“, sagte sie. „Wir haben uns zwar ausgeruht, dabei aber die ganze Zeit Probleme erörtert, die direkt mit unserer Arbeit zu tun haben.“

„Gut“, sagte Cresk-Sar. „Ich sehe es nämlich nicht gerne, wenn Sie Ihre Arbeit — oder mich — völlig vergessen. Haben Sie ein bestimmtes Problem oder eine spezielle Frage, die ich Ihnen vielleicht beantworten kann, bevor ich wieder zu meinen Freunden gehe?“

Während sich Tarsedth immer tiefer in den künstlichen Sand eingrub und ihren Ausbilder demonstrativ übersah, kam Cha Thrat der Nidianer jetzt, wo er nicht im Dienst war, sehr viel weniger abstoßend vor als sonst. Cresk-Sar verdiente eine freundliche Antwort, obwohl das letzte Gesprächsthema, das sich um die mit der Beseitigung von Exkrementen fremder Lebensformen verbundenen psychologischen und emotionalen Probleme drehte, sicherlich kein Gebiet war, auf dem ein Chefarzt unmittelbare Erfahrung besaß. Vielleicht konnte sie eine allgemeinere Frage stellen, die sowohl den sozialen Erfordernissen der Situation als auch ihrer eigenen Neugier gerecht würde.

„Als Schwesternschülerinnen werden wir auf den Stationen meistens nur mit den am wenigsten angenehmen nichtmedizinischen Aufgaben betraut, insbesondere mit der Entsorgung der anfallenden Körperausscheidungen“, begann Cha Thrat. „Diese Abfallstoffe sind ein unerfreuliches, aber zwangsläufiges Nebenprodukt aller Spezies, die Nahrung aufnehmen, verdauen und die Reste ausscheiden. Dennoch muß es erhebliche Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der verschiedenen Stoffe geben. Da das Hospital weitestgehend so konzipiert worden ist, ein geschlossenes Ökosystem zu bilden, würde es mich interessieren, was mit diesen Stoffen geschieht.“

Cresk-Sar schien einen Moment lang Schwierigkeiten mit dem Atmen zu haben und antwortete dann: „Der Kreislauf ist nicht ganz geschlossen. Wir stellen nicht alle unsere Nahrungsmittel oder Medikamente selbst her, und zudem kann ich Ihnen mit Freuden versichern, daß es keine uns bekannte intelligente Lebensform gibt, die sich von den eigenen Körperausscheidungen oder denen anderer Spezies ernähren kann. Aber was Ihre eigentliche Frage angeht, weiß ich leider keine Antwort, Cha Thrat. Bisher ist über diesen Punkt in meiner Gegenwart noch nie geredet worden.“

Er wandte sich rasch ab und ging zu seinen nidianischen und melfanischen Freunden zurück. Kurz darauf fing der ELNT an, mit seinen Kiefern zu klackern, während die pelzigen DBDGs laut bellten oder möglicherweise lachten. Cha Thrat konnte an ihrer Frage nichts Belustigendes entdecken. Im Gegenteil, denn sie empfand dieses Thema wirklich als ausgesprochen unerfreulich. Aber die lauten, unübersetzbaren Geräusche, die von der Gruppe herüberdrangen, schienen überhaupt nicht aufhören zu wollen — bis sie von der grellen, durchdringenden und noch lauteren Stimme aus der Übertragungsanlage übertönt wurden.

„Notfall“, brüllte die Stimme in den Freizeitbereich und dröhnte gleichzeitig aus Cha Thrats Translator heraus. „Notfall Code Blau, A UGL-Station. Alle genannten Mitarbeiter bestätigen ihren Aufruf am nächsten Kommunikator und begeben sich unverzüglich auf die AUGL-Station. Chefpsychologe O'Mara, Oberschwester Hredlichli, Schwesternschülerin Cha Thrat. Notfall Code Blau. Bestätigen Sie Ihren Aufruf, und begeben Sie sich unverzüglich auf…“

Den Rest hörte Cha Thrat nicht mehr, weil Cresk-Sar zurückgekommen war und zornig auf sie herabstarrte. Der Chefarzt bellte oder lachte jetzt nicht mehr.

„Na los, Bewegung, Cha Thrat!“ befahl er ihr barsch. „Ich bestätige die Nachricht für uns beide und werde Sie begleiten. Schließlich bin ich als Ihr Ausbilder auch für Ihre medizinischen Missetaten verantwortlich. Beeilung!“