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„Ach, Cresk-Sar“, unterbrach ihn der Chefpsychologe, während er bereits auf den Eingang zur Station zuschwamm. „Versuchen Sie etwa, mir Angst einzujagen?“

„Na gut“, lenkte der Nidianer ein. „Aber falls Sie dieses Problem nicht allein durch Ihre Redekunst in den Griff bekommen, werde ich diese Angelegenheit ebenfalls auf meine Art in die Hand nehmen. Oberschwester, fordern Sie sofort einen vierköpfigen Transporttrupp an, mit schweren Anzügen sowie Betäubungsgewehren und Mitteln zur körperlichen Ruhigstellung für einen AUGL, der bei vollem Bewußtsein und alles andere als kooperativ ist.“

Der Chefarzt sprach immer noch, als Cha Thrat bereits hinter O'Mara in die Station hineinschwamm.

Scheinbar eine Ewigkeit lang schwebten sie reglos und schweigend in der Mitte des riesigen Bassins und wurden dabei von einem sich genauso verhaltenden Patienten aus seiner Deckung heraus beobachtet, die er hinter zerfetzten künstlichen Grünpflanzen gesucht hatte. O'Mara hatte Cha Thrat zuvor angewiesen, bloß nichts zu unternehmen, was Eins-Sechzehn als Bedrohung auffassen könnte. Deshalb müßten sie sich ihm ohne Waffen zeigen, und der erste Schritt sollte vom Patienten ausgehen. Zwar glaubte Cha Thrat, daß der Terrestrier damit wahrscheinlich recht hatte, aber trotzdem schwitzte sie so gewaltig, daß ihr Körper ganz glitschig und sehr viel wärmer war, als es sich allein durch die Temperatur des lauwarmen, grünen Wassers, das ihren Schutzanzug umgab, erklären ließ. Offensichtlich hatte sie sich bis jetzt noch nicht ganz mit dem Gedanken angefreundet, das ihrem Leben demnächst ein Ende gesetzt werden könnte.

Die Stimme des Chefarztes, die Cha Thrat über den Kopfhörer in ihrem Anzug hörte, ließ sie an allen Gliedern erzittern.

„Das Transportteam ist eben eingetroffen“, berichtete Cresk-Sar leise. „Bei Ihnen passiert ja gerade nichts. Kann ich das Team jetzt reinschicken, um die anderen Patienten in den OP bringen zu lassen? Es wird zwar furchtbar eng darin werden, aber immerhin kann man dort die Patienten behandeln, und gemütlicher als es derzeit auf der Station ist, ist es dort auch. Außerdem sind Sie dann mit Eins-Sechzehn ganz allein.“

„Ist die Behandlung der Patienten denn dringend?“ erkundigte sich O'Mara im Flüsterton.

„Nein“, antwortete Cha Thrat, bevor Cresk-Sar die Frage an die Oberschwester weiterleiten konnte. „Hauptsächlich geht es um routinemäßige Beobachtungen und Aufzeichnungen der wichtigsten Lebensfunktionen, außerdem müssen ein paar Verbände gewechselt und heilungsfördernde Medikamente verabreicht werden. Eigentlich nichts wirklich Dringendes.“

„Herzlichen Dank auch, Schwesternschülerin Cha Thrat“, warf Oberschwester Hredlichli in einem Ton ein, der so ätzend war wie die Atmosphäre, die sie einatmete. „Ich bin hier erst seit kurzem Oberschwester, Major O'Mara“, fuhr sie fort, „aber ich glaube, daß ich ebenfalls das Vertrauen des Patienten genieße, und würde gerne zu Ihnen kommen.“

„Nein, Sie werden nicht kommen und das Transportteam auch nicht!“ widersprach O'Mara entschieden. „Ich möchte unseren Freund nicht durch zu viel Hin und Her auf der Station verängstigen oder verunsichern. Und noch was, Hredlichli. Ihr Schutzanzug könnte einen Riß bekommen, und Sie wissen sehr gut, daß die Berührung mit Wasser bei Chloratmern auf der Stelle zum Tod führt. Wir Sauerstoffatmer können schlimmstenfalls ertrinken, wenn uns nicht rechtzeitig geholfen wird, aber Wasser ist für uns wenigstens nicht giftig oder sogar. Ojemine!“

Der Patient AUGL-Eins-Sechzehn gab zwar immer noch keinen Laut von sich, dafür hatte er sich aber in Bewegung gesetzt. Wie ein organischer Riesentorpedo schoß er auf O'Mara und Cha Thrat zu, wobei er sich von echten Torpedos lediglich dadurch unterschied, daß diese keine Mäuler haben, die sich plötzlich aufsperren.

Verzweifelt schwammen die beiden Sauerstoffatmer in entgegengesetzte Richtungen, um dem angreifenden Chalder zwei Ziele statt eines zu bieten. Während der Patient den einen erledigte, so lautete die Theorie, hätte der andere vielleicht genügend Zeit, es bis zum sicheren Personalraum zu schaffen. Wie O'Mara zuvor beteuert hatte, sei das allerdings nur der Plan für das Eintreten einer kaum vorstellbaren Eventualität. Er hatte einfach nicht glauben wollen, daß der normalerweise so schüchterne, zurückhaltende und zugängliche AUGL-Eins-Sechzehn fähig sein könnte, gegen irgend jemanden einen tödlichen Angriff zu führen.

Diesbezüglich sollte er recht behalten.

Das gewaltige Maul klappte zu, kurz bevor der Chalder durch die Lücke schoß, die sich zwischen dem Chefpsychologen und der Sommaradvanerin geöffnet hatte. Der große Körper schwenkte nach oben, bis er über ihnen war, tauchte auf der anderen Seite wieder nach unten und umschwamm sie in engen Kreisen. Die gewaltige Strömung wirbelte und drehte die beiden Sauerstoffatmer wie Treibholz in der Mitte eines Strudels herum. Cha Thrat hatte keine Ahnung, ob der Chalder sie in der vertikalen oder horizontalen Ebene umkreiste; sie wußte nur, daß er so nah war, daß sie jedesmal die Druckwellen des Wassers spürte, wenn das Maul zuklappte, was nur zu häufig der Fall war. In ihrem ganzen Leben war sie sich noch nie so hilflos, verwirrt und verängstigt vorgekommen.

„Hören Sie mit diesem Unsinn auf, Muromeshomon!“ rief Cha Thrat laut. „Wir sind hier, um Ihnen zu helfen. Warum machen Sie das?“

Zwar wurde der Chalder langsamer, doch zog er weiter seine engen Kreise um die beiden herum. Schließlich riß er das Maul auf und antwortete: „Sie können mir nicht helfen, Cha Thrat. Sie haben selbst gesagt, daß Sie dazu nicht qualifiziert sind. Hier kann mir niemand helfen. Ich möchte weder Ihnen noch sonst jemandem etwas antun, aber ich fürchte mich. Ich habe große Schmerzen. Manchmal möchte ich allen anderen auch Schmerzen zufügen. Halten Sie sich lieber von mir fern, sonst verletzte ich Sie noch.“

Als der Schwanz des Chalders ruckartig ausschlug, Cha Thrats Sauerstoffflaschen streifte und sie dadurch erneut herumgewirbelt wurde, breitete sich ein gedämpfter Knall im Wasser aus. Eine terrestrische Hand ergriff die Sommaradvanerin an einer der Hüftgliedmaßen und stoppte so ihre kreiselnden Bewegungen. Cha Thrat sah, daß der Patient sich wieder in seine dunkle Ecke zurückgezogen hatte und sie nun beobachtete.

„Sind Sie verletzt?“ fragte O'Mara und ließ sie vorsichtig los. „Ist mit Ihren Anzug noch alles Ordnung?“

„Ja“, antwortete Cha Thrat und fügte hinzu: „Er ist fluchtartig weggeschwommen. Ich bin mir sicher, daß er mich nur aus Versehen mit dem Schwanz geschlagen hat.“

Der Terrestrier schwieg einen Augenblick lang und entgegnete dann: „Sie haben den Patienten Eins-Sechzehn vorhin beim Namen genannt. Natürlich kenne ich seinen Namen ebenfalls, weil das Hospital ihn für eine mögliche Benachrichtigung der nächsten Angehörigen benötigt, aber ich würde niemals daran denken, ihn auszusprechen, es sei denn unter ganz besonderen Umständen, und auch dann nur mit der Erlaubnis des AUGL. Aber irgendwie haben Sie seinen Namen erfahren und sprechen ihn nun ebenso selbstverständlich und beiläufig aus wie den von Cresk-Sar, Hredlichli oder mir. Cha Thrat, Sie dürfen einen Chalder niemals.“

„Er hat mir seinen Namen selbst gesagt“, unterbrach ihn Cha Thrat. „Wir haben uns unsere Namen verraten, während wir uns über meine Beobachtungen bezüglich seiner unzulänglichen Behandlung unterhalten haben.“

„Sie haben seine Behandlung als unzulänglich bezeichnet?“ fragte O'Mara ungläubig. Er stieß einen unübersetzbaren Laut aus und fuhr dann fort: „Erzählen Sie mir ganz genau, was Sie ihm gesagt haben.“

Cha Thrat zögerte. Der AUGL hatte inzwischen die dunkle Ecke verlassen und bewegte sich wieder auf sie zu, diesmal aber langsamer. Er hielt auf halbem Wege an, schwebte mit reglosen Flossen und starrem Schwanz auf der Stelle, wobei er die streifenförmigen Tentakel wie einen wallenden, kreisförmigen Fächer um sich herumgeschlagen hatte. Er beobachtete die beiden und lauschte wahrscheinlich aufjedes Wort, das sie miteinander sprachen.