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„Und wird trotzdem keine Verantwortung übernehmen“, fügte Prilicla mit einem Blick auf die Sommaradvanerin rasch hinzu.

Die melodischen Triller und Schnalzlaute seiner cinrusskischen Sprache wechselten die Tonlage, und nach Cha Thrats Erfahrungen klang in den vom Translator übersetzten Worten des kleinen Empathen zum erstenmal die Entschlossenheit und der Nachdruck eines Herrschers an. „Solange die Sommaradvanerin nicht vorbehaltlos versprechen kann, daß eine Wiederholung des Vorfalls wie bei der Hudlarer-Amputation unmöglich ist, wird sie nicht die Erlaubnis erhalten zu assistieren.

Die Wartungstechnikerin und Heilerin wird nur aus einem einzigen Grund gebraucht“, fuhr er fort, „weil die unmittelbare Nähe der erfahreneren medizinischen Kräfte für die Patientin schädlich erscheint. Die Sommaradvanerin wird sich selbst einfach als organische Sonde betrachten, deren Verstand, Sinnesorgane und Finger der Leitung des Chefarztes unterstehen, der die alleinige Verantwortung für die Behandlung und das spätere Schicksal der Patientin trägt. Ist das deutlich verstanden worden?“

Die Vorstellung, die Verantwortung für ihr Handeln mit jemandem zu teilen oder sogar — wie in diesem Fall — ganz zu übertragen, war einer Chirurgin für Krieger zutiefst zuwider, auch wenn sie Priliclas Gründe gut nachvollziehen konnte. Doch noch stärker als die Schmach, die sie dabei empfand, war das plötzlich aufwallende Gefühl der Dankbarkeit und des Stolzes, wieder einmal als Heilerin an die Arbeit gerufen zu werden.

„Es ist verstanden worden“, bestätigte Cha Thrat.

Schweigend gab der Empath zu verstehen, daß er von der Frequenz des Sondenkommunikators auf die des internen Anzugfanks wechselte, damit ihm der Zwang, sich der unpersönlichen Ausdrucksweise der zuhörenden Gogleskanerin zu bedienen, nicht mehr das Formulieren erschwerte.

„Danke, Cha Thrat“, sagte er schnell. „Benutzen Sie meine cinrusskischen Instrumente, die sind für die Finger an Ihren oberen Gliedmaßen am besten geeignet, und außerdem würde ich mich wohler fühlen, wenn ich Sie bei der Operation mit diesen Instrumenten in der Hand anleitete. Legen Sie die Schutzkleidung an, denn falls Sie von den Stacheln der Patientin gelähmt werden, können Sie ihr nicht mehr helfen. Wenn Sie bei Khone sind, machen Sie keine plötzlichen Bewegungen, die die Patientin erschrecken könnten, ohne zuerst den Grund dafür zu nennen. Ich werde die emotionale Ausstrahlung von Khone von hier aus überwachen und Sie sofort warnen, wenn irgendeine Handlung eine plötzlich gesteigerte Angst bei ihr hervorruft. Aber Ihnen ist die Sachlage ja selbst durchaus bekannt, Cha Thrat. Beeilen Sie sich bitte.“

Naydrad erwartete sie bereits mit dem fertig gepackten Instrumentenkoffer. Cha Thrat steckte noch die frische Energiezelle für Khones Scanner mit hinein, stieg auf den Krankentransporter und kletterte von dort aus auf das Krankenhausdach.

„Viel Glück“, rief Murchison ihr hinterher. Naydrad kräuselte das Fell, und die übrigen gaben unübersetzbare Laute von sich.

Das Dach bog sich unter Cha Thrats Gewicht beängstigend nach unten, und einer ihrer Vorderfüße brach glatt in die dünne Konstruktion ein, aber übers Dach ging es viel schneller, als durch das darunter befindliche Labyrinth von Gängen mit seiner niedrigen Decke zu kriechen. Cha Thrat ließ sich in den unüberdachten Korridor fallen, der zu Khones Zimmer führte, hockte sich etwas unbeholfen auf zwei Knie und drei der mittleren Gliedmaßen und steckte, nachdem Prilicla die Patientin vor ihrer Ankunft gewarnt hatte, nur den Kopf und die Schultern durch die Tür in Khones Zimmer hinein. Zum erstenmal war sie in der Lage, eine gogleskanische FOKT ganz aus der Nähe zu betrachten.

„Es ist nicht beabsichtigt, die Patientin direkt zu berühren“, sagte Cha Thrat vorsichtig.

„Danke“, erwiderte Krume mit einer Stimme, die durch den unaufhörlichen Lärm der Klangverfälscher kaum wahrzunehmen war.

Die dichte, widerspenstige Behaarung und die Borsten, die den ausgestreckten, eiförmigen Körper bedeckten, waren von der Farbe und dem Wuchs her weniger unregelmäßig, als es nach den von der Sonde übertragenen Bildern den Anschein gehabt hatte. Die Körperbehaarung war beweglich, wenn auch nicht im gleichen Maß wie bei den Kelgianern, und unter dem Kopfpelz war eine Anzahl regloser, langer, blasser Fühler, die nur bei einem Zusammenschluß gebraucht wurden, um die Gehirne der einzelnen Gruppenmitglieder miteinander zu verbinden. Rings um die Hüfte befanden sich vier schmale, senkrechte Öffnungen, zwei zum Atmen und Sprechen und zwei zur Nahrungsaufnahme.

Die über den Körper verteilten Borsten waren zu Fingerbüscheln gruppiert, äußerst biegsam und zu den subtilsten Handgriffen fähig, und den Unterleib umgab ein dickes Muskelband, unter das die vier kurzen Beine eingezogen werden konnten, wenn sich die FOKT ausruhen wollte.

Jetzt lag die Patientin auf der Seite, eine Lage, aus der sich selbst eine vollkommen gesunde und agile Gogleskanerin nur mit großen Schwierigkeiten wieder aufgerichtet hätte.

„Die Sonde soll den Scanner herbringen“, sagte Cha Thrat leise. „Wenn die Energiezelle ausgetauscht worden ist, soll sie den Scanner zurückbringen, für die Patientin leicht erreichbar ablegen und Platz machen.“

An Khone gewandt fuhr sie fort: „Anders als die zu Besuch gekommenen Heiler war sich die Patientin des eigenen Gesundheitszustands nicht bewußt und wird höflich gebeten, sich sofort selbst zu untersuchen. Da die Patientin ebenfalls Heilerin mit umfassenden Kenntnissen der eigenen Lebensvorgänge ist, wären alle Bemerkungen oder Vorschläge, die sie machen möchte, für die außerplanetarischen Kollegen äußerst hilfreich.“

„Das haben Sie gut gesagt, Cha Thrat“, wurde sie von Priliclas Stimme gelobt, die nur aus ihrem Kopfhörer, nicht aber aus dem Lautsprecher der Sonde kam. Der Empath wollte also mit ihr alleine sprechen. „Kein Patient, egal wie krank oder verletzt er ist, möchte sich vollkommen überflüssig oder ausgeliefert vorkommen. Das vergessen Ärzte oft, auch wenn sie ansonsten die besten Absichten hegen.“

Genau so hatte einer der ersten Lehrsätze gelautet, die Cha Thrat in der medizinischen Schule auf Sommaradva gelernt hatte. Ein zweiter, der offensichtlich von Prilicla höchstpersönlich stammte, schien zu besagen, daß man jüngeren Ärzten, die vor einer neuen und schwierigen Aufgabe stehen, am besten durch Aufmunterung weiterhilft.

„Die Patientin ist nicht in der Lage, den Scanner zu führen“, sagte Khone plötzlich.

In der Instrumententasche konnte Cha Thrat nichts entdecken, das lang genug gewesen wäre, um Khone damit von ihrem gegenwärtigen Standort aus zu erreichen. „Ist es gestattet, die gogleskanischen Instrumente zu benutzen?“ fragte sie, obwohl sie sich an die unpersönliche Ausdrucksweise einfach nicht gewöhnen wollte.

„Selbstverständlich“, antwortete Khone.

Auf dem Tisch an der Trennwand lag eine lange Zange, die sich weit öffnen ließ. Sie bestand aus auf Hochglanz poliertem Holz mit Gelenken aus einem weichen, rötlichen Metall und wurde dazu benutzt, die gogleskanischen Patienten mit Instrumenten zu behandeln oder ihnen Kleidungsstücke anzulegen, da sie auf andere Weise auf keinen Fall berührt werden durften. Neben der Zange befand sich ein schmaler, spitz zulaufender Gegenstand, der unförmig aus getrocknetem Lehm modelliert war und in dem überall kurze Zweige und Strohhalme steckten. Zuerst hatte ihn Cha Thrat mit einer Zier- oder Duftpflanze verwechselt. Jetzt, wo sie wußte, was er in Wirklichkeit darstellte, dachte sie, daß er mit dem ästhetischen Körper einer Sommaradvanerin nur in den Augen einer schwerkranken Gogleskanerin große Ähnlichkeit aufweisen konnte.

Mit anfänglichen Schwierigkeiten zog sie schließlich den Scanner mit der Zange aus Khones kraftlosen Fingern und führte ihn über den Unterleibsbereich. Während sich die Patientin auf das Scannerdisplay konzentrierte, drängte sich Cha Thrat weiter in den Raum hinein und näher an die Patientin heran. Die unnatürliche Haltung ihrer gebeugten Vorderbeine und des Rückgrats sowie die Tatsache, daß praktisch das gesamte Körpergewicht auf den mittleren Gliedmaßen lastete, die normalerweise nur Handgriffe ausführten, drohte zu einem Krampf der betreffenden Muskeln zu führen. Um sie zu lockern, wiegte sie sich ganz langsam hin und her und rückte Khone dabei jedesmal ein Stückchen näher.